Prof. Friedrich im Gespräch (Foto: privat)
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Krefeld. Zum Europäischen Prostata-Tag am 15. September beantwortet Prof. Martin Friedrich, Chefarzt der Urologie am Helios Klinikum Krefeld, die wichtigsten Fragen zum Männerorgan.

Die Prostata bereitet vielen Männern Probleme. Ist sie eine Fehlentwicklung der Natur?

Überhaupt nicht! Die Prostata produziert die Samenflüssigkeit. Sie ist also für die Fortpflanzung elementar. Was aber stimmt: Wenn die meisten Männer die Familienplanung abgeschlossen haben, mit Anfang 50, macht das Organ häufig Ärger. Die etwa kastaniengroße Drüse neigt dazu, sich zu vergrößern. Da sie unterhalb der Blase liegt, kann eine stetig wachsende Prostata zu Schwierigkeiten beim Wasserlassen führen. Auch kann sich leider recht häufig eine Krebserkrankung in der Prostata bilden. Das Prostatakarzinom ist eine der häufigsten Tumorerkrankungen des Mannes.

 

Mit welchen Symptomen macht sich eine vergrößerte Prostata bemerkbar?

Betroffene Männer haben einen abgeschwächten Harnstrahl – der Druck beim Wasserlassen wird weniger. Um genügend Druck aufzubauen, müssen Männer unterbrechen und neu ansetzen, es kommt zum „Harnstottern“. Sie müssen häufiger zur Toilette, auch nachts. Mitunter kann die Blase gar nicht mehr richtig entleert werden. Spätestens dann muss eine Therapie erfolgen.

 

Ist das nur lästig oder kann es auch gefährlich werden?

Zunächst einmal muss das gar nicht störend sein. Die Männer registrieren lediglich, dass sie mehr Zeit auf der Toilette verbringen als früher und dass der Harnstrahl schwächer ist. Bei einer Blasenentleerungsstörung kann es zu Infektionen der Blase, aber auch zu einem Rückstau in die Nieren mit Nierenversagen kommen. Bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein waren die Folgen einer vergrößerten Prostata sogar lebensbedrohlich. Der Prozess der Vergrößerung ist nicht aufhaltbar und muss bei diesen Symptomen daher behandelt werden.

 

Gibt es präventive Maßnahmen und Hausmittel, die helfen?

Vorbeugend kann man sich nicht schützen, potentiell sind alle Männer betroffen – auch normalgewichtige, sportliche Nicht-Raucher ohne Vorerkrankungen. Von Mitteln mit hochdosierten Kürbissamen rate ich ab. Hier gibt es mittlerweile sehr gut wirksame Medikamente oder auch minimal-invasive Behandlungsmethoden, die deutlich effektiver sind und zudem von den Krankenkassen erstattet werden.

 

Aber es muss nicht gleich eine Operation sein, oder?  

Nein, es stehen wirkungsvolle Medikamente zur Verfügung. Die einen wirken, indem sie zu einer Erschlaffung der Prostata-Muskulatur führen – hat das Organ weniger Spannung, lässt der Druck auf die Blase nach. Die anderen wirken auf den Hormonhaushalt und führen dann zu einer Verkleinerung der Prostata. Auch das kann dann wieder zu einer Verbesserung beim Wasserlassen führen.

 

Was haben die Hormone mit der Veränderung zu tun?

Es ist nicht hinreichend geklärt, warum sich die Prostata mit zunehmendem Lebensalter vergrößert. Es handelt sich wohl um einen normalen Veränderungsprozess beim Mann, der durch einen veränderten Hormonhaushalt im Alter entsteht. Die Zusammensetzung des Testosterons etwa verschiebt sich. Helfen Medikamente alleine nicht mehr, gibt es bewährte Operationstechniken, die sehr gute Ergebnisse erzielen. Hierzu gehören minimal-invasive Verfahren, bei denen die Prostata durch die Harnröhre verkleinert wird. Das geschieht entweder mit einer elektrischen Schlinge oder mit einem Laserverfahren. Bei Patienten, für die eine Narkose nicht in Frage kommt, kann auch eine Prostata-Arterien-Embolisation (PAE) durchgeführt werden.

 

Ein bedrohlicheres Problem ist Prostatakrebs – was können Männer hier tun?

Das A und O: zur Vorsorge gehen. Wenn man die 45 überschritten hat, den niedergelassenen Urologen aufsuchen und den PSA-Wert bestimmen lassen. Die Abkürzung PSA steht für prostataspezifisches Antigen – bei Prostatakrebs ist dieser Wert meist stark erhöht. Betrachtet man das Alter des Mannes und diesen Wert, kann man sehr zuverlässige Aussagen drüber treffen, ob eine weitere Abklärung erfolgen muss oder ob der Patient ein erhöhtes Risiko hat, in Zukunft daran zu erkranken.

 

Das PSA-Screening ist nicht unumstritten. Was sagen Sie Kritikern?

Der PSA Wert gilt in Fachkreisen als einer der wichtigsten Früherkennungsmarker überhaupt. Wichtig ist natürlich nicht nur den bloßen Laborwert zu betrachten, sondern auch den dazu gehörigen Patienten mit seinen Symptomen. Zum Beispiel kann der PSA Wert bei einer vergrößerten Prostata oder einer Entzündung deutlich erhöht sein, ohne dass eine Krebserkrankung dahinterstecken muss.

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