Anzeigen

Krefeld. Vor zwei Jahren begann für die damals einjährige Julia (Name geändert) ein neuer Lebensabschnitt. Die Krefelder Eheleute Hofer (Name geändert) entschieden sich, zu ihrem siebenjährigen leiblichen Sohn ein Pflegekind dauerhaft in die Familie aufzunehmen. Über den Pflegekinderdienst des städtischen Fachbereichs Jugend (PKD) kam der Kontakt zu Julia zustande, die zuvor bereits in einer Bereitschaftspflegefamilie versorgt wurde. Bei Familie Hofer lebt die mittlerweile Dreijährige nun in der sogenannten Vollzeitpflege wie ein eigenes Kind. „Wir haben uns bewusst für die Dauerpflege eines Kindes entschieden, weil es uns gut geht und wir einem Kind mit einem schlechten Start ins Leben eine Familie bieten möchten“, berichtet Melanie Hofer. Die 38-Jährige möchte anderen Menschen mit Kinderwunsch Mut machen und erzählt bereitwillig von den positiven Seiten des Lebens mit ihrer Pflegetochter, lässt jedoch auch nicht die Herausforderungen außen vor, die mit der Aufnahme eines Pflegekindes verbunden sind. 

Der PKD Krefeld sucht fortwährend Pflegeeltern wie Familie Hofer für Kinder, die wegen der häuslichen Situation nicht in ihrer Herkunftsfamilie bleiben können. Nicht alle Eltern sind in der Lage, ihren Kindern ein Zuhause zu geben, in dem sie in Liebe und Fürsorge aufwachsen können. Für alle Beteiligten ist es dann besser, wenn die Kinder in einer Pflegefamilie aufwachsen. Dabei sucht der PKD vor allem Eltern für eine unbefristete Vollzeitpflege, das heißt Pflegeeltern für Säuglinge, Kleinkinder oder auch ältere Kinder, deren Rückführung ins Elternhaus nicht mehr möglich ist. In diesem Modell der sogenannten Dauerpflege lebt das Pflegekind wie ein eigenes Kind in der Familie, bis es erwachsen ist. Informationen gibt es im Familienportal auf der Internetseite der Stadt unter www.krefeld.de (Suchbegriff „Pflegekinder“). PKD-Mitarbeiterin Judith Heisig ist telefonisch erreichbar montags, mittwochs und freitags zwischen 8.30 und 10.30 Uhr unter 02151 5075911 oder per E-Mail an j.heisig@krefeld.de

Über die Presse ist das Ehepaar Hofer auf das Thema „Dauerpflege“ aufmerksam geworden und hat sich anschließend mit dem Pflegekinderdienst der Stadt in Verbindung gesetzt. „Sich beim PKD zu informieren und beraten zu lassen, verpflichtet zu nichts“, sagt Judith Heisig. Die städtischen Mitarbeiter beraten die Bewerber zunächst in ihrem Entscheidungsprozess. Für Familie Hofer galt es anschließend, einige Angaben zur eigenen Person zu machen und die Vorstellungen vom Pflegekind einzugrenzen (Alter, Geschlecht, familiäre Vorgeschichte). Nach einem umfangreichen Vorbereitungsseminar des PKD, mit Beteiligung des schulpsychologischen Dienstes der Stadt, der Vormundschaftsstelle des Fachbereichs Jugendhilfe und von Pflegeeltern, erhielten die Eheleute letztlich die Bescheinigung zur Eignung als Pflegeeltern. „Wichtig ist die Akzeptanz der Herkunftsfamilie des Kindes, da im weiteren ein regelmäßiger Besuchskontakt mit den leiblichen Eltern vorgesehen ist“, erklärt Heisig. Die Pflegeeltern lernen vor dem ersten Kontakt mit dem Pflegekind zunächst dessen leibliche Eltern kennen. Dieser, wie auch die späteren Besuche, findet immer in den Räumen des PKD statt. 

Familie Hofer traf dann auch erst nach einem ersten Kontakt mit Julias Mutter auf ihre Pflegetochter in deren Bereitschaftspflegefamilie. „Das Gefühl stimmte von Anfang an“, berichtet Melanie Hofer. Im Beisein der Mitarbeiter des Kinderheims Kastanienhof gab es zunächst in der Bereitschaftspflegefamilie, anschließend im Zuhause der Familie Hofer mehrere Besuche, bevor Julia endgültig zu den Hofers kam, denn „den Zeitpunkt bestimmen die Kinder“, so Heisig. Ein amtlicher Vormund ist offiziell der gesetzliche Vertreter des Pflegekindes. Er lernt die neuen Pflegeeltern bereits im Vorfeld kennen und ist in den kompletten Prozess mit eingebunden. „Wir Eltern dürfen aber auch viele Dinge selbst entscheiden, wie bei Arztbesuchen oder Reisen“, erklärt Melanie Hofer. Die professionelle Betreuung durch Vormund und Sozialarbeiter in regelmäßigen Abständen sieht Hofer durchaus positiv: „Wir Pflegeeltern sind nie alleine, wenn es Probleme gibt“. Immerhin wird das Familienleben komplett umgekrempelt, wenn ein Kind hinzukommt. „Die Bereicherung aber auch die Belastung sind genauso groß, wie bei einem eigenen Kind. Hinzu kommt, dass man bereit sein muss, eventuelle Förderungsbedarfe zu erkennen, die möglicherweise aus der Vorgeschichte des Kindes resultieren können“, erläutert die Pflegemutter.  

Zurzeit leben etwa 151 Pflegekinder in rund 120 Familien in Krefeld. Die Pflegefamilien werden während der gesamten Betreuungszeit vom PKD begleitet und erhalten auch Hilfe in Konfliktsituationen. Darüber hinaus gibt es Informationsveranstaltungen und Gruppenangebote für Pflegeeltern. Judith Heisig vom Pflegekinderdienst ist seit fünf Jahren mit Informationsständen und entsprechendem Material im Stadtgebiet präsent. „Die Entscheidung, ein Pflegekind bei sich aufzunehmen, erfordert viel Einfühlungsvermögen und Geduld, trägt aber auch dazu bei, das eigene Leben sinnvoll und glücklich zu gestalten“, erklärt Heisig. Etwa sechs Monate kann es von der Antragstellung bis zur Vermittlung eines Pflegekindes dauern. „Interessierte Familien, Paare, Singles oder Lebensgemeinschaften können sich beim Pflegekinderdienst bewerben. Sie sollten materiell so abgesichert sein, dass sie auf das monatliche Pflegegeld in Höhe von 600 bis 800 nicht zur Deckung des eigenen Lebensunterhaltes angewiesen sind.
 

Beitrag drucken
Anzeige