Sonsbeck. Besuch ist immer willkommen. Mit einer Ausnahme: montags 18.50 Uhr. Ohnehin würde in diesem Moment niemand die Klingel hören, weil die 16 Frauen und Männer im LVR-HPH-Wohnverbund Zur Licht in Sonsbeck genau um 18.50 Uhr aus voller Kehle ein ganz bestimmtes Lied schmettern. Über den Fernsehbildschirm flimmern die ersten Szenen vom „Großstadtrevier“, und alle singen den Titelsong mit. „Das ist Kult hier, das ist ein absolutes Muss“, sagen Wilma Altendorf und Sabine Borm-Kelch wie aus einem Mund. Und damit sagen die Vorsitzende des Heimbeirates und ihre Stellvertreterin auch eine Menge aus über ihr Haus und die Atmosphäre darin. Freundlich, familiär, wie eine eingeschworene Gemeinschaft, ein richtiges Zuhause eben. Das jetzt seinen 20. Geburtstag feiert. Mit einem großen Sommerfest am 15. Juli.
Heilpädagogin Margret Wagner war von Anfang an dabei, gehörte zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LVR-HPH-Netzes Niederrhein, die vor 20 Jahren den Weg bereiteten, damit sich die Neubürgerinnen und -bürger in Sonsbeck schnell integrieren konnten. „Wir sind hier sehr wohlwollend aufgenommen worden, Probleme mit der Nachbarschaft gab es nicht.“ Das Haus stand offen für jeden, „es sind Leute vorbei gekommen, um sich hier alles anzusehen.“ Vor 20 Jahren waren Themen wie Behinderung und Inklusion Neuland für die kleine, ländliche Gemeinde. Margret Wagner erinnert sich noch gut daran, dass ein älterer Herr einmal fragte, wie viele Menschen in dem „riesigen Haus“ leben würden und nicht wenig staunte, als er hörte, dass es „nur“ 16 sind. Und einer der Neubürger fügte zudem noch stolz hinzu: „Jeder hat ein eigenes Zimmer.“ Kleine Kommunen wie Sonsbeck haben den Vorteil, dass die Menschen sich kennen und aufeinander achten. Nicht jeder aus dem LVR-HPH-Wohnverbund kann ohne Begleitung aus dem Haus gehen, und wenn jemand alleine unterwegs war, „bekamen wir besorgte Anrufe, ob das in Ordnung sei und ihm alleine auch nichts passieren würde.“
Heute gehört der LVR-HPH-Wohnverbund einfach dazu. Zu Veranstaltungen kommen die Menschen ins Haus, die Frauen und Männer gehen auch zu Festen in den Ort, werden eingeladen, haben einen regelmäßigen Kegelabend in einer Kneipe in der Nähe, zum benachbarten Kindergarten gibt es einen intensiven Kontakt, die Knirpse sind regelmäßig zu Gast. Kurze Wege sind für Menschen mit Behinderung wichtig, auch die sind in Sonsbeck vorhanden. Zu Fuß ist jeder schnell im Ort, der Besuch auf dem Wochenmarkt zum Beispiel ein fester Termin. „Individuell, gemütlich, klein, überschaubar“, beschreibt Margret Wagner die Vorteile des Standortes.
Sabine Borm-Kelch, die stellvertretende Vorsitzende des Heimbeirates, ist vor 20 Jahren mit in den Neubau gezogen. Bereut hat die heute 60-Jährge diesen Schritt nie, „hier habe ich mein eigenes Reich“. Ihre Mitbewohnerinnen und Mitbewohner „sind in Ordnung“. Sie bringt es so auf den Punkt: „Ich habe keine Beschwerden.“
Am 15. Juli soll der 20. Geburtstag groß gefeiert werden. Zwischen 12 und 17 Uhr gibt es ein buntes Programm im Garten des LVR-HPH-Wohnverbundes (Zur Licht 121). Im Mittelpunkt steht der bekannte Clown Pepe, Mitglieder der Sonsbecker Aktion Zündkerze bieten in Beiwagen ihrer Motorräder Rundfahren auch extra für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer an. Und da das Fest an einem Samstag stattfinden wird, sind die Türen alle offen und Besuch herzlich willkommen. „Großstadtrevier“ läuft schließlich erst wieder am Montag darauf.