Anzeige

Oberhausen. Plötzlich war er da: Der Moment, in dem Raajine A. merkte, dass es so nicht weitergehen kann, dass sie die Reißleine ziehen muss. Ganze 115 Kilo wog sie zu dem Zeitpunkt – bei einer Körpergröße von 1,64 Metern. Doch sie merkte bald, dass sie es alleine nicht schaffen würde, ihr Gewicht ausreichend zu reduzieren. Also suchte sie sich professionelle Unterstützung und fand sie in der HELIOS St. Elisabeth Klinik Oberhausen.

Raajine A. ist eine lebenslustige, junge Frau und hat schon einige Herausforderungen gemeistert. Die gebürtige Deutsche brach etwa gleich nach dem Abitur nach England zum Studieren auf, arbeitet heute in einer Bank in Birmingham. Doch bereits seit der Pubertät trug sie ein paar überflüssige Pfunde mit sich. Im Laufe der Zeit wurden es stetig mehr. Raajine weiß, wieso: Sie beobachtete an sich selbst, dass sie aus verschiedenen Stimmungen heraus anfing zu essen. „Wenn ich genervt war oder schlechte Laune hatte, habe ich das mit Essen kompensiert. Und ich habe oft aus bloßem Appetit gegessen und nicht, weil ich wirklich Hunger hatte“, sagt sie.

Mit zunehmendem Körpergewicht schränkte sich Raajine immer mehr ein. Einkaufen machte ihr keinen Spaß mehr, Bewegung wurde anstrengend. Natürlich habe sie viele Diäten ausprobiert und hier und da mal ein paar Kilo abgenommen. „Aber irgendwann schlug der Jojo-Effekt zu und ich wog hinterher noch mehr als zu Beginn der Diät.“ Der wirkliche Wendepunkt kam jedoch mit einem aufkeimenden Herzenswunsch. In England hatte Raajine ihren Mann kennengelernt, seit längerem schon möchten sie ihre Familie vergrößern – die beiden wünschen sich ein Baby. „Bislang hat es aber noch nicht geklappt“, sagt die 29-Jährige. Die Ärzte rieten ihr deshalb unter anderem, ihr Gewicht zu reduzieren. Doch nach immer mehr erfolglosen Diäten gewann Raajine schließlich die Erkenntnis, dass sie es alleine nicht schaffen würde, dauerhaft abzunehmen. Also dachte sie über die Möglichkeit nach, sich operieren zu lassen. Im Internet suchte sie deshalb nach Kliniken und Experten auf dem Gebiet der Adipositaschirurgie in ihrem Heimatland und stieß  auf das Zentrum für Interdisziplinäre Adipositasbehandlung der HELIOS St. Elisabeth Klinik in Oberhausen sowie auf Prof. Dr. Mike Ralf Langenbach, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeralchirurgie und Koloproktologie. Letztes Jahr im Dezember nahm sie zum ersten Mal per E-Mail Kontakt zu Prof. Langenbach auf. Der Mediziner empfahl ihr, sich in England zunächst ausführlich und professionell beraten zu lassen. „Ein operativer Eingriff sollte bei krankhaftem Übergewicht immer nur die letzte Option sein, wenn alle konservativen Möglichkeiten bereits ausgeschöpft sind“, sagt er. Zudem gibt es bestimmte Indikationen, die auf den Patienten zutreffen müssen, bevor eine OP in Betracht kommt. Dazugehört etwa ein Body-Maß-Index (BMI) größer als 40 oder über 35, wenn bereits Nebenerkrankungen bestehen. Raajine gehörte zu den Patienten, bei denen man von krankhaftem Übergewicht spricht und ein chirurgischer Eingriff medizinisch sinnvoll ist. Im März 2016 wandte sie sich also mit einem festen Entschluss erneut an Prof. Langenbach.

Die junge Frau bekam einen Termin für die Operation in der HELIOS St. Elisabeth Klinik. Bei ihr sollte ein sogenannter Schlauchmagen gebildet werden. Dazu entfernt der Chirurg rund 90% des Magens, so dass das Organ am Ende schlauchförmig und so schmal wie die Speiseröhre ist. Der gewünschte Effekt: Der Magen kann nur noch 85 bis 100 Milliliter, also weniger Nahrung aufnehmen. „Zudem werden Zellen am Mageneingang entfernt, die das appetitanregende Hormon Grelin produzieren. Die Sättigung setzt also eher ein“, erläutert Prof. Langenbach.  Zur Vorbereitung durfte Raajine zwei Wochen vor der OP nur Flüssigkeiten zu sich nehmen. Ihr Speiseplan bestand hauptsächlich aus Suppen, Wasser und Eiweiß-Shakes.

Der Schlauchmagen bringt gegenüber anderen Eingriffsmethoden in der Adipositaschirurgie einige Vorteile mit sich. „Zum einen wird – anders als beim Magenband – kein Fremdkörper eingesetzt.  Zum anderen wird nicht die ganze Physiologie der Verdauung verändert, wie dies bei einem Magenbypass der Fall wäre. Bei dieser Eingriffsart wird der Dünndarm umgeleitet und mit einem kleinen Teil vom Magen verbunden, so dass weniger Nährstoffe aus dem Nahrungsbrei aufgenommen werden“, erläutert Prof. Dr. Langenbach. Allerdings mache jede Art von OP bei Fettleibigkeit nur Sinn, wenn sie in eine multimodale Therapie eingebettet wird. Das bedeutet: Ernährungsberatung, Physiotherapie und eventuell eine psychologische Betreuung müssen aufeinander abgestimmt sein. „Frau A. hat schon bei uns viele Hinweise zu ihrer Ernährungsumstellung bekommen und muss in England die Behandlung nach dem Eingriff konsequent weiterführen“, sagt der Experte. Auch Raajine weiß, dass mit Skalpell und OP nicht automatisch die Bikinifigur entsteht, die sich einige eventuell auf diesem vermeintlich leichten Weg erhoffen. „Man muss sich mental auf die Veränderungen einlassen und seine bisherigen Essgewohnheiten komplett umstellen. Ich weiß zum Beispiel, dass mir mein Latte Macchiato mit Karamell-Sirup sehr fehlen wird. Aber das ist es mir wert“, sagt die junge Frau. Wichtig sei ihr jetzt ein ganz bewusster Genuss, eine neue Wahrnehmung der Ernährung.

Ziel der Therapie ist es – ganz medizinisch betrachtet – innerhalb von zwei Jahren nach dem Eingriff 60 bis 80% des krankhaften Übergewichtes zu verlieren. Acht Wochen nach der OP hat Raajine bereits 15 Kilo verloren, ist viel aktiver geworden und blickt motiviert in die Zukunft. „Es wäre schön, am Ende mit 75 bis 80 Kilo in Größe 38/40 zu passen“, sagt Raajine. Welche Zahl anschließend genau in ihren Hosen steht, ist allerdings in Relation zu ihrem großen Traum fast ein bisschen zweitranging. Es überwiegt die Hoffnung, dass sich mit dem neuen Wohlfühlgewicht auch endlich ihr Kinderwunsch erfüllt: „Dann wäre mein Glück perfekt.“ 

 

Hintergrundinformationen:

Seit 1977 ist krankhaftes Übergewicht, medizinisch Adipositas, eine anerkannte Erkrankung. In einer ganzheitlichen Adipositasbehandlung arbeiten Internisten, Psychologen, Ernährungsberater und Bewegungstherapeuten zusammen. Sind alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft, kann auch eine Operation helfen, nachhaltig Gewicht zu verlieren. Das Teilgebiet der Chirurgie, der sich mit der Reduzierung des Körpergewichts befasst, wird auch bariatrische Chirurgie genannt. In Europa bildet Deutschland neben den anderen Industrienationen eher das Schlusslicht bei der Häufigkeit solcher Eingriffe. Zum Vergleich: In Frankreich wurden im Jahr 2011 30.450 Operationen bei Fettleibigkeit vorgenommen, in Deutschland 4.400. Ob die Operation im Rahmen einer Adipositastherapie von der Krankenkasse übernommen wird, ist immer vom Einzelfall abhängig.

Beitrag drucken
Anzeigen