Screenshot: Smartphone, Facebook-Thread
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Kreis Wesel. Die Zustände im Kreisverband Wesel der Alternative für Deutschland (AfD) seien seit längerer Zeit für bürgerlich konservative Mitglieder, die sich konservative Politik à la Franz-Josef Strauß und Helmut Kohl wünschen, schwer bis gar nicht mehr erträglich. Gegenüber LokalKlick berichten diese “gemäßigten” AfD’ler und untermauern dieses mit Mails und Screenshots, dass der aktuelle AfD-Sprecher im Kreis, Dr. Renatus Rieger, den Kreisverband nach Gutsherrenart führe und auch nicht davor zurückschrecke, Mitglieder und Vorstandsmitglieder zu diffamieren und zu nötigen. Zudem würde Rieger eigenmächtig verstärkt rechts-nationale und braune Interessenten als Parteimitglieder aufnehmen. Die gemäßigten Mitglieder haben sich bezüglich dieser Tendenzen, dass extremes Gedankengut Überhand nimmt, bisher vergeblich an den übergeordneten Bezirks- und Landesverband gewandt. Gegenüber LokalKlick wollte sich Dr. Rieger zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern, da angeblich schon alles der Presse mitgeteilt worden sei und nichts hinzuzufügen sei. In einer späteren Mail bat er, “von einer unverifizierten Berichterstattung Abstand halten zu wollen und bis zu meiner Rückkehr in der nächsten Woche warten zu wollen”. Der Pressesprecher des AfD-Landesverbands war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Sie sind wieder da! – Dieser Absatzanfang suggeriert eine gewisse Nähe zur Komödie „Er ist wieder da“ von Regisseur David Wnendt, wo der Welt schlimmster Diktator nach beinahe 70 Jahren wieder im Hier und Jetzt erscheint. Die Besetzung ist eine Andere und es handelt sich nicht um eine Komödie, sondern um bitterböse Realität. Das besonders Schlimme daran, es passiert direkt am beschaulichen Niederrhein  – ebenfalls im Hier und Jetzt.

Noch am vorletzten Freitag berichtete eine Tageszeitung mit Sitz in Essen, dass der Ortsverband der AfD Schermbeck sich aufgelöst hat. Nicht nur der Ortsverband löste sich selber auf, sondern eine Mehrzahl der Mitglieder kehrte sogleich ganz der Partei den Rücken und erklärten ihren Austritt. Der Grund waren unüberbrückbare Differenzen zwischen den bürgerlichen Mitgliedern der Partei und den Rechtsnationalen, die für genau das sinnbildlich stehen, wofür die AfD immer wieder negativ in den Schlagzeilen auffällt. Obgleich der NRW Landesverband der AfD als gemäßigt gilt und noch Anfang Oktober auf dem Landesparteitag in Kalkar alle Höcke-Anhänger und Rechtsnationale aus den Entscheidungspositionen mit klaren Ergebnissen gewählt hat, haben sich einige Hochburgen innerhalb des Landesverbandes erhalten. Der Kreisverband Wesel mit dem Führungs-Duo Dr. Renatus Rieger (Moers) und Sebastian Nehnes (Rheinberg) stehen exemplarisch für eine dieser wenigen Hochburgen. Seit Monaten werden bürgerliche Parteimitglieder mit den absurdesten Vorwürfen diskreditiert und es wird innerparteilich förmlich Jagd auf jeden gemacht, der sich inhaltlich nicht dem Führungs-Duo unterwirft. Übelste Beleidigungen, Hetze und Unwahrheiten wurden unter Neumitgliedern verbreitet, um innerparteiliche Kritiker kaltzustellen. Kontrolle am Arbeitsplatz eines Mitglieds, Aufforderung zu Spitzeldiensten und Diffamierungen sind an der Tagesordnung. Die Gründung von Ortsverbänden wurde größtenteils unterbunden um innerparteiliche Strukturen zu unterbinden. Lediglich in Dinslaken und Schermbeck kam es zu Ortsverbandsgründungen, wobei Dinslaken schon nach wenigen Monaten ohne Begründung de facto wieder von Renatus Rieger im sogenannten Umlaufbeschluss –einer Abstimmung per E-Mail– aufgelöst wurde, und Schermbeck nun nach unhaltbaren Zuständen sich eigenständig aufgelöst hat.

Da die Veranstaltungsorte von AfD-Veranstaltungen wegen den zu erwartenden Gegendemonstrationen lange geheim gehalten werden, wird zunächst eine Liste der interessierten Mitglieder erstellt. Kurz vor Veranstaltungsbeginn erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Veranstaltungsadresse per Mail mitgeteilt. Ein weiteres Beispiel der Unverfrorenheit Riegers gab es zum Tag der deutschen Einheit als er den Bezirks- und Landesschatzmeister Heinz Burghaus sowie den Sprecher eines befreundeten Kreisverbandes, Frank Pesch zu der Veranstaltung eigenhändig und ohne Absprache ausgeladen hat und den Veranstaltungsort nicht mitteilte. Am letzten Donnerstag bei einem Informationsabend des Kreisverbandes Wesel mit dem gemäßigten Landessprecher Rüdiger Lucassen MdB im Hotel Restaurant Friedenseiche in Neukirchen-Vluyn waren Rieger und sein Stellvertreter Nehnes nicht anwesend. Dieses wurde als Affront gewertet.

Noch vor wenigen Wochen ließen Rieger und Nehnes einen neuen Kreisvorstand inthronisieren, nachdem das komplette bürgerliche Lager mit fast 30 Personen, ob des Protestes über die Zustände im Kreisverband, den Kreisparteitag geschlossen verlassen hat. Gewählt wurden sodann neue Vorstandsmitglieder, die ganz auf der Linie von Rieger und Nehnes waren. Hier stach besonders der Beisitzer Frank Bruder (Dinslaken) hervor, der bei Facebook damit warb „Ganz ehrlich, wenn ich im Osten leben würde, würde ich mich dem Höcke-Flügel anschließen. Und gäbe es die AfD nicht, wäre ich bei der NPD.“ Korrektur und Ergänzung der Redaktion (10.12.2019): Auch der amtierende Schatzmeister Olaf Wilhelm aus Dinslaken, seines Zeichens Lehrer, fiel den sogenannten “gemäßigten AfD’lern” beim Landesparteitag in Kalkar durch eine eher völkisch nationale Rede unangenehm auf. Der Redaktion liegen nun Informationen vor, welche diese Meinungen bzw. Eindrücke nicht bestätigen. siehe auch Gegendarstellung

 

Einem Sebastian Nehnes mag das scheinbar ideologisch nur entgegenkommen, denn auch er fiel in den letzten Monaten durch gewaltbereite Auseinandersetzungen mit politisch Andersdenkenden negativ auf. Zunächst kam es zu einem Vorfall vor dem Kreisbüro der AfD Duisburg, aber auch in einem Mehrfamilienhaus im heimischen Rheinberg kam es zu einer Auseinandersetzung, wo schließlich die Polizei einschreiten musste. Das Fahrzeug des Herrn Nehnes wurde ein anderes Mal mit einem Hakenkreuz zerkratzt, und in einschlägigen WhatsApp-Gruppen lässt er seinen Phantasien freien Lauf. So schrieb er in einer WhatsApp-Gruppe „Racial Profiling ist jedenfalls gesunder Menschenverstand“, was an die Überschrift dieses Artikels erinnern mag.

Screenshot Smartphone WhatsApp

 

Hauptprotagonist des Unmuts innerhalb der Partei ist aber nach wie vor Rieger, wegen dem bereits im letzten Jahr der komplette Kreisvorstand zurückgetreten ist. Einzig Rieger trat nicht zurück und versuchte sich einen neuen willfährigen Vorstand aufzubauen. Nachdem dies nicht funktionierte, wurden kurzerhand Vorstandsmitglieder mit Unwahrheiten und Beleidigungen überschüttet und nach und nach kalt gestellt. So kreidete er u.a. einem stellvertretendem Vorsitzenden an, dass dieser Parteiinterna an die Presse weitergeben würde, wo der betroffene Journalist allerdings direkt abwinkte und Riegers Vorwürfe als Unwahrheiten entlarvte. Bei einem anderen Beispiel rief Rieger verschiedene Mitglieder an und behauptete, dass ein Vorstandsmitglied bei frontal21 hinter einer abgedunkelten Wand gegen die AfD am folgenden Abend hetzen würde. Frontal21 sendete schließlich einen Beitrag über die AfD, aber es gab weder eine abgedunkelte Wand, noch ein Parteimitglied, welches über die AfD hetzte. Was blieb waren aber die Diskreditierungen, die immer irgendwie hängen bleiben. Eine Beisitzerin wurde aufs Schlimmste beleidigt und mit Unterstellungen gegängelt, so dass diese drauf und dran war aus der Partei auszutreten. Auch der vormalige Schatzmeister bekam sein Fett weg, indem er öffentlich der unkorrekten Handhabung der Parteikasse beschuldigt wurde. Nachdem die Kassenprüfer allerdings Entwarnung gaben, kam es nachträglich zu Nötigungsversuchen seitens Sebastian Nehnes gegen einen der Kassenprüfer, dass doch unbedingt ein Ergebnis präsentiert werden müsste, dass den Schatzmeister in ein schlechtes Licht rücken sollte. Letztendlich blieb dies ohne Erfolg, so dass sodann höhere Parteigliederungen von Rieger und Nehnes über Kassenunregelmäßigkeiten berichtet wurde. Auch dies hörte nicht auf, als selbst der Bezirks-und Landesschatzmeister sich mit den Vorwürfen auseinandersetzte und keinerlei Unregelmäßigkeiten feststellte. Was bleibt waren wieder die Diskreditierungen gegenüber Neumitgliedern, die aufgehetzt auf Parteiveranstaltungen für eine aggressive Stimmung sorgten.

Verwunderlich dabei ist, dass Rieger es selber nicht so genau mit Geldern der Partei hält. So lud Rieger im August 2018 zu einem Partei-Grillfest ein und erwähnte im Anschreiben, dass an dem Abend doch um Spenden gebeten werden würde. Für diese Spenden stand extra ein Sparschwein parat, worin am besagten Grillabend auch fleißig gespendet wurde. Noch am kommenden Tag berichtete Rieger in einer WhatsApp an ein Vorstandsmitglied über den Inhalt des Sparschweins, jedoch kam der Spendeninhalt niemals beim Schatzmeister respektive der Partei an. Mancher mag das als Betrug, Diebstahl oder zumindest als Unterschlagung werten, aber Rieger kümmerte das wenig, eine Aufklärung gab es schon gar nicht.

Einladung AfD-Grillfest

Was bleibt ist die Frage, was die Bürger des Kreis Wesel erwarten wird, wenn bei den anstehenden Kommunalwahlen die AfD mit den genannten Personen in die diversen Stadträte einziehen wird. Sollte die Landespartei bis dahin nicht eingegriffen haben, so werden die bürgerlichen Kräfte der Partei offenkundig nicht für Mandate zur Verfügung stehen. Möglicherweise werden Hass und Hetze, kombiniert mit rassistischen und nationalistischen Parolen das Klima in den diversen Rathäusern verändern. Die Frage bleibt aktuell, ob die Bürger des Kreis Wesels sich so etwas wünschen?

LokalKlick wird Sie auf dem Laufenden halten und berichten.

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