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Mülheim/Rhein-Ruhr/Bad Nenndorf/Stuttgart. Wirtschaftsfaktor, Teil des Lehrplans in den Schulen, sozialer Treffpunkt – das haben Deutschlands Bäder alle gemeinsam. Doch ihre Zahl schwindet seit langem. „Seit 2000 sind im Durchschnitt jedes Jahr 80 Bäder geschlossen worden. Diese Entwicklung muss endlich ein Ende haben“, sagte der Präsident der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Achim Haag, am Donnerstag (25.10.) in Stuttgart. Auf einer Pressekonferenz am Rande der Fachmesse interbad stellte Haag die Kampagne „Rettet die Bäder“ vor, mit der die DLRG eine Kehrtwende befördern möchte.

Im Mittelpunkt der Kampagne steht eine Online-Petition. Darin fordert die Wasserrettungsorganisation eine angemessene und nachhaltige Bäderversorgung durch systematische Bedarfsplanung und -deckung im Rahmen eines bundesweiten Masterplans. „Wir fordern einen goldenen Plan ähnlich dem der 1960er Jahre. Zudem regen wir die Gründung einer Gesellschaft vergleichbar mit der Deutschen Olympischen Gesellschaft an, die ausschließlich die Koordination der Bädersanierung zur Aufgabe hat“, so Haag.

Mindestens 50.000 Menschen will die DLRG nun für eine Unterschrift zu ihrer Petition bewegen, damit diese an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags weitergereicht wird. Begleitet wird die Kampagne von einem Kinospot, der auf die Thematik des schleichenden Bädersterbens in Deutschland aufmerksam machen, wachrütteln und zur Unterstützung motivieren soll. In diesem streift der junge Protagonist desillusioniert durch ein geschlossenes Schwimmbad, während Badegäste apathisch und lethargisch in die leeren Becken starren. Gedreht wurde in Emden-Borssum. Das Freibad dort ist seit zwei Jahren nicht mehr in Betrieb. Eine Bürgerinitiative plant, es auf eigene Kosten wieder in Schuss zu bringen.

„Dieses Engagement verdient Anerkennung, das kann aber nicht die Lösung für das Problem sein“, so die Einschätzung des DLRG-Präsidenten. Öffentliche Bäder seien Orte für das hoheitliche Schulschwimmen und ermöglichen der nachwachsenden Generation eine der zentralen menschlichen Kulturfähigkeiten, das Schwimmen, zu erlernen. Haag forderte deshalb: „Wir müssen Bäder erhalten, Bäder bauen und nicht wegrationalisieren.“ Schließungen gingen zu Lasten der Wassersicherheit der Bevölkerung und bezahlbarer sozialer Angebote. Der anhaltende Trend, ersatzweise Freizeitbäder zu bauen oder auf so genannte Badeteiche auszuweichen, biete weder die Verlässlichkeit des Angebots noch tauge die bauliche Struktur für Ausbildung und Sport. Hinzu komme, dass die so genannten Spaßbäder – häufig in privater Trägerschaft – absolut nicht den notwendigen Ausbildungsgesichtspunkten entsprechen könnten.

„Allein im vergangenen Jahr wurden 4.500 Schwimmprüfungen weniger abgenommen als im Vorjahr“, verdeutlicht Haag. Etwa 25 Prozent der Grundschulen hätten keinen Zugang mehr zu einem Schwimmbad, viele nähmen lange Anfahrtswege auf sich, um überhaupt den von der Kultusministerkonferenz vorgeschriebenen Schwimmunterricht erteilen zu können. Die möglichen Folgen zeichnen sich bereits jetzt ab: Nur noch 60 Prozent der Zehnjährigen sind sichere Schwimmer (so eine forsa-Umfrage von 2017). Kinder gehören weiterhin zur Risikogruppe bei den Ertrinkungsfällen. Laut aktueller DLRG-Bilanz starben bis August dieses Jahres bereits 26 Kinder zwischen null und zehn Jahren.

Weitere Informationen zur Kampagne der DLRG unter www.rettet-die-baeder.de.

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