Mahmut Özdemir, Parlamentarischer Staatssekretär, SPD-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der SPD Duisburg (Foto: Susie Knoll)
Anzeige

Rhein-Ruhr. Wenn mich Duisburger Schulklassen hier in Berlin besuchen, dann ist mit einer Frage stets zu rechnen: Warum sind Sie Politiker geworden? Die Antwort darauf fällt mir nicht schwer: Man „wird“ nicht Politiker. Es ist das aufrichtige Handeln und das Einsetzen für die Menschen, das mit jeder Entscheidung zum Ausdruck kommt – das ist meine Motivation. Angefangen hat alles damals mit 14 Jahren, als meine Freunde und ich eine eigene Skaterbahn haben wollten, weil wir von Parkanlagen oder öffentlichen Plätzen stets vertrieben wurden. Und da sich für uns keiner so recht stark machte, mussten wir es selbst in die Hand nehmen. Mit Erfolg: Nach langer Wanderung durch die Niederungen des deutschen Paragraphendschungels wurde endlich unsere Skaterbahn Realität. Diese Erfahrung war für mich prägend. Mir wurde klar, dass Anstrengung und Einsatz zum Erfolg führen und wir die Dinge in unserem Sinne beeinflussen können. Unsere Stimme hatte etwas spürbar bewirkt.

Alle vier Jahre wird der Deutsche Bundestag neu gewählt. Auch hier sind etwas Anstrengung und Einsatz gefragt. Denn die Bürgerinnen und Bürger müssen sich an diesem Wahlsonntag in ein nahegelegenes Wahllokal begeben und von ihrem verfassungsmäßig garantierten Wahlrecht Gebrauch machen. An diesem speziellen Sonntag haben die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit, ihrer politischen Stimme Ausdruck zu verleihen. Ein Recht, das gar nicht hoch genug geschätzt werden kann, aber gleichzeitig, gerade für die jüngere Wählergeneration, für viele eine Selbstverständlichkeit ist. Aber auch hier offenbart sich das Problem mit vermeintlichen Selbstverständlichkeiten: Wir wissen sie irgendwann nicht mehr zu schätzen und verkennen, welche große Errungenschaften sie eigentlich sind. Oder freuen Sie sich täglich über die Erfindung des Internets? Gewöhnung ist in weiten Teilen nur allzu menschlich, aber Gleichgültigkeit ist gerade für eine Demokratie Gift. Denn Gleichgültigkeit führt hier dazu, dass man von seinen Partizipationsmöglichkeiten wenig oder gar keinen Gebrauch macht, dass man sich nicht mehr mit seinen politischen Vertreterinnen und Vertretern auseinandersetzt und dass man sich schlussendlich nicht mehr am politischen Gestaltungsprozess beteiligt – obwohl er unser aller Leben maßgeblich beeinflusst.

Die Folgen dieses Teufelskreises haben wir im Jahr 2016 mehr als eindrücklich feststellen können. Denn es sind die extremen politischen Positionen, die gestärkt werden, wenn die Wahlbeteiligung sinkt. Es sind die Populisten, die dann einen überstürzten EU-Austritt anleiern, sich bis ins Präsidentenamt pöbeln oder ihre demokratiefeindliche Haltungen und Positionen auf Kosten der Steuerzahler in unseren Parlamenten verbreiten können – welch Ironie.

Im Grunde ist es wie mit einem Restaurantbesuch, bei dem man selbst bezahlt, aber einen anderen für sich die Speisen auswählen lässt. Wenn ich nicht selbst entscheide, dann muss ich damit rechnen, dass das mir Bestellte nicht schmeckt – zahlen werde ich aber trotzdem müssen. Manch einer mag den Einwand erheben, er finde nichts auf der Karte. Wenn das so ist, dann muss man sich eben selbst in die Küche stellen!

Demokratie lebt vom Diskurs, vom Austausch von Argumenten, von Rede und Gegenrede. Was aber Demokratie zum Erliegen bringt, sind Gleichgültigkeit und Resignation. Sie haben am 24. September die Möglichkeit, die Weichen für die Zukunft Ihres Landes zu stellen. Überlassen Sie diese wichtige Entscheidung nicht den anderen!

Ein KlarKlick von Mahmut Özdemir, SPD-Bundestagsabgeordneter

Beitrag drucken
Anzeige