Der parteilose Bürgermeisterkandidat der SPD, Ralf Köpke (Foto: Frank Brouren)
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Kreis Wesel. Der unabhängige Bürgermeisterkandidat der SPD Neukirchen-Vluyn, Ralf Köpke, und der Landtagsabgeordnete René Schneider kritisieren die geplante Öffnung aller Grundschulen in NRW ab dem 15.06. für alle Schüler mit drastischen Worten.

„Als ich die Schulmail Nr. 23 vom Ministerium gelesen habe, in dem die Rückkehr aller Grundschüler in NRW ab dem 15. Juni angekündigt worden ist, habe ich erst an einen schlechten Scherz geglaubt. Auch die ca. 900 Neukirchen-Vluyner Grundschüler werden nun quasi vom Ministerium in Geiselhaft genommen und als Versuchskaninchen missbraucht“, betont Köpke. „Abstandsregeln und die Vermeidung von Infektionsketten sollen keine Rolle mehr spielen“, moniert Köpke weiter.

Die hart erarbeiteten Konzepte auch der Schulleitungen und der Lehrer in Neukirchen-Vluyn mit einem Mix aus tageweisem Präsenzunterricht und Lernen auf Distanz würden nun einfach umgeworfen. Das steht nach Auffassung von Ralf Köpke angesichts von nur noch zwei Wochen bis zum Beginn der Sommerferien in keinem Verhältnis zum Nutzen. „Hygiene und Schutzkonzepte, Abstandsregelungen, das alles soll ab dem 15.06. nicht mehr gelten, die Kinder sollen wieder mit bis zu 28 Schülern in zu enge Klassenräume gesteckt werden, Lehrpersonal fehlt, hier erklärt gerade eine Ministerin die Corona-Pandemie für beendet. Das ist aus meiner Sicht eine Bankrotterklärung von Bildungspolitik“, erklärt Köpke abschließend.

Als gefährlichen Aktionismus hat der SPD-Landtagsabgeordnete René Schneider die Ankündigung von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer bezeichnet, wonach alle Grundschulen ab dem 15. Juni wieder in vollem Umfang öffnen sollen. „Bis zu 30 Kinder werden in einer Klasse ohne Mindestabstand unterrichtet werden. In dreizügigen Schulen spielen in den Pausen dann rund 300 Kinder miteinander, weil man sie gar nicht voneinander trennen kann. Wofür das kurz vor den Ferien gut sein soll, weiß keiner“, kritisiert Schneider.

Der Vater zweier schulpflichtiger Kinder sieht selbst keinen Sinn darin, für zehn Schultage vor den Ferien so etwas wie Normalität vorzugaukeln. Das sei Aktionismus, der gefährlich nach hinten losgehen könne. „Nur mal angenommen, ein Kind infiziert sich oder andere. Danach dürfen die Familien unter Umständen bis zu vier der sechs Ferienwochen in Quarantäne verbringen“, warnt Schneider. Außerdem gebe es in vielen Kollegien zig Lehrerinnen und Lehrer, die Risikogruppen angehörten und deshalb nicht unterrichten werden. So werde die Belastung für das verbliebene Lehrpersonal noch größer.

Der Landtagsabgeordnete hätte es besser gefunden, jetzt schon einen Plan für das neue Schuljahr vorzulegen, das Anfang August beginnt. Auf diesen könnten sich dann Schulleitungen, Lehrer, Eltern und Schüler ausreichend einstellen: „So überrascht die Schulministerin nur wieder mit einer Entscheidung, die niemand versteht, während eigentlich alle auf ein Signal fürs neue Schuljahr warten.“

Kommunikationschaos beenden – Schulen brauchen klares Konzept für Schulbetrieb
Wenn dieses Schuljahr Ende Juni endet und am 11.8.2020 ein neues beginnt, brauchen Eltern, Schüler, die Schulen und die Schulträger ein verlässliches Konzept, wie Unterricht in Corona-Zeiten gestaltet werden kann, fordert die SPD-Fraktion im Weseler Kreistag.

„In der Hochphase der Corona-Krise stiftete Bildungsministerin Gebauer mehr Verwirrung statt Orientierung. Nicht nur wurde eine Anweisung von ihr kurze Zeit später von Ministerpräsident Laschet einkassiert. Schlimmer noch waren die wöchentlichen Erlasse der Ministerin, die darin gipfelten, dass die Durchführungsbestimmungen hierzu regelmäßig erst am späten Freitagabend versandt wurden. Lehrer, Eltern und Schüler mussten diese dann am nächsten Schultag sofort umsetzen“, begründet Richard Stanczyk, schulpolitischer Sprecher der SPD im Kreis, seinen Unmut mit der NRW Landesregierung.

Sein ausdrücklicher Dank geht daher an die Lehrer, die Eltern, die Schüler und die Schulträger vor Ort. Diese hätten es im Kreis Wesel sowie in ganz NRW trotz der widersprüchlichen und nicht ausreichenden Landesunterstützung tatsächlich gemeinsam geschafft, einigermaßen vernünftigen Unterricht zu ermöglichen. Viele Eltern seien in den letzten Wochen durch gleichzeitige Kinderbetreuung und Arbeit von zu Hause aus an ihre Belastungsgrenze gekommen. Die Sorge um die Arbeit und um die Gesundheit der Familie kam noch dazu.

Nicht nachvollziehbar hält Stanczyk, Kreistagsmitglied aus Neukirchen-Vluyn, die Anweisung der Schulministerin, dass für zehn Schultage die NRW-Grundschulen zum Regelbetrieb noch vor den Sommerferien zurückkehren sollen. Bis zu 30 Kinder in einer Klasse, um so noch einmal “den vertrauten Unterricht zu erleben”. Lehrergewerkschaften und Bundeselternschaften seien strikt dagegen, Lehrer aus den Risikogruppen fehlten. Alle bisherigen komplizierten Planungen seien damit mal wieder über den Haufen geworfen. Das Kommunikationschaos müsse beendet werden, damit Schulen, Schüler, Eltern und die Schulträger wieder Ordnung, Orientierung und klare Strukturen haben.

Der schulpolitische Sprecher der SPD sieht zudem gesundheitliche Risiken. Stecke sich ein Kind bis zum Beginn der Ferien an, „dürfe“ es zusammen seiner Familie bis zu vier Wochen in Quarantäne bleiben. Sein Kommentar: „Schöne Ferien!“

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