Mechthild Schulten (re.), Gesamtleiterin des Hospizzentrums St. Raphael, nimmt den prall gefüllten Restcentspendensack von Tanja Hake entgegen, die den Kinder- und Jugendhospizdienst als Empfänger der DVV-Restcentspende gemeinsam mit weiteren Kollegen vorgeschlagen hatte (Foto: Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (DVV))
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Duisburg. „Kleinvieh macht auch Mist“ heißt es sprichwörtlich, wenn man auch kleinste Geldbeträge akribisch sammelt und sie sich mit der Zeit zu einer stattlichen Summe anhäufen. Vereinfacht gesagt ist das auch die Idee hinter der Aktion „Restcentspende“ der Mitarbeiter der Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (DVV) und all ihrer Tochtergesellschaften. Hunderte Mitarbeiter beteiligen sich und lassen Monat für Monat ihr Nettogehalt auf den nächsten vollen Euro abrunden und spenden die so gesammelten „Restcents“ an eine karitative Einrichtung in Duisburg.

Ein Spendenempfänger darf sich immer zwei Jahre in Folge über die Spende der DVV-Mitarbeiter freuen. Die Restcent-Sammlung aus dem Jahr 2020 mit 6.093,59 Euro bekommt zum ersten Mal der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst St. Raphael der Malteser in Duisburg. Seit 15 Jahren begleitet der Dienst Familien mit Kindern, die an einer lebensverkürzenden Krankheit leiden. Zwei hauptamtliche Mitarbeiter und 22 ehrenamtliche Kräfte unterstützen derzeit 21 Familien in Duisburg, die mit einer solch schlimmen Diagnose konfrontiert sind. „Oft gibt es in den Familien mehr als ein Kind. Aber viel Zeit und Aufmerksamkeit wird für die Betreuung des erkrankten Kindes gebraucht. Die Geschwisterkinder fallen dann hinten rüber. Unsere Ehrenamtler sind oft auch für diese Kinder da“, erläutert Walter Tewes, Leiter des ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienstes.

Finanziert wird die Arbeit des Kinder- und Jugendhospizdienstes über die Krankenkassen, allerdings nur zu einem Sockelbetrag. Alles, was darüber hinausgeht, muss über Spenden ermöglicht werden. Auch schon die einfachsten Dinge können dann manchmal zum Problem werden, selbst wenn es nur ein DVD-Player oder eine neue Kommode für Anziehsachen ist. „Leider ist Krankheit, vor allem schwere Krankheit, oft teuer und für die Eltern zeitintensiv. Manchmal kommen die Familien dann auch in finanzielle Nöte. Um dann zu helfen, auch bei ganz einfachen Dingen, sei es mal ein Besuch in einer Eisdiele oder ein kleiner Familienausflug, sind wir auf Spenden angewiesen“, so Tewes.

Aber nicht nur die Betreuung der Familien ist eine der wichtigen Aufgaben von Walter Tewes und seinen Mitarbeitern. „Wir sind auch Ansprechpartner für Familien, in denen es einen Trauerfall gibt und die Unterstützung bei der Trauerarbeit mit den Kindern brauchen“, so Tewes. Dafür gibt es regelmäßig Gruppenangebote, um Kinder dabei zu begleiten, einen Verlust zu verarbeiten. Normalerweise. Die Pandemie macht auch diese wichtige Arbeit unmöglich. All diese Angebote sind aber komplett spendenfinanziert. „Kindertrauerarbeit muss kostenlos sein, sonst ist die Hemmschwelle für viele Hilfebedürftige in Duisburg leider zu hoch. Diese Arbeit müssen speziell ausgebildete Kinder-Trauerbegleiter machen und die müssen natürlich bezahlt werden“, erklärt Tewes.

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Spendensumme der DVV-Mitarbeiter sogar noch einmal erhöht, denn immer mehr Mitarbeiter beteiligen sich an der freiwilligen Spendenaktion. Insgesamt 609.359 Cents sind im Jahr 2020 zusammengekommen – das sind rund 500 Euro mehr als im Jahr zuvor. „Wir freuen uns riesig über die Spende der DVV-Mitarbeiter. Im Moment ist unsere Arbeit durch die Corona-Schutzmaßnahmen sehr stark eingeschränkt. Wenn aber Begegnungen wieder möglich sind, wollen wir wieder ein Treffen aller Familien, die wir begleiten, organisieren. Diese Treffen bedeuten für die Familien unglaublich viel. Es sind Momente der Unbeschwertheit, Begegnungen voller Freude und vor allem Treffen mit anderen, die das eigene Schicksal nachempfinden können“, erklärt Tewes.

Vorgeschlagen wird der Spendenempfänger von den Mitarbeitern des DVV-Konzerns. Tanja Hake, Mitarbeiterin im IT-Bereich des DVV-Konzerns, hatte ebenso wie ihre Kollegen Anette Sickmöller und Bastian Bertl den ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst angeregt. „Das Hospiz St. Raphael ist nicht nur ein Ort zum Sterben, es ist ein Ort des Lebens – voll Würde, Achtung, Lachen und Weinen, der den Scheidenden und die Zurückbleibenden so aufnimmt, dass es gut tut“, sagt Tanja Hake.

Angeregt hatte die Aktion „Restcentspende“ bereits im Jahr 2010 eine Gruppe Mitarbeiter der damaligen Stadtwerke Duisburg Netzgesellschaft mbH, heute Netze Duisburg GmbH. Mitarbeiter aus diesem Bereich schlugen damals auch den ersten Empfänger der Restcentspende vor. Das Kinderheim St. Josef in Rheinhausen freute sich im September 2011 über die erste Spende in Höhe von rund 4.000 Euro. Auch im Jahr 2012 ging die Spende der DVV-Mitarbeiter wieder an das Rheinhauser Kinderheim – erneut waren es rund 4.000 Euro. Angeschafft wurde damals eine Kletterausrüstung. Außerdem konnte eine Gruppe eine Reise ins Emsland veranstalten. 2013 freute sich das Kinderheim Sankt Josef sogar über 4.200 Euro, die in eine Kunsttherapie flossen. 2014 entschieden die Mitarbeiter der DVV, die Spende einer anderen Einrichtung zukommen zu lassen und spendeten 4.051,60 Euro an die Kindertagesstätte Zaubersterne in Neuenkamp. Von dem Geld wurde ein Klettergerüst für den Außenbereich angeschafft. Im Jahr 2015 gingen die Restcents an die Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung. 5.869,49 Euro gingen damals in Ausbau und Ausstattung der Fahrradwerkstatt. Danach freute sich der Verein „livingroom e. V.“ in Meiderich zwei Jahre über die Spende aus dem DVV-Konzern. An der Von-der-Mark-Straße wurde der Raum für die Hausaufgabenbetreuung mit einer Klimaanlage ausgerüstet und ein Werkraum im Keller ausgebaut und ausgestattet. Insgesamt gingen in den zwei Jahren 9.204,89 Euro nach Meiderich. Die Spendensammlungen aus den Jahren 2018 und 2019 gingen an das Kinderdorf Duisburg in Großenbaum, wo mit den DVV-Restcents Klettergerüste für die Außenspielfläche angeschafft wurden.

Der Kinder- und Jugendhospizdienst sucht immer nach ehrenamtlichen Unterstützern, die Familien und Kinder mit schweren Schicksalsschlägen begleiten. Interessierte werden in einem mehrmonatigen Kurs intensiv auf die Arbeit mit den Familien vorbereitet. Alle Informationen gibt es im Internet unter: https://www.malteser-straphael.de/kinder-jugend/kinder-und-jugendhospizdienst.html

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