Oberbürgermeister Frank Meyer (Mitte vorne) inmitten der Protagonisten und Organisatoren der Europa-Veranstaltung in der VHS: (von links) Europa-Kandidation Petra Kammerevert, VHS-Leiterin Dr. Inge Röhnelt, Moderator Helmut Wenderoth, Wolfgang Ropertz, Leiter der Abteilung Region und Europa, Europa-Kandidat Dr. Stefan Berger, Ratsherr Thorsten Hansen und TV-Journalist Rolf-Dieter Krause (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, L. Strücken)
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Krefeld. Gut besuchte Informationsveranstaltung in der VHS

Schicksalswahl, Richtungswahl oder schlicht entscheidend für die Zukunft Europas: Die Begriffe, mit denen die am 26. Mai anstehende Wahl zum EU-Parlament bedacht wird, deutet an: Es geht um Vieles. Grund genug für die städtische Abteilung Region und Europa in Kooperation mit der Volkshochschule (VHS), dem Thema eine eigene, große Veranstaltung zu widmen. „Dass die Wahl bevorsteht ist wichtig und findet zurecht seinen Niederschlag. Die heutige Veranstaltung soll aber dessen ungeachtet auch in den kommenden Jahren Wiederholung finden. Denn wir denken: Die bisherige Art, diesen Tag mit einem kurzen Treffen im Rathaus zu begehen, wird der Bedeutung nicht gerecht“, sagte Oberbürgermeister Frank Meyer in seiner Eröffnungsrede. Die Veranstaltung lockte dabei mit ihrer hochkarätigen Besetzung viele Bürger ins Foyer der VHS.

Die Europaabgeordnete Petra Kammerevert (SPD), die Europakandidaten Dr. Stefan Berger (CDU) und Dr. Michael Terwiesche (FDP), Krefelds Ratsherr Thorsten Hansen (Grüne) und der ehemalige Leiter des ARD-Studios in Brüssel, Rolf-Dieter Krause waren gekommen, um über die Europäische Union (EU) und deren Zustand zu diskutieren. Krause begann dabei mit einem Impulsvortrag, in dem er seine Sicht der Dinge in Brüssel und auf dem Kontinent darstellte. Europa sei, so sagte der Journalist, der Garant dreier elementarer Interessen seiner Bürger, die kein einziges daran beteiligtes Land im Alleingang gewährleisten könne.

„Europa bietet uns Frieden, wirtschaftliche Prosperität und den Schutz der Interessen in einer globalisierten Welt auch gegen große Spieler wie die USA oder China“, sagte Krause. Dabei führte er aus, dass der Zustand der EU, in der viele Staaten wie Ungarn oder Polen durch antidemokratische Reformen und Verstöße gegen europäisches Recht, die Einheit der EU gefährden oder beseitigen würden, was den Schutz dieser Interessen in Frage stellen würde, massive Reformen nötig machte. Europa könne auch scheitern und wenn es das tue, dann nicht mit einem großen Knall, sondern unmerklich durch einen erosiven Prozess. Es wird uns regelrecht unter den Händen zerbröseln und dieser Prozess hat bereits begonnen“, führte der Experte aus. Darum, so seine Lösung, sei ein „Kerneuropa“ wünschenswert. „Deutschland und Frankreich haben zusammen knapp die Hälfte der Wirtschaftsleistung. Wenn diese Länder sich mit einigen anderen wie den BeNeLux-Staaten, Skandinavien, den Balten, Österreich oder Italien zusammen tun und eigene Kooperationen starten, die die Länder, die nicht mitziehen wollen, außen vor lassen, dann kann das die Triebfeder eines neuen, starken Europas sein, das seinem Gewicht in der Welt gerecht wird“, führte er aus.

In der anschließenden Podiumsdiskussion sprachen er und die Politiker, moderiert von Helmut Wenderoth, dem Leiter des Kresch-Theaters, über diesen Vorschlag und andere Belange der Europapolitik und beantworteten Fragen der Bürger. Dabei war auch der Brexit, der Austritt Großbritanniens aus der EU, ein Thema. Die Briten stellten derzeit Forderungen, die „aberwitzig“ seien. „Es gibt kein Konzept. Selbst über die Grenze in Irland hat dort niemand nachgedacht. Die Briten wollen Verträge, die damit vergleichbar sind, als wollten sie mit uns Fußball spielen – nur mit dem Unterschied, dass für sie Abseits nicht gilt und sie die Hände benutzen dürfen. Das darf und wird die EU nicht mit sich machen lassen“, sagte Krause.

Die Politiker zeichneten in ihrer Diskussion insgesamt ein etwas optimistischeres Bild des Zustandes der EU, als der Journalist. Auch mit dem Publikum entwickelte sich ein lebhaftes Gespräch über Gleichberechtigung, den vielzitierten Artikel 13 und auch die Bildung, wo Einigkeit herrschte, dass verstärkte Anstrengungen beispielsweise im Erasmus-Programm notwendig seien. Auch ein Film der Schüler des Berufskollegs Vera-Beckers, in dem diese sehr gut, mit jugendlicher Frische und oft pointiert und witzig, die Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten der Europäer darstellten und Stereotypen auf kreative Art über sich selbst entkräfteten, fand großen Applaus der Gäste. Und so fand ein interessanter Abend, der die ursprüngliche Zeitplanung deutlich überschritt, bei Häppchen und Getränken einen Ausklang in vielen Gesprächen. Erst nach 22 Uhr verließen die letzten Besucher und Experten die VHS.

Und so blieb am Ende das finale Statement aus Krauses Impulsvortrag, als er zunächst John F. Kennedy paraphrasierte: „Die Regierungen Europas müssen nicht fragen, was Europa für sie tun kann. Sie müssen fragen, was sie für Europa tun können. Der Zustand der EU ist beklagenswert aber nicht unveränderbar. Wir haben viel zu verlieren und Europa ist es wert, verteidigt zu werden.“

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