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Krefeld. Im ersten Schritt sind im Erdgeschoss drei Elternzimmer entstanden, außerdem zwei Räume für die Elternschule, die aus der HELIOS Kinderklinik in das neue Haus gezogen ist, sowie im Souterrain die Räume für die Geschäftsstelle des Fördervereins zugunsten krebskranker Kinder. Dazu gibt es eine Küche sowie einen vorgelagerten Wintergarten: Die Villa Sonnenschein – das bislang größte Projekt des Fördervereins zugunsten krebskranker Kinder Krefeld – wird am 15. August mit einem Vormittag der offenen Tür offiziell eröffnet.  Von 10 bis 12 Uhr  sind alle eingeladen, die Räume im Haus Am Lutherplatz 33 zu besichtigen und das Konzept kennen zu lernen.

„Die Villa Sonnenschein ist eine Unterstützungs-Möglichkeit für alle Eltern, deren Kinder eine längere Zeit in der HELIOS Kinderklinik behandelt werden müssen, nicht nur für die Eltern von Kindern mit Krebs-Erkrankungen“, erklärt Jens Schmitz, der Vorsitzendende des Fördervereins. Mit der offiziellen Eröffnung wird ein dringender Bedarf erfüllt, der seit Jahren besteht und auch nach dem Umzug der Kinderklinik mit allen Abteilungen in die neuen Räumlichkeiten nicht vollständig behoben ist: Es kann problematisch für die Eltern sein, bei ihren schwer kranken Kindern in der Klinik zu übernachten, „das geht nur, wenn wir eine Liege zwischen die Betten der Kinder stellen“, schildert Sigrid Völpel, die zweite Vereinsvorsitzende.

In der Villa Sonnenschein finden die Eltern – je nach Situation auch für gesunde Geschwisterkinder – eine Wohnmöglichkeit, die es ihnen erlaubt in der Nähe des erkrankten Kindes zu leben und es täglich auf kurzem Wege zu erreichen. „Kranke Kinder brauchen viel mehr als Erwachsene den Kontakt zu ihrer Familie und eine Art von Normalität abseits ihrer Erkrankung. Die Villa Sonnenschein bietet Eltern eine Übernachtungsmöglichkeit, um täglich in der Nähe ihres kranken Kindes zu sein“, so Schmitz. Außerdem solle das Haus als Austauschmöglichkeit für die betroffenen Familien dienen, so Völpel.

Die Elternschule ist in den neuen Räumen schon Mitte Juni gestartet: Sie bietet Geburtsvorbereitungskurse an, aber auch ein Stillcafé, Kurse in Baby-Massage, Ernährungsberatung, Großeltern-Kurse sowie andere Hilfen für Eltern mit Säuglingen.

 

Hintergrund

Der Verein hatte im Vorfeld verschiedene Ansätze durchdacht – einer war die Idee eines kompletten Neubaus mit einer Brücke, um in die Kinderklinik zu gelangen. Dieses Projekt scheiterte allerdings – u.a. weil die Nachbarn nicht mit der Sicht-Blockade einverstanden waren. Außerdem wäre es deutlich teurer gewesen als die jetzige Lösung. Auf das Haus – das ehemalige Gemeindehaus der Luther-Gemeinde – waren die Vereinsverantwortlichen durch einen Hinweis der „jetzt-noch-Obermieterin“ Schwester Manuela (eine ehemalige Kinderkrankenschwester) aufmerksam geworden: Es war im Besitz des Unternehmers Lutz Bauermeister, der es aber verkaufen wollte. Der Kaufvertrag war vor Weihnachten 2014 unterzeichnet worden – danach hat der Umbau begonnen.

Der Vorteil: Beide Geschosse haben jeweils eine Wohnfläche von rund 150 Quadratmetern, im Erdgeschoss gab es den glücklichen Zufall, dass die beiden vollkommen ausgebauten Bäder nicht renoviert werden mussten. Das Haus war Anfang 2000 komplett kernsaniert worden und ist energetisch auf dem neuesten Stand „das ist natürlich gut, damit wir die Betriebskosten niedrig halten“, so Jens Schmitz. Rund ums Haus gibt es einen großen Garten mit einer großen Sonnenterrasse – sie ist schon vor Jahren über ein früheres Schwimmbecken gebaut worden.

Im Erdgeschoss gibt es das rote, blaue und gelbe Zimmer. Jedes hat einen eigenen Fernseher, dazu ist das ganze Haus mit WLAN ausgestattet: „Wir können so den Eltern die Möglichkeit geben, Teile ihrer beruflichen Pflichten zu erfüllen oder den Kontakt zur weiteren Familie zu halten“, so Völpel.

Ein wichtiger Aspekt für den Erfolg des Projektes ist die Zusammenarbeit des Vereins mit dem HELIOS Klinikum Krefeld und vor allem der Leitung der Kinder- und Jugendmedizin, Prof. Dr. med. Tim Niehues. „Das ist vorbildlich gelaufen. Prof. Niehues unterstützt das Projekt und steht hinter unserer Arbeit“, freut sich Völpel über die Anerkennung auch aus medizinischer Sicht.

In Absprache mit HELIOS öffnet der Verein das Haus für die Eltern aller kleinen Patienten – denn in der Kinderklinik werden neben onkologischen Erkrankungen auch chronische Krankheiten wie Mukoviszidose, Diabetes, chronische Magenerkrankungen oder Auto-Immundefekte behandelt. Da die Klinik mit Prof. Niehues einen überregional aktiven Experten für Kinder mit rheumatischen Erkrankungen, Autoimmun-Erkrankungen und Immundefekten hat und in das regionale Netzwerk Neonatologie Linker Niederrhein eingebunden ist, kommen die kleinen Patienten mit ihren Eltern aus einem großen Einzugsgebiet mit entsprechend langen Anfahrtswegen oder mit oft monatelanger Versorgung von frühgeborenen Kindern.  „Wenn Eltern ein schwerkrankes oder ein frühgeborenes Kind mehrere Monate lang 24 Stunden rund um die Uhr versorgen, brauchen sie Pausen – in denen sollten sie nicht im Stau auf dem Weg nach Hause stehen, sondern sich in der Nähe des Kindes, aber doch in Ruhe erholen können. Dafür ist das Elternhaus der perfekte Ort“, betont Prof. Niehues. Dazu ersetze der Garten der Villa Sonnenschein den Garten, der in der früheren Kinderklinik zur Verfügung stand: „Schwerkranke Kinder müssen beschäftigt und von der Krankheit abgelenkt werden. Wir haben eine schöne Spielabteilung mit dem Team von Judith Förster. Sie können in den schönen Monaten den Garten auch nutzen.“ Last but noch least: Wichtig ist ihm, dass die HELIOS Elternschule mit ihren Angeboten dort gut untergebracht ist – als Teil der Familienbetreuung in Krefeld: Die Unterbringung in der Villa Sonnenschein werde von den werdenden Eltern sehr gut angenommen – so haben sie nicht das Gefühl, schon vor der Geburt ins Klinikum zu müssen. „Die Villa Sonnenschein ist ein Haus der Krefelder Bürger – es wurde nur möglich durch viele Spenden und die Unterstützung der Krefelder – von der Großmutter, die einen Teil der Rente spendet bis zum Bäcker, der für uns Kuchen bäckt und spendet“, so Niehues.

„Da Eltern eine ganz wichtige emotionale Stütze für erkrankte Kinder sind, ist es sehr wichtig, dass sie zwischendurch ein wenig Freiraum für sich haben“, ergänzt Barbara Stüben, Leiterin des Psychosozialen Dienstes im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin. „In der Klinik selbst ist das Übernachten für Eltern auf Dauer oft sehr belastend, da das Piepsen der medizinischen Geräte die Nachtruhe immer wieder stört. Viele Eltern kommen nicht zur Ruhe und sind nach wenigen Nächten in der Klinik sehr erschöpft. Deshalb freuen wir uns sehr, dass wir nun eine so nahe gelegene Wohnmöglichkeit gefunden haben. Außerdem können sich betroffene Familien hier austauschen und gegenseitig stärken.“ Denn die Eltern, betont Barbara Stüben, gehören zum „Helfer-Team“ aus Ärzten, Pflegern und vielen mehr unbedingt dazu.

 

Finanzierung

Den Hauskauf (800 000 Euro) und den Umbau hat der Verein komplett aus eigenen Geldern finanziert – „alles Spenden – daher gehört das Haus eigentlich allen, die uns im Laufe des Jahres unterstützt haben“ so Schmitz. Die Gelder stammen auch aus Rücklagen der Aktion Teddybär, die seit 1989 als Teilaktion innerhalb des Fördervereins Spenden gesammelt hat. Dankbar ist Schmitz auch, dass verschiedene Firmen das Projekt unterstützt haben – etwa, indem sie ihre Gewerke und Dienstleistungen mit bis Rabatten bis zu 50 Prozent angeboten haben.

Für die Eltern der kranken Kinder soll der Aufenthalt möglichst wenig Kosten verursachen. Derzeit verhandelt der Verein noch mit den Krankenkassen über die Anerkennung als „Elternhaus“ – das würde bedeuten, dass die Kassen über die Regelung der „Mitaufnahme“ den Aufenthalt der Eltern bezuschussen. Allerdings wird der Verein die Eltern pro Nacht um einen Beitrag von 5 Euro bitten.

Das erste Elternpaar ist bereits Anfang Juli in das Haus eingezogen „und die Nachfrage ist sofort sprunghaft gestiegen“, berichtet Schmitz.

Der Förderverein ist  weiterhin auf Spenden angewiesen, um seine Arbeit fortzuführen. Völpel und Schmitz sind daher froh, dass es gelungen ist, eine bekannte Krefelderin als Botschafterin für die Villa Sonnenschein zu gewinnen: Schwimmerin Anne Poleska-Urban wird die Idee unterstützen und helfen, sie bekannt zu machen. Sie besucht die Kinder in der Kinderklinik seit zehn Jahren jedes Jahr zu Weihnachten und bringt ihnen Geschenke. „Das sind Schicksale, die einen auf den Boden der Tatsachen zurückholen: Was haben wir für ein Glück, dass es uns gut geht“, meint sie. Sie glaube, dass die Villa Sonnenschein „soviel Gutes“ erreichen könne. Sie könne dazu beitragen, ein paar Lichtblicke in das Alltagsgeschehen, das sehr hart sei, zu bringen. Im Vergleich zum Kampf gegen die Krankheit sei der sportliche Wettkampf „ein Spiel, hier lernen die Kinder und ihre Eltern wirklich zu kämpfen“, so Poleska-Urban.

 

Perspektive

Der momentane Ausbaustand ist nur ein Zwischenschritt – bis die Familie aus dem ersten Geschoss im Oktober ebenfalls auszieht. Dann werden oben weitere Elternzimmer eingerichtet, die bis Ende 2015 fertig sein sollen. Auch in der Etage gibt es zwei Badezimmer und eine Küche sowie einen großen Balkon. Dort soll auch ein Aufenthaltsraum mit großer Spielecke entstehen.

Der Garten wird dann von allen Bewohnern und den Besuchern der Elternschule gemeinschaftlich genutzt. Die Umgestaltung des Gartens wird noch schrittweise erfolgen, „das war nichts Dringendes, dafür nehmen wir uns Zeit“, so Schmitz. Das Haus und die darin wohnenden Familien/Eltern werden von Susanne Oestreich betreut. Sie kennt die Situation der Bewohner aus eigener Erfahrung – sie hat ein Kind durch eine Krebs-Erkrankung verloren.

 

Infos zum Förderverein und Spendenkonten auf: www.krebskinder-krefeld.de

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