Pferdeschädel aus der Zeit der Bataverschlacht in Krefeld (Fotos: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, L. Strücken)
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Krefeld. Eine der größten archäologischen Grabungen in Nordrhein-Westfalen findet zurzeit in Krefeld statt. Stadtarchäologe Dr. Hans-Peter Schletter und sein Team aus Archäologen, Grabungstechnikern und Studierenden untersuchen eine Fläche von 3,7 Hektar im römisch-fränkischen Gräberfeld und in der römischen Siedlung „Gelduba“. Auf dem Areal im Hafen wird dort demnächst eine Getreidemühle der österreichischen Good Mills Group entstehen. Nun stellten sie ihre ersten Fundergebnisse vor: Zur Überraschung der Archäologen des Museums Burg Linn entdeckten sie in einem Bereich des Gräberfelds früheisenzeitliche Grabhügel und Urnengräber (circa 800 bis 450 vor Christus). „Damit haben wir nicht gerechnet“, sagt Dr. Jennifer Morscheiser, Leiterin des Museums Burg Linn. Das römischfränkische Gräberfeld in Krefeld ist das größte erforschte seiner Art in Europa und in der Wissenschaft für seine außergewöhnlichen Funde aus über 6500 Gräbern bekannt. Die nun freigelegten früheisenzeitlichen Gräber belegen, dass das Gebiet schon deutlich vor den Römern für Beisetzungen genutzt wurde.

In dem Fundbereich der Urnengräber fanden die Archäologen unweit einer ehemaligen Römerstraße Hinweise auf römische Pfostenhäuser. Zudem entdeckte das Team dort weitere Nachweise für die „Bataverschlacht“ in Krefeld. Die aktuelle Entdeckung von Befestigungsgräben und vier Pferdeskeletten untermauern die bisherigen Funde und die schriftliche Quelle des römischen Historiker Tacitus (58 bis 120). Rund 20 000 Mann, Römer und Bataver, kämpften rund um das Kastell. „Die Folge war keine Schlacht, sondern ein Schlachten“, schildert Tacitus in seinen „Historien“ die dramatische Situation. Zahlreiche Menschen und Pferde starben an jenem Herbsttag im Jahr 69 nach Christus bei „Gelduba“. Die römischen Soldaten mussten sich schon fast geschlagen geben, als ihnen im letzten Augenblick eigene, nachrückende Truppen zur Hilfe eilten und den Kampf trotz hoher Verluste gewannen. Getötete Pferde entsorgte man nach der Schlacht, indem diese in Gräben oder flachen Kuhlen verscharrt wurden. Das passierte auch mit den nun freigelegten Tieren.

In einem zweiten Grabungsabschnitt hat das Team inzwischen zahlreiche Spuren des nördlichen Vicus freigelegt. Als Vicus wird eine kleinere römische Zivilsiedlung bezeichnet, die an ein römisches Militärlager angeschlossen war. Dort ließen sich Händler, Handwerker, Gastwirte, Veteranen und die Frauen der Soldaten nieder. In Krefeld-Gellep sind zwei dieser „vici“ bekannt: Einer südlich des Lagers, der durch die Baggerarbeiten für das Hafenwendebecken in den 1970er-Jahren größtenteils zerstört ist, und einer im Norden des Militärlagers. Dort haben die Archäologen jetzt wohl einen Straßenverlauf gefunden, der direkt auf eines der Kastell-Tore zuläuft. Ferner haben sie Fundamente von Wohn- und Lagerhäusern sowie die Reste einer Räucherkammer entdeckt. Die Überreste stammen aus der Zeit vom ersten bis dritten Jahrhundert. Im weiteren Verlauf der Ausgrabung hoffen sie, dort ebenfalls Erkenntnisse zur frühesten römischen Siedlung des ersten Jahrhunderts und zu einer noch älteren vorrömischen Besiedlung an dieser Stelle im ersten Jahrhundert vor Christus zu gewinnen. Bis zum Jahresende haben die Archäologen Zeit, ihre Untersuchungen fortzuführen.

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