Dr. med. Friedhelm Caspers, Chefarzt der Klinik für Akutgeriatrie und Frührehabilitation am Helios Cäcilien-Hospital Hüls (Foto: Helios)
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Krefeld. Am 1. Oktober ist der Tag der älteren Menschen. Wir haben über die verschiedenen Demenz-Erkrankungen mit Dr. med. Friedhelm Caspers, Chefarzt der Klinik für Akutgeriatrie und Frührehabilitation am Helios Cäcilien-Hospital Hüls, gesprochen.

Wir alle wünschen uns, möglichst lange agil und geistig fit zu bleiben. Aber ist das überhaupt realistisch?
Wir sehen unseren Körper altern, wissen, dass Falten, graue Haare und schlafferes Bindegewebe zum Altwerden dazugehören. Was wir aber häufig nicht wahrhaben wollen: Auch unser Gehirn altert, verliert an Elastizität und Zellen. Dadurch werden wir vergesslicher und geistig weniger aktiv. Neue Informationen zu verarbeiten, fällt uns schwerer. Es ist unrealistisch, von einem 80-Jährigen die Gehirnleistung eines 18-Jährigen zu erwarten, ganz unabhängig von einer Erkrankung.

Alzheimer, Demenz oder doch nur vergesslich? Was macht da den Unterschied?
Demenz bedeutet im lateinischen Wortsinn „ohne Geist“. Es gibt unterschiedliche Demenzformen, eine davon ist die Alzheimer-Demenz, an der etwa 50 bis 60 Prozent aller Betroffenen leiden. Demenz kann leicht mit einer Depression und normaler Altersvergesslichkeit verwechselt werden. Eine solide Diagnostik ist daher unbedingt erforderlich, um das Krankheitsbild abzugrenzen. Hier ergeben eingehende neurologische und psychologische Untersuchungen, bildgebende Verfahren sowie Laborwerte erst ein Gesamtbild.

Wer ist besonders gefährdet, an einer Demenz zu erkranken?
Es gibt Risikofaktoren, die wir nicht beeinflussen können: höheres Lebensalter, Demenzerkrankungen in der Familie, bestimmte genetische Faktoren und der Umstand, eine Frau zu sein. Hier ist das Risiko fast doppelt so hoch, da die Lebenserwartung von Frauen nach wie vor deutlich höher ist als die von Männern. Und dann gibt es noch weitere beeinflussbare Faktoren wie: Alkohol- und Nikotinkonsum, Diabetes Typ 2 und starkes Übergewicht.
Hier ist Prävention möglich. Auch Bildung und geistige Aktivität schützen vor Demenz. Laut einer schwedischen Zwillingsstudie wurde die Demenzentwicklung umso mehr verzögert, je komplexer die Anforderungen im Berufsleben waren. Auch die frühe Prägung spielt eine Rolle. Bei Personen, die in ihrer Kindheit intellektuell wenig stimuliert wurden, ist das Risiko einer Alzheimer-Demenz bis zu fünfmal höher.

Was kann ich sonst noch vorbeugend tun?
Das Wichtigste ist, die sozialen Kontakte zu pflegen und in stetiger Kommunikation mit der Umwelt zu bleiben. Genauso wichtig ist körperliche Bewegung, Sport zu treiben oder regelmäßiges Spazierengehen. Nicht von ungefähr kommt das Sprichwort „wer rastet, der rostet“. Zusätzlich empfiehlt sich mediterrane Kost als Ernährungsform sowie intellektuelle Stimulation, beispielsweise durch Musizieren.

Und einmal erkrankt gibt es kein Zurück?
Bei der Alzheimer-Demenz leider ja. Wir unterscheiden zwischen drei Stadien: leicht, mittel und schwer. Zu Anfang ist das Kurzzeitgedächtnis betroffen, das Ausdrucks- und Urteilsvermögen nimmt ab. Beim mittleren Stadium kommen Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen, die Beeinträchtigung des Langzeitgedächtnisses, Unruhe, Aggression und Verwirrtheit hinzu. Geht es ins schwere Stadium über, leiden Betroffene auch an Inkontinenz und motorischen Störungen. Die Entwicklung jedoch können wir mit den heutigen medizinischen Möglichkeiten verzögern, hier kommen insbesondere umfassende therapeutische Maßnahmen aus den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie sowie Logopädie zum Tragen. Auch die Stabilisierung des sozialen Umfeldes und eine feste Tagesstruktur sind dabei sehr hilfreich.

Bei welchen Anzeichen sollte ich als Angehöriger sensibilisiert sein und eine Diagnose anstreben?
Verschwundene Gegenstände stehen häufig am Anfang der Erkrankung. Betroffene sind vergesslich und geistesabwesend, häufiger müde, haben Schwierigkeiten beim Erinnern bekannter Wörter, erlernen nichts Neues mehr. Es kommt mitunter zu unpassendem Sozialverhalten.

Was kann die Familie, was können Freunde tun, um den Alltag des dementiell Erkrankten möglichst angenehm zu gestalten?
Der Tagesablauf sollte überschaubar und gleichmäßig bleiben, der Lebensraum so wenig wie möglich verändert werden. Es ist gut, Gewohnheiten und auch körperliche Aktivität beizubehalten und weiterhin Aufgaben zu übernehmen, wie Garten- und Hausarbeit. Das Wichtigste: Die Selbständigkeit des Betroffenen möglichst lange aufrechtzuerhalten.

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