Erika Thomassen feiert am 20. Juni ihren 100. Geburtstag (Foto: Jürgen Thomassen)
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Krefeld. Die Krefelderin Erika Thomassen feiert am Samstag, 20. Juni, ihren 100. Geburtstag. Die Jubilarin wurde als Erika Elisabeth Erkens in Ludwigshafen geboren. Ihre Mutter, Johanna Erkens wurde ebenfalls fast 100 Jahre alt, sie starb kurz vor Vollendung ihres 100. Geburtstags im Jahr 1994. Im selben Jahr starb auch Erika Thomassens Ehemann Heinz, mit dem sie über fünfzig Jahre verheiratet war. Das Ehepaar zog gemeinsam zwei Söhne groß.

Vor dem Krieg arbeitete Erika Thomassen als Fotolaborantin bei „Foto Knipscher“ auf dem Ostwall in Krefeld. Ab 1947 unterstützte sie ihren Ehemann, nach dessen Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft, beim Aufbau einer Textildruckerei und färberei. Mit einem Volkswagen lieferte Erika Thomassen damals die fertige Ware an Kunden oder holte zu veredelnde Rohware bei ihnen ab, wenn sie nicht noch neben der Betreuung der Kinder im Betrieb mithalf. Aufgrund ihrer sportlichen Fahrweise, nannte man sie schon bald die „rasende Erika“ – gab es doch im Jahr 1948/1949 weder eine innerörtliche Geschwindigkeitsbegrenzung noch elektrische Ampeln. „Immerhin stand an der Ecke Ostwall/Rheinstraße Jupp Dillmann Senior, der Vater des Gründers der „Rhenania-Allee“, in einem erhöht stehenden Häuschen inmitten der Kreuzung und regelte durch Handzeichen den noch spärlichen Verkehr“, erinnert sich die Jubilarin.

Verzweifelten andere an ihrem Schicksal schien Erika Thomassen mit den Herausforderungen und Erschwernissen ihres Lebens immer stärker zu werden: Den Bomberhagel 1943 auf Krefeld hat sie schwanger überstanden und war 1944 mit ihrem Neugeborenen nach der Detonation einer Luftmine in der Nähe des Uerdinger Krankenhauses im Keller für etliche Zeit unter Trümmern begraben. Verständlich war danach die Flucht mit ihrer Mutter und ihren zwei kleinen Kindern zu einer Schwester der Mutter nach Annaberg-Buchholz im Erzgebirge, um dann sogleich 1945 vor den heranrückenden Russen, mit Kindern, der Mutter und einem „Bollerwagen“ zu Fuß die abenteuerliche Rückflucht Richtung Westen anzutreten. Nach einigen Monaten erreichte die Familie letztlich, körperlich unversehrt, das Ruhrgebiet. Der Weg zurück nach Uerdingen ging dann relativ schnell und einfach vonstatten. Hier lebten alle unter einem Dach, bis Heinz Thomassen in Bockum das Haus und den Betrieb hergerichtet hatte.

Neben all den Entbehrungen und Erschwernissen, waren es vor allem Tiere, die Erika Thomassen Lebensfreude vermittelten. In der Reitschule Wellpot, damals auf der Kaiserstraße am Kaiserpark, lernte sie das Reiten und stellte dort ihr erstes Pferd unter, dem dann später noch ein zweites folgte. Immer umgab sie auch ein Hund. Zuletzt kommunizierte sie gerne mit ihrem Wellensittich. Nie verloren hat die Seniorin ihr Interesse am Autofahren. Bis vor wenigen Jahren fuhr sie noch eine „heiße Kiste“, einen Toyota Korolla mit 16 Ventilen, bis sie auf ein „ruhigeres“ Modell umsattelte. Bis zum Alter von 97 Jahren machte sie noch ihre Einkäufe per Auto und fuhr auch zuletzt noch reaktionssicher und routiniert. Nach einem Sturz in ihrer Wohnung hat sie das Fahren aufgegeben und ihr Auto verkauft.

Seit Februar 2019 bewohnt Erika Thomassen ein Einzelzimmer in einem Seniorenzentrum in Hüls. Sie legt nach wie vor großen Wert auf ein gepflegtes Äußeres und nimmt sich ausreichend Zeit für ihr tägliches Styling. Ihren 100. Geburtstag begeht sie der Corona-Situation angemessen. Sie ist und war sowieso nie eine Freundin großen Aufhebens. Sicherlich wird sie jedoch den Geburtstag im Kreis der Familie erleben, zu der mittlerweile auch drei Enkel und sechs Urenkel gehören.

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