März 2020 (Foto: privat)
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Kamp-Lintfort. Wie hoch sind die Sicherheitsleistungen, die die Betreibergesellschaft der Mülldeponie Eyller Berg für eine Rekultivierung zurücklegen muss? Diese und viele weitere Fragen blieben jetzt im Umweltausschuss des Landtags trotz Nachfrage des SPD-Abgeordneten René Schneider leider unbeantwortet.

Der Kamp-Lintforter wollte von der Landesregierung wissen, ob die Summe ausreiche, um nach dem 31. Dezember 2022, wenn die Deponie schließt, alles abzudichten und zu begrünen. Grundsätzlich gebe es zur Höhe der Sicherheitsleistung Vorgaben im Gesetz, der Betrag sei indes „Betriebs- und Geschäftsgeheimnis“ – eine Bewertung, die Schneider nicht teilte. Deshalb prüft das Umweltministerium nun, ob die Höhe der Sicherheitsleistung nicht doch veröffentlicht werden kann. „Wir Steuerzahler möchten wissen, ob das Geld reicht und wer dafür haftet, wenn bei einer fehlerhaften Berechnung der Rest aus Steuergeldern finanziert werden muss. Ohnehin ist die Frage, ob der Betreiber nicht eine Prämie obendrauf legen muss. Sonst hat er doch kein Interesse daran, nach Ende des Geschäfts die notwendigen Arbeiten selber in Auftrag zu geben und abzuwickeln“, findet Schneider. Einfacher sei es dann nämlich, der Aufsichtsbehörde die eventuell ohnehin knapp bemessene Sicherheitsleistung zu überlassen und sich ohne weitere Unannehmlichkeiten zurückzuziehen.

Eine weitere Befürchtung, die Schneider mit der örtlichen Bürgerinitiative „Endlager Mensch“ teilt, ist die, dass die Zahl der Lastwagen in Richtung Eyller Berg zum Endtermin immens steigen könnte. „Wirtschaftlich macht es ja durchaus Sinn für den Betreiber, die Deponie auf Teufel komm raus vollzupacken. Die angekündigten 15.000 Tonnen Ölschlamm aus Niedersachsen sind dafür ein erster Vorgeschmack“, fürchtet der SPD-Abgeordnete. Er bat darum, die Kontrollen entsprechend engmaschig zu führen, damit vor allem keine Überfüllung entstehe. Laut schriftlichem Bericht der Landesregierung werde das Ablagerungsvolumen jährlich kontrolliert, indem die Mitteilung des Betreibers abgeglichen wird mit aktuellen Vermessungsdaten. „Das hilft uns aber nicht weiter, wenn man am 01. Januar 2023 plötzlich feststellt, dass zu viel gekippt wurde. Diese Mengen holt dann niemand mehr zurück“, sagte Schneider der anwesenden Umweltministerin, die versprach, diese und alle anderen offengebliebenen Fragen zeitnah schriftlich zu beantworten.

 

Zusätzlich schrieb die Interessengemeinschaft  Endlager Mensch e.V. an die Umweltministerin von NRW und an die Düsseldorfer Regierungspräsidentin:

Sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin Radermacher (gleichlautend an die Umweltministerin),

mit dieser eMail möchte ich Ihnen als Regierungspräsidentin den Eyller Berg in Kamp-Lintfort einmal etwas näher bringen.

Dieser Berg liegt zwischen Kamp-Lintfort und Rayen. Er war einst 63 Meter hoch, befindet sich je nach betrachtungsweise südwestlich von Kamp-Lintfort und ist etwa 50 km von Düsseldorf entfernt.

Er ist, nein, er war ein eiszeitlicher Inselberg, einst mit Ton, Sand sowie mit feinem Kies gefüllt.

Doch nicht nur Eiszeit und Flüsse haben damals unsere schöne Landschaft am Niederrhein gestaltet, nein, auch der Mensch verändert mit Nutzung und Gewinnsucht immer das Erscheinungsbild.

Durch Auskiesungen entstanden im Eyller Berg tiefe Mulden und letztendlich drei Mülldeponien d.h. eine Hausmülldeponie und eine Ruhrkohledeponie für Waschberge.

Diese beide Deponien werden nicht mehr betrieben und sind nach der 69er Höhenlinie abgedeckt worden.

Die 69er Höhenlinie hat folgende Bedeutung, es ist die tatsächliche Höhe, die der Eyller Berg im Jahr 1969 einmal aufzuweisen hatte.

Die noch betriebene Sondermülldeponie Eyller Berg ist eine Deponie der Klasse III nach Deponieverordnung, d.h. hier werden Sonderabfälle nach dem Stand der Technik abgelagert

Genau diese Deponie hat mittlerweile mit dem Giftmüll der höchsten Gefahrenklasse eine stattliche Höhe von 85 Metern erreicht.

Diese Höhe musste im Jahr 2019 von der Betreiberin EBA (Eyller-Berg-Abfallbeseitigungsgesellschaft mbH) aus Sicherheitsgründen der Sickerwasserrohre auf 74 Meter zurückgebaut werden, was auch geschehen ist.

Danach ist diese Deponie in östlicher Richtung permanent wieder mit Giftmüll auf o. g. Höhe aufgefüllt worden.

Diese kompakten Höhen der letzten Jahre werden auf Nachfrage von Ihrer Bezirksregierung als temporäre Erhöhungen bezeichnet, die dann nach Vergleich von 2015 so erlaubt seien.

Das kann und werde ich so nicht akzeptieren!

Im 2015 geschlossenen Vergleich wurden Vorgaben zur Gestaltung der zukünftigen Deponie-Kubatur festgehalten, die sich insbesondere auf die Höhe der Deponie beziehen.

 

– Gemessen an den Vereinbarungen des Vergleichs: Wie bewertet die Bezirksregierung die aktuelle Gestalt der Deponie?

Bewegt die Kubatur sich im Rahmen der festgelegten Höhenlinien?

Die Gestalt der Deponie ist im Rahmen dessen, was im OVG-Vergleich vom 24.08.2015 festgelegt wurde, so die Antwort aus Düsseldorf.

 

– Vor dem Hintergrund aktueller Überhöhungen:

Hat die Bezirksregierung das Instrument der Sicherheitsleistungen in jüngster Zeit immer richtig genutzt?

Da aktuell ein neuer Deponieabschnitt gebaut und zur Ablagerung freigegeben wurde, steht zurzeit genug Ablagerungsvolumen zur Verfügung, um die Mengen aufzunehmen.

Die Sicherheitsleistungen wurden zurükgegeben aber die Deponie wurde bis heute nicht zurückgebaut!

 

– Im Falle einer Insolvenz der EBA zum 31. Dezember 2022 bzw. in den darauffolgenden Jahren:

Mit welchen Kosten muss das Land rechnen, um den ordnungsgemäßen Abschluss der Deponie nach dem Stand der Technik, insbesondere die Standsicherheit, zu gewährleisten?

 

– Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die Betreiberin sich an das festgelegte Ablagerungsvolumen hält?

Wie stellt sich der derzeitige Soll-Ist-Abgleich dar?

 

– Vor dem Hintergrund, dass die Betreibergesellschaft rund drei Jahre ein genehmigungsfähiges Oberflächenabdichtungssystem erarbeitet:

Wie ist der Stand dieses Konzeptes, insbesondere hinsichtlich der Betonitmatten?

 

– Wie weit sind die Vertraglich fixierten Schritte bereits realisiert respektive wie sieht der aktuelle Zeitplan aus?

Nach meinem Wissensstand sind keine der Vorgaben umgesetzt worden!

 

– Wird die Rekultivierung der Deponie innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der Ablagerungsphase abgeschlossen sein?

Diese Frage kann mir nach heutigem Stand keiner beantworten!

 

Aktuelle Information

Die angekündigten Bohrschlämme aus der Bohrschlammgrube “Rühlermoor” aus Niedersachsen schlagen dem Faß den Boden raus!!!

Kommen diese gefährlichen Stoffe jetzt als Sahnehäubchen noch oben auf die Deponie?

 

Zu den vorgenannten Punkten möchte ich gerne wie folgt Stellung beziehen:

Alle Erhöhungen der Deponie haben sich an Inhalte des geschlossenen Vergleichs von 2015 zu orentieren.

Weder Inhalte noch Vorgaben sind von der EBA bis heute eingehalten noch erfüllt worden, so meine Wissensstand..

Seit zweieihalb Jahren wird auf dieser Deponie soviel Giftmüll umgelagert und aufgehaldet, wie in den letzten zwanzig Jahren nicht mehr!

Von festgelegter Höhenlinie und Kubatur kann hier zurzeit keine Rede mehr sein.

Das Ablagerungsvolumen ist nach meiner Meinung längst überschritten, denn wenn die Überhöhungen, die auf 85 Meter angestiegen sind und auf das 69er Höhenniveau abgetragen werden müssen, dann ist die Deponie meines erachtens bis zum Rand voll.

Diese Deponie ist in den letzten Jahren mit Giftmüll der höchsten Gefahrenklasse stetig mit viele Umlagerungen enorm angewachsen.

Hat Ihre Bezirksregierung, deren Präsidentin Sie sind, hier als Aufsichtsbehörde nicht kläglich versagt?

So sehen es jedenfalls die Anwohnerinnen und Anwohner rund um den Eyller Berg in Kamp-Lintfort.

Genau die vorab genannten Höhen treiben die Anwohnerinnen und Anwohner wieder in eine gesundheitliche Verzweiflung.

Ihre Stimmen werden immer aggressiver und verbal auch an mich herangetragen, deren Wortlaut ich hier lieber nicht niederschreiben möchte.

Hier nun ein Auszug der sachlichen Äußerungen.

Warum diese Höhen, ist diese Giftmülldeponie bereits überfüllt?

Das habe ich 2015 schon in der Presse gelesen!

Das ist richtig so, die Bezirksregierung Düsseldorf hat die Deponie kurz vor dem Vergleich vermessen lassen und damals schon festgestellt, diese Deponie ist voll!

Hat die Deponie noch Kapazitäten frei, dass die derzeitigen Überhöhungen an Giftmüll auch noch abgelagert werden können?

Gehen die derzeitigen 85 Meter konform mit der zulässigen Marke von 63,9 m NN im Vergleich von 2015?

Der geschlossene Vergleich beinhaltet außerdem auch Auflagen für die Betreiberin EBA, inwieweit sind diese Auflagen bis heute erfüllt worden?

 

Dies alles war für mich Anlass genug, dem Umweltministerium NRW, Ihrer Bezirksregierung in Düsseldorf und der Betreiberin der Deponie die gleichen schriftlichen Fragen in Bezug der Höhe und der Inhalte des Vergleichs von 2015 zu stellen.

Von Ihrer Behörde fehlt mir bis heute jede Antwort auf meine Fragen.

Nach der Auswertung der vorhandenen Antworten über den jetzigen Zustand der Deponie haben ich feststellen müssen, dass es hier nicht nur am Eyller Berg auch inhaltlich der Antwortschreiben im wahrsten Sinne der Worte, gen Himmel stinken könnte.

Wir müssen etwas tun, ja, wir werden als Interessengemeinschaft für die Gesundheitssicherheit der Anwohnerinnen und Anwohner einen großen Schritt gehen, bevor der Giftmüll uns um die Ohren fliegen könnte.

Die Medien von Boden, Staub und Grundwasser müssen nach den enormen Um- und Auflagerungen der hochgiftigen Substanzen der letzten Jahre von einem neutralen Institut komplett neu untersucht werden!

Die Bürgerinnen und Bürger, die sich rund um die Giftmülldeponie ihren Lebensmittelpunkt eingerichtet haben, die benötigen sofort und auch über das Deponie-Ende 2022 hinaus eine Gesundheitssicherheit!

Ihre Vorgängerin im Amt, die Regierungspräsidentin Anne Lütkes, hat 2015 bei der Vorstellung des Vergleichs im Kamp-Lintforter Rathaus einmal folgendes gesagt:

Wir haben einen tollen Vergleich hinbekommen und jetzt ein Instrument in der Hand, wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden, können wir sie einklagen!

Zur Klärung aller Fragen werden wir als IG jetzt zwei Wege mit einem Ziel beschreiten.

 

Die Kamp-Lintforter SPD hat es schon einmal wie folgt auf den Punkt gebracht:

“Wir wollen jetzt Klarheit und müssen uns zwischen “Matterhorn oder Eyller Berg” entscheiden.”

Die Menschen hier vor Ort haben sich eindeutig gegen ein Matterhorn entschieden!

 

Dankbar für eine Antwort
mit gesunden Grüßen aus Kamp-Lintfort

Lutz Malonek

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