v.l. Louisa Lange, Michaela Willms, Annette Boniek und Claudia Deselaers bilden das Asbär-Team (Foto: MARC ALBERS)
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Moers. Mensch, ist es denn immer noch nicht zwei Uhr? Die beiden Knirpse, die sich die Nase an der Glastür plattdrücken, sind ziemlich ungeduldig. Sie wollen rein. Claudia Deselaers kennt das schon. Sie ist Diplom-Sozialpädagogin und Leiterin des „Asbär“, einer offenen Einrichtung für Kinder an der Asberger Straße in Moers-Asberg. Gut 40 Mädchen und Jungen zwischen sechs und 14 Jahren kommen montags bis freitags ins Haus. Kinder aller Nationen, mit und ohne Migrationshintergrund oder Geflüchtete, können hier gemeinsam lernen, spielen, toben, kreativ sein, sich ausprobieren, und mehr. Kein Wunder also, dass der Andrang groß ist. Meistens schon vor 14 Uhr, wenn der „Asbär“ offiziell öffnet.

Das Haus gibt es seit Beginn der 90er Jahre. Es kamen viele Flüchtlinge nach Deutschland, die Stadt Moers stellte ein Betreuungskonzept auf und richtete so genannte „Spielstuben“ für die Kinder ein. Eine an der Asberger Straße, gleich neben Häusern, in denen viele Flüchtlingsfamilien unterkamen und immer noch unterkommen. Träger wurde der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt. Der alte Name „Spielstube“ ist seit der Jahrtausendwende in der Versenkung verschwunden, denn das, was Claudia Deselaers und ihre Kolleginnen Michaela Willms, Annette Boniek und Louisa Lange, allesamt sozialpädagogische Fachkräfte, mit Hilfe von Honorarkräften, Praktikant*innen und Ehrenamtler*innen auf die Beine stellen, ist weit mehr als ein simples Spielangebot.

Von 14 bis 18 Uhr hat der „Asbär“ montags bis freitags geöffnet. Kommen kann jedes Kind, ohne Anmeldung, alle Angebote sind kostenlos. Wie die Hausaufgabenbetreuung, zu der es parallel eine Lese- und Lernförderung gibt. Gerade Kinder aus Flüchtlingsfamilien können so intensiv unterstützt werden. Der Kontakt zu den Schulen ist eng und deckt nicht nur das Lernen ab. „Viele Kinder haben auf der Flucht Schlimmes erlebt, wir kennen meistens mehr Hintergründe als die Lehrer*innen“, sagt Claudia Deselaers. „Und so können wir auch erklären, warum ist ein Kind heute vielleicht schwierig, warum verweigert es sich im Unterricht?“ Kein Wunder, dass Therapeut*innen zu den Honorarkräften im „Asbär“ gehören. Intensive Kontakte gibt es auch zu den Eltern der Asbär-Kinder. Sie kommen ebenfalls ins Haus, wissen, dass sie hier Ansprechpartner*innen für alle Notlagen finden. „Manche möchten Begleitung, wenn sie zum Arzt oder zum Elternsprechtag gehen, wissen, wir helfen, Sprachbarrieren zu überbrücken und schaffen Kontakt zum Helfer-Netzwerk.“ An bestimmten Samstagen ist der „Asbär“ ebenfalls geöffnet, dann kommen die Eltern oft dazu. Und Mütter können sich dienstags im Müttercafé treffen.

Natürlich wird nicht nur gelernt, sondern auch gespielt, gemalt, gebastelt, getobt, gekocht – eine Liste ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Beim Programm sind die Wünsche der Kinder entscheidend. Zweimal im Jahr gibt es die Kinderversammlung im Haus, dann wird das nächste Halbjahr geplant. Schwimmen, Eislaufen und Kino sind die Renner, die immer wieder genannt werden. „Natürlich müssen wir schauen, was finanziell möglich ist“, so Claudia Deselaers. Die Tartanbahn rund ums Haus, die sich ein Kind gewünscht hatte, musste unter den Tisch fallen, genau wie der Kunstrasenplatz für die Fußballfans. Heiß diskutiertes Thema bei jeder Versammlung: die Regeln für den Computerraum. Nur diejenigen, die mindestens acht Jahre alt sind und den PC-Führerschein in der Tasche haben, den sie natürlich im Asbär machen können, dürfen an den Computer. Und dann für eine halbe Stunde, denn die anderen wollen schließlich auch an die Reihe kommen.

Kreativität wird großgeschrieben. Immer donnerstags steht der Projekttag auf dem Programm. Gerade erst sind die Asbär-Kinder mit dem Raumschiff Galactica und einer Kunsttherapeutin durch fremde Welten gereist, waren auf dem grünen, dem roten und anderen Planeten. Am Ende der Reisen entstanden kleine Kunstwerke, fantasievolle Collagen und wunderbare Bilder. „Wir orientieren uns an den Lebenswelten der Kinder. Heimat ist hier immer ein großes Thema, die verschiedenen Menschen, Sprachen und Kulturen, kurz, überall ist es anders.“ Genau das würden die Kinder erfahren, die neu im Land seien. „Sie müssen mit ihrer Lebenswelt hier klarkommen.“ In solchen Projekten würden sie sich wiederfinden. Auch über Vorurteile wird gesprochen, in geschützten Räumen, „in denen jede*r sagen kann, was er denkt und was er fühlt, und keiner ausgelacht wird“. Das Miteinander funktioniert, immer wieder erleben die Mitarbeiterinnen, wie die Kinder sich gegenseitig unterstützen und voneinander lernen – dies gehört zum Konzept der Einrichtung.

Vielfältig, lebendig und bunt, charakterisiert das Team Leben und Angebot im „Asbär“. Und jeder Tag ist anders. Was auch damit zu tun hat, dass die Kinder sich frei und spontan entscheiden können, was sie machen wollen. Wer heute bei einem Projekt mitmachen möchte, muss in der nächsten Woche nicht dabei sein, sondern will dann vielleicht lieber kochen oder am Computer sitzen. Eine Herausforderung für das Team und diejenigen, die Projekte betreuen. Aber es funktioniert. „Freiwilligkeit ist das oberste Gebot, die Kinder sollen selbst entscheiden, was sie machen möchten. Das ist der Unterschied zur Schule, da muss man dabei sein, hier kann ich tun, was ich möchte“, so die Leiterin. Deshalb gibt es auch keine Anmeldungen für die verschiedenen Angebote. Einzige Ausnahme: Der „Asbär“ ist bei den Tummelferien der Stadt Moers dabei, da geht’s nicht ohne Anmeldungen.

Wer mehr über den „Asbär“, dessen Logo ein dicker brauner Bär mit einem sanften Lächeln ist, erfahren will, wird bald auf der Homepage des AWO-Kreisverbandes fündig. Denn aus Projekten entstanden ein Film mit dem Titel „Asbär das sind wir“ und ein toller Rap „Team Asbär“. Die Kinder haben den Text mit einem Rapper entwickelt. Und der Refrain erklärt mit wenigen Worten, was der „Asbär“ ist: „Ich komm’ gern in den Asbär, weil hier meine Freunde sind.“

 

Kontakt:

AWO Offene Einrichtung für Kinder »Asbär«

Asberger Str. 114, 47441 Moers

Telefon (0 28 41) 53 65 33

E-Mail: asbaer@awo-kv-wesel.de

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