(Foto: MARC ALBERS)
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Dinslaken. Lust auf einen Ausflug ins Grüne? Eine Runde um den Block drehen? Oder mal eben kurz in die Stadt fahren, um etwas zu besorgen? Kein Problem, diese Fragen können Christiane Holstein und ihr Team ab sofort mit Ja beantworten. Denn die Frauen und Männer, die im Kurt-Schumacher-Haus des Kreisverbandes der Arbeiterwohlfahrt (AWO) leben, sind mobil geworden. Dank eines Spezialrades, das das Seniorenzentrum in Hiesfeld angeschafft hat. Ein so genanntes Dreirad-Tandem, bei dem die Radler*innen nicht hintereinander, sondern nebeneinander sitzen. Wer nicht mehr in die Pedale treten kann, muss sich keine Sorgen machen, dass die Fahrenden kurze Zeit später erschöpft aufgeben. Das Dreirad-Tandem ist ein E-Bike mit einer ausgeklügelten Ausstattung für Menschen, die älter und nicht mehr so mobil sind.

Gut Ding will Weile haben. Die ehemalige Pflegedienstleiterin Renate Mikolajczyk war vor anderthalb Jahren durch einen Fernsehbeitrag auf die Räder aufmerksam geworden und sofort begeistert von den Möglichkeiten. Christiane Holstein, die Leiterin des Seniorenzentrums, recherchierte und stieß schnell auf die Firma Appelbaum in Hilden, die mit solchen Spezialrädern Spazierfahrten anbietet. Und als beim Sommerfest im vergangenen Jahr die Firma mit einem Rad nach Hiesfeld kam, waren Team sowie Senior*innen begeistert von den Ausfahrten. Die logische Konsequenz: Ein solches Rad musste her.

Im Haus wurde eine Spendendose aufgestellt, die füllte sich nach und nach bei den verschiedensten Anlässe. „Durch den Verkauf von Marmelade zum Beispiel“, sagt Christiane Holstein. Und das Land NRW half auch mit. Es fördert E-Mobilität und überwies 2.100 Euro. „Und zwar ganz schnell. Für die Anträge ist die Bezirksregierung Arnsberg zuständig, die Genehmigung kam innerhalb von zwei Wochen. Toll.“ Gekostet hat das Rad 10.200 Euro. „Solche Räder sind Spezialanfertigungen.“ Die holländische Firma van Raam ist Spezialistin für Therapieräder.

Die Investition hat sich gelohnt. Zum Beispiel für Rollstuhlfahrende. Der Beifahrersitz kann gedreht werden, mit Unterstützung ist der Wechsel vom Rollstuhl aufs Rad ganz einfach. Wer die Füße nicht in die Pedale stecken kann, hat sicheren Halt auf einer verschwenkbaren Bodenplatte und dank des Sicherheitsgurtes kommt jeder heil wieder zurück ins Kurt-Schumacher-Haus. Bei Sonnenschein kann ein roter Schirm montiert werden und damit auch alle wissen, dass das Rad für die AWO unterwegs ist, prangen Logo und Schriftzug des Verbandes auf dem Speichenschutz. Nicht zu vergessen: Der Trittwiderstand für Beifahrende kann individuell eingestellt werden.

Aktuell werden die Mitarbeiter*innen mit dem Rad, mit Gas geben, Rückwärtsgang und Schaltung vertraut gemacht. Eine der ersten Ausfahrten ging zum AWO-Seniorenzentrum Wilhelm-Lantermann-Haus, zum dortigen Sommerfest. „Im Moment sind wir allerdings meistens im Nahbereich unterwegs, wenn alle sicher im Umgang mit dem Rad sind, wird der Radius größer.“ Wunderbar sei, dass mit dem Rad Menschen, die sich nicht mehr viel oder nicht mehr gut bewegen könnten, wieder mobiler würden. Ganz abgesehen von der kommunikativen Seite. Schließlich sitzen Betreuungsassistent*innen neben den Senior*innen anstatt wie auf einem herkömmlichen Tandem hintereinander. Und so bleibt beim gemeinsamen Ausflug auch viel Zeit für nette Gespräche.

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