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Oberhausen. Ein Blick in den Rückspiegel: 2005 wurde Bilderbuch gegründet, legen die Oberösterreicher 2013 den Turbo Boost ein. Die „Maschin“ heult auf und lässt alles, was sich Indie-Rock nennt, alt aussehen. „Schick Schock“, ein auffrisierter Hybrid aus 50 Jahren Pop-Geschichte, erobert 2015 die Jahres-Bestenlisten, der Nachfolger „Magic Life“ knackt 2017 die österreichischen und deutschen Top Ten. „Die beste Musik zur Zeit“, urteilt die Süddeutsche Zeitung.

Das ist keine zwei Jahre her. Eigentlich, so würde man meinen, sind diese Lieder für eine imperiale Party in Schönbrunn noch fresh genug. Aber Bilderbuch sind bereits zwei Runden weiter. Eh klar. In Wien und in Kroatien haben sie neue Songs geschrieben – genug, um damit zwei Platten zu füllen. Die erste, „mea culpa“, erscheint jetzt wie aus dem Nichts. Wobei: Machen wir uns nichts vor! Wenn Sie diesen Text lesen, ist die Nachricht längst „viral gegangen“, wie es so schön heißt. Am 22.2.2019 folgt dann schon die nächste Platte „Vernissage My Heart“. Erst unlängst hat der amerikanische Rolling Stone das Album-Format für tot erklärt: Gestreamt werden nur noch die Hits, Album-Tracks interessieren angeblich niemanden mehr. Das schert Bilderbuch nicht. Sie kennen die Regeln des Business. Und brechen sie nach allen Regeln der Kunst. „mea culpa“ will am Stück gehört werden. Die neun Songs formen eine Erzählung mit ungewöhnlicher Dramaturgie. Auf das dunkel groovende „Sandwishes“ folgt die Total-Entschleunigung: „Taxi, Taxi“. Der Erzähler nickt auf der Rückbank ein und wird erst im nächsten Track aus seinen Träumen gerissen. Langsam erhöht sich der Puls, die zweite Hälfte wird sinnlicher. Synth-Tupfer behübschen hypnotische Drum Patterns, Acid Jazz und Trance zählen neuerdings zum musikalischen Inventar.

Wie viele unterschiedliche Bands Bilderbuch sind! Dafür braucht es keine Heerschar an Songschreibern, sondern nur dieses eingeschworene Team aus vier Musikern: Peter Horazdovsky, Michael Krammer, Philipp Scheibl und Front-Schlingel Maurice Ernst. Mit Wortwitz und Wiener Verve befreit er den deutschsprachigen Pop von seiner unerträglichen Eindeutigkeit. Bekennt seinen Glauben an die Liebe, das Internet und „deinen ass“. Flieht vor den Komplikationen der modernen Welt („Auf Netflix ist sich entscheiden so schwer”!) ins Megaplex – und findet dort Gott. Es fällt zunehmend schwer, Referenzpunkte für all das zu finden. Bilderbuch beschreiten eigene Wege. Wo sie hinfahren brauchen sie keine Straßen. Weiß Gott, wohin sie die auf „Vernissage My Heart“ im Frühjahr noch führen werden.

Am Dienstag, 9. April, 20 Uhr, sind Bilderbuch zu Gast in der Turbinenhalle II in Oberhausen. Tickets gibt es an allen bekannten VVK-Stellen.

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