Sascha H. Wagner (Foto: privat)
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Rhein-Ruhr. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat heute die Leistungskürzungen für Bezieher*innen von Arbeitslosengeld II als teilweise verfassungswidrig erklärt, weil sie nicht mit der im Grundgesetz verankerten Würde des Menschen vereinbar sind.

Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Kreistag Wesel, Sascha H. Wagner hierzu: „Das haben wir immer gesagt! Seit der Einführung des Hartz-IV-Systems setzen wir uns für die Abschaffung ein, weil es die weit verbreitete Angst vor dem sozialen Abstieg erzeugt und Kinderarmut begünstigt.“

Wagner weiter: „Wohin uns dieses System geführt hat, haben uns die letzten Wahlen deutlich gezeigt. Durch die Instrumentalisierung der Angst vor dem sozialen Abstieg konnten zuletzt die Hetzer*innen vom rechten Rand der Parteienlandschaft profitieren. Wir freuen uns, dass die Fassade nun anfängt zu bröckeln. Nach diesem ersten Schritt gilt es jetzt den Mindestlohn auf 13 Euro die Stunde zu heben, das Rentenniveau zu steigern, Hartz-IV-Sanktionen gänzlich zu verbieten und letztlich die Ablösung vom Hartz-IV-System durch eine gute Grundsicherung zu verwirklichen.“

Der Sozialverband VdK Nordrhein-Westfalen zeigt sich erleichtert angesichts des heutigen Urteils des Bundesverfassungsgerichts wie  der Landesvorsitzende Horst Vöge mitteilt: „Der Hartz-IV-Regelsatz, der das Existenzminimum abdecken soll, ist aus unserer Sicht bereits jetzt zu gering, um ein würdevolles Leben führen zu können. Kommen dann noch Sanktionen hinzu, sind die Betroffenen – darunter auch viele Kinder in den Bedarfsgemeinschaften – in ihrer physischen Existenz bedroht und können am Ende sogar obdachlos werden. Somit stehen die Folgen für die Menschen, die dringend auf Unterstützung angewiesen sind, aus unserer Sicht in keinem Verhältnis zu den Regelverstößen!“

Der Sozialverband VdK Nordrhein-Westfalen setzt sich stattdessen nachdrücklich für Maßnahmen ein, die Grundsicherungsempfänger wieder zurück ins Berufsleben bringen. „Gerade um Angebote für ältere Langzeitarbeitslose und solche mit zusätzlichen Vermittlungshemmnissen zu koordinieren, muss auf Landesebene beispielsweise ein Runder Tisch einberufen werden“, lautet der Appell des Vorsitzenden Horst Vöge.

Die Oberhausener GRÜNEN begrüßen das Hartz IV-Urteil als Etappensieg für die sozialen Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger. „Wir sehen darin einen richtigen Schritt in die richtige Richtung, aber auch nicht mehr“, sagt Vorstandssprecherin Louisa Baumann zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das Hartz IV-Sanktionen für teilweise verfassungswidrig, aber grundsätzlich weiter als zulässig erklärt. „Diese Sanktionen sind menschenunwürdig; zudem bei der Vermittlung in Arbeit völlig unangebracht, Leistungsberechtigte mit Druck und Zwang erziehen zu wollen. Damit werden diese als arbeitsunwillig vorverurteilt, aber oft liegen ganz andere Gründe dahinter, wenn zum Beispiel ein Termin beim Jobcenter nicht eingehalten wird“, so die GRÜNE weiter.

Damit unterstützen die Oberhausener GRÜNEN ganz den Kurs der Bundespartei: Sanktionen sind das falsche Instrument, um Menschen bei der Jobsuche zu unterstützen. In der Situation, in der sich viele Arbeitssuchende befinden, sind Anerkennung, individuelle Unterstützung und Motivation entscheidend. Sanktionen dagegen sind für ein Kooperations- und Vertrauensverhältnis im Beratungsprozess kontraproduktiv. Die pauschale Kürzung des Existenzminimums bringt die Betroffenen in existentielle Schwierigkeiten und geht oftmals mit psychischen Belastungen, Verschuldung, Misstrauen oder auch einem Rückzug aus dem Beratungsprozess einher. Die mit den Sanktionen verbundenen sozialen Härten sind auch angesichts der Tatsache höchst bedenklich, dass viele Sanktionen zu Unrecht ausgesprochen und deshalb von den Sozialgerichten wieder zurückgenommen werden.

„Dass die Sanktionspraxis mit dem heutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes abgemildert wird, ist ein wichtiger politischer und juristischer Teilerfolg. Es kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass betroffene Menschen auch mit einer dreißigprozentigen Streichung staatlicher Leistungen zumindest zeitweilig gezwungen sein werden, unter dem Existenzminimum zu leben. Das bedeutet bis zu drei Monate bittere Armut. Sanktionen können also weiterhin dazu genutzt werden, Menschen in niedrig entlohnte und prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu zwingen. Unsere Fraktion lehnt nicht nur die Sanktionen, sondern das gesamte Hartz IV Zwangsregime seit seiner Einführung kategorisch ab. Die Bundesregierung muss dieses Gesetz endlich kippen und durch eine garantierte sowie sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzen, die ein menschenwürdiges Leben und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Bis es soweit ist, fordern wir das Jobcenter auf, die Gesetzesänderungen unverzüglich umzusetzen und alle Spielräume zu nutzen, um soziale Härten für Betroffene zu vermeiden“, erklärt Jörg Pusch, sozialpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE.LISTE in Oberhausen.

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