Die elfjährige Cara lernt derzeit am heimischen Rechner. „Ich bin froh, wenn wir wieder zur Schule gehen dürfen“, sagt sie (Foto: privat)
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Goch. 25 internationale Schüler müssen im Internat bleiben

Das Logo ihrer Schule prangt auf dem Pulli der elfjährigen Cara. „Collegium Augustinianum Gaesdonck“ ist in weißen Lettern zu lesen, während sie zuhause, zwischen Uedem und Louisendorf, im Wohnzimmer am Computer sitzt. Auch wenn sie derzeit nicht jeden Morgen zu dem altehrwürdigen Gebäude an der niederländischen Grenze fahren kann, bestimmt die Schule dennoch ihren Alltag. „Sechs bis acht Stunden am Tag muss ich mindestens lernen“, erzählt sie im Video-Chat. Lernvideos werden von den Lehrern geschickt, Arbeitsblätter und Lektüren. Und auch Aufgabenblätter, die innerhalb einer festgelegten Zeit bearbeitet, eingescannt und in dem Lernportal wieder hochgeladen werden müssen. „Das ist manchmal ganz schön anstrengend“, gibt Cara zu.

Währenddessen sitzt Dr. Markus Oberdörster, Direktor der Gaesdonck, in seinem Büro am Schreibtisch. „Es ist schon sehr ruhig hier, eine seltsame Atmosphäre“, beschreibt er die ungewohnte Situation. Schul- und der größte Teil des Internatsbetriebs sind eingestellt, doch 25 internationale Schülerinnen und Schüler, die nicht in ihre Heimatländer zurückreisen konnten, bleiben auch in der Krisenzeit behütet in der Gaesdonck. „Wir haben gegenüber unseren gestrandeten Schülern einen Fürsorge- und Aufsichtspflicht“, betont Oberdörster. Also gibt es nach wie vor – natürlich unter Beachtung der aktuellen Regeln – feste Zeiten zum Mittagessen und für das Lernen. „Das Leben hier hat nach wie vor eine Struktur“, sagt der Direktor.

Die muss sich auch Cara zuhause schaffen und, unterstützt von ihrer Mutter, die Zeit für die unterschiedlichen Fächer einteilen. Nicht immer leicht, wenn sie sich gerade richtig in ein Thema vertieft hat, aber noch weitere Aufgaben warten. Ausgleich gibt es in der „großen Pause“, die tatsächlich länger ausfällt als üblich. Gegen Mittag wartet Manolo auf Cara – auf dem Rücken ihres Ponys sind Matheaufgaben und Gedichtinterpretationen schnell vergessen.

Ob das Lernsystem über das Internet funktioniert, können die Lehrerinnen und Lehrer der Gaesdonck jederzeit kontrollieren. Mit wenigen Klicks wissen sie, wie viele ihrer Schützlinge gerade Daten abrufen oder hochladen. „Wir haben hier ein sehr engagiertes Lehrerkollegium, welches sich aktiv mit dem digitalen System auseinandersetzt und sich Mühe gibt, es mit interessanten Inhalten zu füllen“, erklärt Direktor Oberdörster. Und ergänzt: „Natürlich ersetzt es nicht den Unterricht. Aber es hilft. Die Schülerinnen und Schüler sind permanent mit Aufgaben versorgt.“ Dem Anspruch der Exzellenz, dem sich die Gaesdonck verschrieben habe, werde man so zumindest zum Teil auch in Zeiten der Krise gerecht. Mit dem System der Lernplattform arbeiten viele der Lehrinnen und Lehrer schon seit längerem, das sei nun positiv spürbar. Wichtig sei die Möglichkeit, dass Schüler und Lehrer auch für konkrete Nachfragen in Kontakt stehen können.

Dennoch ist das Lernen anders, sagt Cara. „Bei neuen Themen ist es kompliziert, sich das alles selbst beizubringen“, hat sie gemerkt. Zum Beispiel, wie man ein Gedicht nach dem Vorbild eines „Elfchens“ schreibt. Jede Zeile hat eine feste Anzahl von Wörtern, jede Strophe einen vorgegebenen Aufbau. Immerhin das Thema ist schnell gefunden. Wenn schon ein Gedicht, dann über das Pony Manolo. Später wird sie vielleicht noch mit einer Freundin skypen und die Ergebnisse vergleichen. „Wir dürfen uns ja nicht treffen“, sagt Cara – und wirkt zum ersten Mal traurig. „Ich bin froh, wenn wir wieder zur Schule gehen dürfen. Ferien sind ja schön. Aber jetzt haben wir ja keine Ferien, sondern müssen alleine zuhause lernen und können keine Freunde treffen“, sagt sie schließlich.

Auch die „gestrandeten“ Internatsschüler müssen ihren Alltag ohne Freunde und Verwandte gestalten. „Das klappt nach meiner Beobachtung gut“, berichtet Oberdörster. Das weitläufige Gelände um die Schule werde für ausgiebige Spaziergänge genutzt, die große Wiese, um eine Portion Sonne zu tanken. Und das alte Oratorium erfreue sich größter Beliebtheit: „Es wird ständig musiziert, einige Schüler verbringen viel Zeit mit ihren Instrumenten“, hat der Direktor festgestellt. Er zieht sein Fazit: „Es ist ein interessantes Miteinander, das wir hier erleben.“

Info

Auch wenn noch nicht klar ist, wann der Regelbetrieb in Schule und Internat wieder aufgenommen werden kann, steht die Gaesdonck Mädchen und Jungen, die das bischöfliche Internatsgymnasium besuchen möchten, Rede und Antwort. Sowohl Schulleiterin Doris Mann als auch Internatsleiter Michael Gysbers stehen via Skype oder FaceTime zu individuellen Online-Beratungen zur Verfügung. Weitere Informationen gibt es auf der Seite www.gaesdonck.de

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