Michael Pela (Foto: Christian Voigt/LokalKlick)
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Moers. Am gestrigen Abend gab der SPD-Landtagsabgeordnete Ibrahim Yetim auf der Vertreterversammlung bekannt um das Amt des Bürgermeisters, zunächst noch intern in der SPD, da Michael Pela seine Kandidatur nicht zurückgezogen hat, zu kandidieren. Seitdem laufen viele Posts von SPD-Mitgliedern im sozialen Netzwerk Facebook, die schon suggerieren, dass Yetims Kandidatur sattelfest wäre. Ebenso hat Yetim selbst schon eine Werbung auf Facebook geschaltet. In einer ersten Stellungnahme zeigt sich Mitbewerber Pela überrascht, dass zunächst Ibrahim Yetim seine Intention kundtat, daraufhin der lokale Parteichef Harald Hüskes im Namen der Findungskommission den Vorschlag Yetim erklärte. Im Anschluss habe bereits der Fraktionsvorsitzende Atilla Çikoğlu in einer abgelesenen Rede davon gesprochen, dass Ibrahim Yetim Bürgermeisterkandidat sei, obwohl die interne Wahl des Bürgermeisters durch die Partei noch nicht abgeschlossen sei.

Da es sich nach Michael Pelas Meinung noch um einen politischen und demokratisch legitimierten Prozess handelt, in welchem Chancengleichheit herrschen sollte, hatte er um Rederecht gebeten. Aufgrund der Spekulation einer möglichen Bürgermeisterkandidatur von Yetim habe Pela für den tatsächlichen Fall der Kandidatur eine Rede vorbereitet. Die gestrige Rede im Wortlaut sendete Pela heute an die drei tagesaktuellen Redaktionen, um Transparenz für interessierte Bürgerinnen und Bürger zu schaffen:

 

“Liebe Genossinen und Genossen, ich möchte euch eine Frage stellen und bitten in euch zu kehren und sie für euch selbst zu beantworten. Es ist eine leichte Frage. Wieso seid ihr in die Kommunalpolitik gegangen? Der Wunsch nach Veränderung? Gerechtigkeit? Euch liegt eure Stadt am Herzen? Einige von euch wollten das Recht über die Politik meckern zu dürfen nicht durch Untätigkeit verwirken. Andere von euch wollten dazugehören. Doch was wir alle wollten, ist mitgestalten.

Es gibt nicht die eine Person an der Spitze, die alles im Alleingang entscheidet. Es gibt nicht die Person, an der man nicht vorbeikommt, wenn man deren Meinung nicht teilt. Es gibt nicht die Person, mit der man sich gut halten muss, um an Positionen zu kommen, in denen man Großes bewirken kann. Und es gibt nicht die eine Person, die einen vernichtende Messer in den Rücken stößt, wenn man es gewagt hat, sich bei einem politischen Prozess gegen sie zu stellen.

Die Demokratie gibt uns allen die Möglichkeit gehört zu werden. Wir haben es alle in der Hand.

Ich bin in die Politik gegangen,weil mich die Entwicklung in unserer Stadt, im Land und in der gesamten Bundesrepublik beunruhigt hat. Hoch verschuldete Städte, ich gehe durch die Stadt und sehe Leerstände in den Einkaufspassagen, einen unzuverlässigen ÖPNV, obwohl wir Klimaziele haben.

Ich wollte nicht länger mit zuschauen, wie Menschen unverschuldet betriebsbedingt gekündigt werden und noch im Alter Existenzängste haben müssen. Ich wollte nicht zuschauen, wie Menschen im Rentenalter Angst haben müssen, ihre Wohnungen zu verlieren, da die Mietpreise immer weiter steigen. Ich wollte nicht zuschauen, wie der Druck von Rechts immer größer wird.

Auch ich bin in die Politik gegangen, da ich mitgestalten wollte. Doch wenn ich mir das mit der Mitgestaltung bei uns in der Partei so ansehe, frage ich mich teilweise, ob es mehrere Definitionen des Begriffes gibt. Wo war die Mitgestaltung bei dem erneuten Vorschlag von Ballhaus? Beim Vorschlag der Nachfolge von Ehrmann im Stadtverband? Bei unserem Vorschlagsrecht des Beigeordneten und bei der Aufstellung des Bürgermeisterkandidaten Raabe?

Wer von euch ist mit Raabe als Kandidaten glücklich gewesen? Und wer von euch hat sich getraut, etwas dagegen zu tun? Hand auf Herz, wer hat durchgeatmet, als er vom Rückzug des Kandidaten erfuhr?

Damals hieß es, dass der Bürgermeisterkandidat Eigeninitiative ergreifen solle. Es gab keine Findungskommission, wie es sie heute gibt. Es wurde nicht öffentlich beworben, dass ein Bürgermeisterkandidat gesucht wird. Zum Thema Eigeninitiative: der Verdi-Mann Raabe wurde gefragt, ob er nicht kandidieren wolle, das hat er uns auf der Mitgliederversammlung in Rheinkamp gesagt.

Es überrascht mich, dass jetzt unser Landtagsabgeordneter, unser stellvertretender Bürgermeister und Ortsvereinsvorsitzender aus Moers, sich als Bürgermeisterkandidat aufstellen lassen möchte, nachdem die Sache mit Raabe erledigt ist. Wo war die Motivation, als es darauf ankam, den Unmut in der eigenen Partei zu erkennen und zu handeln?

Hat sich die Lage nun mit einem jungen Volljuristen, einem aus euren Reihen, jemand mit Migrationshintergrund, der waschechter Moerser ist und bereit ist aufzustehen und etwas zu sagen, auch dann wenn es ungemütlich wird, so viel verschlechtert?

Wären wir nicht besser gestellt, sowohl einen Moerser SPD Landtagsabgeordneten als auch einen Moerser SPD Bürgermeister zu haben, die in Zusammenarbeit kommunalrechtliche Probleme wie das des Konnexitätsprinzipes anpacken würden? Das Konnexitätsprinzip besagt, dass wenn durch Landesgesetze Aufgaben auf die Städte übertragen werden, das Land dafür zu zahlen habe. Wer erlässt denn die Landesgesetze? Wer ist denn der Gesetzgeber im Land? Es sind die Landtagsabgeordneten!

Ich erinnere mich noch sehr gut an den Landtagswahlkampf. Dem FDP-Lindner wurde vorgehalten, dass dieser für den Landtag kandidiere, obwohl er doch die Intention hatte, in den Bundestag nach Berlin zu gehen. Dies hatte Lindner vor der Wahl öffentlich gemacht. Nun, ihr sollt selbst darüber richten und entscheiden, was ihr davon haltet, dass ein gewählter Landtagsabgeordneter bei einer Schwarz-Gelben Regierung sein Amt niederlegt und damit auch den Wunsch dessen Wähler von ihm im Landtag vertreten zu werden.

Liebe Genossinnen und Genossen, ich habe bereits vor dieser Erklärung von Ibrahim Yetim erklärt, dass ich meine Kandidatur nicht zurückziehen werde. Ich bin ein Mensch, der sein Wort hält und auch standhaft bleibt, wenn es unangenehm werden kann. Und das, liebe Genossinnen und Genossen, beweise ich euch hier und heute zum zweiten Mal! Denn ich werde meine Kandidatur nicht zurückziehen und somit gegen Ibrahim Yetim SPD-intern weiterhin für das Amt des Bürgermeisters kandidieren. Ich möchte euch die Möglichkeit geben, mitzugestalten. Ihr sollt in einer geheimen Abstimmung darüber entscheiden, ob ihr wollt, dass es so weitergeht oder ob sich etwas ändern soll. Ich freue mich auf die nächste Stadtverbandssitzung, in der ich mich euch vorstellen möchte. Ich möchte über meine Beweggründe und meine erarbeiteten Visionen berichten.

Insoweit bedanke ich mich für eure Aufmerksamkeit und wünsche euch noch einen angenehmen Abend. Ich hoffe, dass ich die Party hier nicht zu sehr gecrashed habe.

 Vielen Dank.”

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