Sabine und Harald Lenßen mit v.l. Meghan, Hope und Kate (Foto: Christian Voigt/LokalKlick)
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Neukirchen-Vluyn. Am Tag nach der Stichwahl wird er nicht im Rathaus von Neukirchen-Vluyn sitzen, denn Harald Lenßen möchte doppelt feiern. Am 28. September wird der Bürgermeister 60 Jahre alt und er könnte die Bürgermeisterwahl zum dritten Mal für sich entschieden haben. Woher nimmt der gebürtige Moerser die Kraft trotz eines 12 und mehr Stunden langen Tages mit Wochenendterminen, sich jeden Tag erneut zum Wohle der Neukirchen-Vluynerinnen und -Vluyner einzusetzen?

Coronabedingt hat Lenßen durch das Ausfallen der Abendtermine mehr Zeit für seine vier Damen. Seit seiner Heirat im Jahr 1982 lebt Lenßen mit seiner Frau Sabine in Neukirchen-Vluyn, zurzeit Toben, Spielen und Raufen nicht mehr die inzwischen erwachsenen Zwillinge Dennis und Melissa im Familiengarten in Vluynbusch. Hope, Kate und Meghan, drei attraktive Golden Retriever-Damen, beanspruchen intensiv die große Fläche um das ehemalige Forsthaus. Die Mittagspause nutzt das Herrchen um Abstand von der Verwaltungsarbeit zu erhalten und dreht eine große Gassi-Runde durch Wald, Feld und Fauna. Wann immer es die Zeit zulässt, unterstützt Harald Lenßen seine Frau Sabine bei der Zucht der Golden Retriever „of Ginas home“. Die drei Fellnasenladies aus der Jagd- und Arbeitslinie der Retriever benötigen nicht nur ausgiebige Spaziergänge und kleinere Fahrradtouren abwechselnd am Lenker oder im Anhänger – das sogenannte Dummytraining zur Förderung der Apportier- und Lernfreude fordert Frauchen, Herrchen und die Hündinnen gleichermaßen.

Doch bevor die Familie Lenßen sprichwörtlich auf den Hund gekommen ist, regierte beim heutigen Bürgermeister der König Fußball die Tagesabläufe. Bei Rot-Weiß Moers begann die kurze recht erfolgreiche Fußball-Laufbahn in der Jugendzeit im Mittelfeld, beim VFB Homberg spielte Lenßen sogar in der Niederrheinliga. Dabei bestach er nicht unbedingt durch Schnelligkeit, sondern durch seine Technik und Übersicht. Bei Weltstars, wie Lenßens Vorbild Günter Netzer aus seinem Lieblingsverein, den Mönchengladbachern Fohlen, würde man jetzt sagen: Er kann ein Spiel lesen. Beim Namen Netzer gerät Harald Lenßen nach wie vor, wie in den 70igern, ins Schwärmen: „Er war ein großes Vorbild, im Leben wie im Sport. Seine Art, die Bälle zu verteilen, hat nach ihm keiner mehr so genial und schlitzohrig hinbekommen.“ Bevor bei Lenßen selbst das Verletzungspech als Verteidiger bei den Rheinhausener Senioren einsetzte, wurde er in die Kreisjugendauswahl berufen. Die nächsten Stationen waren zunächst noch aktiv als Hobby-Spieler und später als ehrenamtlicher Schatzmeister beim SV Neukirchen. „Finanztechnisch war ich natürlich als Sparkassenbetriebswirt die begehrte Idealbesetzung“, erklärt Lenßen über sein 10-jähriges Engagement während der Landesliga-Epoche des SV. Wenn Harald Lenßen heutzutage für einen Neukirchen-Vluyner Verein die absoluten Freiheiten für Spielereinkäufe hätte, dann würde seine Mannschaft aus Typen wie Philipp Lahm, dem Kaiser, einem genialen Mittelfeld mit Wolfgang Overath, natürlich Günter Netzer, Kai Havertz, „Hacki“ Wimmer sowie um die Schalker Urgesteine Erwin Kremers, Klaus Fischer und Stan Libuda bestehen. Insgesamt eine sehr offensive Ausrichtung, nur bei der Besetzung zwischen dem Alugehäuse schwankt Lenßen zwischen Wolfgang Kleff und Manu Neuer.

Politisch orientiert sich Harald Lenßen gerne an Angela Merkel, der man als „Kohls Mädchen“ nie den Aufstieg zur Kanzlerin mit dem aktuellen internationalen Standing zugetraut hätte. Wenn Lenßen Entscheidungen trifft, muss er wie Merkel mindestens eine Nacht drüber geschlafen haben. „Dann kann ich wie unsere Kanzlerin ausgewogen dazu stehen und dafür kämpfen. Sie ist belastbar und ausgeglichen“, gesteht Neukirchen-Vluyns Erster Bürger anerkennend zu dem, was die ehemalige CDU-Chefin aus Helmut Kohls Vertrauen gemacht hat.

Ab und an greift der Bürgermeister zum Buch, momentan liest er Sebastian Fitzek, aber nordische Krimis stehen weit oben auf der Beliebtheitsskala. Damit Harald Lenßen – wie von sich selbst gewünscht – authentisch, belastbar, kämpferisch, ideenreich, ausgewogen und ausgeglichen in eine dritte Amtszeit gehen kann, beschäftigt er sich neben den Hunden viel auf dem fast 4000 qm-großen Areal mit Hundeplatz an der Geldernschen Straße. „Mein Sportplatz ist mein Garten, hier kann ich mich beim Rasenmähen, Holzhacken, Teichpflege, Unkrautjäten und vielen kleinen Aufgaben beschäftigen und verausgaben“, teilt Lenßen schon mit dem Blick auf seine abendliche Aufgabe mit – das heftige Gewitter in der Vornacht führte zum Stromausfall für die Teichpumpe. Lenßen kann sich bei der anstehenden Entalgung und Entschlammung des Teichs besser entspannen und Kräfte sammeln als zum Beispiel beim Musik hören, Theater oder Musicals besuchen. Er sieht sich auch in seiner eingeschränkten Freizeit mehr als Macher.

Christian Voigt/LokalKlick

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