(Foto: privat)
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Mönchengladbach. Janine Noll arbeitet auf der Intensivstation des Eli

Janine Noll muss nicht lange nachdenken. Für sie ist es völlig normal und richtig, dass sie neben der medizinischen Versorgung der PatientInnen auch Nähe zulässt: „Der Gesprächs- und auch der Körperkontakt ist sehr wichtig. Gerade bei Patienten die Ängste haben, die Luftnot haben, sogar Todesangst.“ Die 40-Jährige ist seit 2014 im Eli und arbeitet seit drei Jahren auf der Intensivstation der Städtischen Kliniken. Im Augenblick absolviert sie die Zusatzausbildung zur Intensiv- und Anästhesieschwester.

Die körperliche Belastung auf der Intensivstation sei ohnehin schon groß, trotz der Hilfen wie die der modernen Deckenlifter, in diesen Monaten sei sie noch um einiges höher: „Ich trage Maske, bin total vermummt. Handschuhe, der komplette Corona-Schutz. In manchen Fällen bin ich bis zu acht Stunden im Zimmer der Patienten. Mal eben ausschleusen, um zur Toilette zu gehen, oder eine kleine Pause zu machen, geht dann nicht immer so einfach. Gerade auch dann nicht, wenn es dem Patienten nicht so gut geht.“ Janine Noll versucht sich vorzustellen was es für die PatientInnen bedeuten mag, immer nur von jemandem versorgt zu werden, der komplett abgeschottet ist: „Ein Händedruck mit Handschuh kann nicht wirklich ermutigend wirken.“

Bevor sie ihre Arbeit am Patienten beginnt, stellt sie sicher, dass sie alle Medikamente und die Utensilien, die sie für die Pflege braucht, vor dem Betreten der Zimmer beisammen hat: „Es gibt zwar Springer, die uns Fehlendes bringen, aber die haben ebenfalls ihre Patienten außerhalb des Corona-Bereichs und werden somit doppelt belastet. Das wollen wir natürlich vermeiden.“

Die zweifache Mutter reizt die Vielfalt ihrer Arbeit. Jeder Tag sei anders, an jedem Tag lerne sie Neues. Auch wenn sich die Aufnahmediagnosen gleichen würden, jeder Verlauf sei anders. Neben der Arbeit mit Corona-Patienten sehen sie und ihre KollegInnen die ganze Bandbreite: Herzinfarkte, Alkoholmissbrauch, Suizidversuche, Vergiftungen, Stoffwechselentgleisungen, frisch Operierte. „Mich fasziniert die medizinische Vielfalt, aber ich schätze auch die Eigenverantwortung die ich einbringen kann. Ich versuche den Menschen ganzheitlich zu sehen, also auch seine seelische, psychische Verfassung. Und ich freue mich, dass ich einen ganz anderen Kontakt zu meinen Patienten habe“, erklärt sie.

Gerade die psychische Stabilität der Menschen in der Coronazeit zu unterstützen, sei ihr wichtig: „Ich bin doch deren nahezu einzige Bezugsperson.“ Auf einer normalen Station sei das Pflegepersonal für 20 Personen und mehr zuständig, auf der Intensivstation seien es dagegen deutlich weniger.

Janine Noll gehen die Leiden und Schicksale der PatientInnen zwar nahe, aber sie hat für sich eine innere Balance geschaffen: „Krankheit, Tod und Trauer gehören nun mal zum Leben dazu. Ich habe akzeptiert, dass ich das nicht ändern kann.“ Ihr gehe es nicht bei jedem Menschen so, den sie auf der Intensivstation erlebt, aber Weinen gehöre für sie als Erfahrung durchaus dazu: „Damit ist es mir unter anderem möglich, einen Abschluss zu finden.“

Hinzu komme, sich möglichst oft zu hinterfragen, warum man welche Arbeit wie macht. Das helfe eigene Grenzen zu erkennen und einzuhalten. Ihre Kolleginnen und Kollegen spielten dabei eine entscheidende Rolle: „Das Team ist großartig. Wir kümmern uns umeinander und unterstützen uns. Wir fragen: was kann ich für dich tun? Du siehst erschöpft aus. Wir reden viel miteinander. Das hilft enorm.“

Trotz aller Belastung zieht Janine Noll auch viel Positives aus ihrer Arbeit auf der Intensivstation des Eli: „Ich kann den Menschen nicht nur mit Medikamenten helfen, sondern ihnen mit meiner, durchaus auch körperlichen Nähe, etwas für ihre seelische Gesundheit mitgeben.“ Sie denkt dabei an einen Patienten, der ihr genau das erst vor ein paar Tagen gesagt hat.

Viel Zeit für das entspannte Lesen eines historischen Romans hat sie derzeit allerdings nicht. Durch Corona habe sich nicht der Alltag in der Klinik verändert, auch zuhause hätten sich die gewohnten Abläufe verschoben, hinzu komme das Lernen fürs Fachexamen: „Ich schlafe halt viel im Moment.“

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