Pressegespräch mit (v.l.) Axel Stauder (Geschäftsführer Privatbrauerei Stauder), dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Kutschaty und Heinz Linden (Geschäftsführer Brauereiverband NRW) (Foto: Daniel Behmenburg)
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Essen/Düsseldorf/Kamp-Lintfort. Die SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag setzt sich für den Erhalt der regionalen Vielfalt in der Brauwirtschaft ein

Der Lockdown in der Gastronomie sowie die Absage sämtlicher Veranstaltungen ist für viele Unternehmen existenzbedrohend. Hiervon betroffen sind auch die Lieferanten der Gastronomie- und Veranstaltungsbranche einschließlich der Brauwirtschaft. Vor allem regional ausgerichtete und oft familiengeführte Brauereien stehen vor großen finanziellen Herausforderungen. Die SPD-Fraktion im Landtag NRW hat dazu jetzt einen Lösungsvorschlag vorgelegt: Mit einer Erstattung der Biersteuer in Höhe von rund 20 Millionen Euro aus dem NRW-Rettungsschirm für Betriebe mit einer Produktionsmenge von unter 200.000 Hektolitern wäre kleineren und mittleren Betrieben schnell geholfen. Diese sind von den Wirtschaftshilfen für die Gastronomie und deren Lieferpartnern bisher so gut wie ausgeschlossen.

Diese Idee ist nicht aus einer Bierlaune heraus entstanden, sondern wurde bei mehreren Gesprächen mit Brauereien und dem deutschen Brauer-Verband entwickelt. Die Initiative wird gestern in einem Pressegespräch mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Kutschaty, Axel Stauder (Geschäftsführer Privatbrauerei Stauder) und Heinz Linden (Geschäftsführer Brauereiverband NRW) vorgestellt.

Thomas Kutschaty: „Regionale Brauereivielfalt erhalten – Biersteuer erstatten“

Hierzu erklärt Thomas Kutschaty, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW: „Vor allem kleinere und mittlere Brauereien leben zu einem hohen Anteil vom Fassbier-Verkauf. Und der findet größtenteils auf Veranstaltungen, bei Volksfesten, bei privaten Feiern und nicht zuletzt in der Gastronomie statt. Seit fast einem Jahr geht in diesem Bereich aber so gut wie gar nichts mehr. Und spätestens seit dem erneuten Lockdown im November kann man sagen: Für die regionale Brau-Wirtschaft ist dauerhaft Fastenzeit.

Um die regionale Biervielfalt zu sichern, sollte das Land den betroffenen Brauereien entsprechende Unterstützung gewähren. Unsere Idee ist dabei pragmatisch und leicht umsetzbar: Die Biersteuer könnte kleinen und mittleren Brauereien erstattet werden. Bei der Biersteuer handelt es sich um eine indirekte Verbrauchsteuer, deren Aufkommen vollständig den Ländern zufließt. Sie bemisst sich nicht an den Erträgen, sondern aufgrund der Menge des hergestellten Bieres. Bei der Festsetzung des Steuerbetrages ist eine gesetzliche Staffelung bis zu einer Produktionsmenge von 200.000 Hektolitern festgeschrieben. Diese Staffelung ist eine gesetzliche Mittelstandsregelung, mit der anerkannt wird, dass kleinere Brauereien zu deutlich höheren Kosten je Hektoliter produzieren. Wir schlagen daher vor, den Brauereien, die im Jahr bis zu 200.000 Hektoliter produzieren, die Biersteuer aus dem NRW-Rettungsschirm zu erstatten. Für die Jahre 2020, 2021 und 2022 reden wir hier insgesamt über eine Summe von ca. 20 Millionen Euro.

Es sind gerade die regionalen Brauereien, die das Heimatgefühl fördern, lokaler Identitätsfaktor sind und nicht zuletzt lokale Arbeitsplätze und die Steuerkraft der Kommunen sichern. Bier ist Heimat, und die wollen wir schützen. Unser Ziel ist es deshalb, zusammen mit den demokratischen Fraktionen im Landtag eine gemeinsame Lösung für die regionale Brau-Wirtschaft zu entwickeln. Ich bin überzeugt, das ist in unser aller Sinne. Im Sinne unserer Heimat NRW.

Land soll auch fünf Düsseldorfer Brauereien unterstützen

„Vielen kleineren und mittleren Brauereien fehlen durch die Corona-Pandemie dringend benötigte finanzielle Mittel, um Arbeitsplätze zu sichern und notwendige Investitionen zu leisten. Ihnen soll daher die Biersteuer für die Jahre 2020 bis 2022 erstattet werden“, forderte der Düsseldorfer SPD-Landtagsabgeordnete Markus Herbert Weske heute im Landtag. „Für 2020 und 2021 sollen in den kommenden Wochen zunächst rund 13 Millionen Euro aus dem NRW-Rettungsschirm zur Verfügung gestellt werden, um ihnen in dieser schwierigen Situation zu helfen.“

Laut Brauereiverband NRW sind im größten Bundesland insgesamt 150 Brauereien angesiedelt, die sich nach Größe und Umsatz stark voneinander unterscheiden. Rund 20 der im Verband organisierten Unternehmen – vor allem regional ausgerichtete und oft familiengeführte Brauereien, fünf davon aus Düsseldorf – produzieren jährlich ‚nur‘ bis zu 200.000 Hektoliter und gelten daher als kleine und mittlere Brauereien. Ihnen wurde für das Jahr 2020 eine Biersteuer in Höhe von 6,6 Millionen Euro berechnet.

„Die meisten dieser Brauereien sind allerdings bis auf die Kurzarbeiterregelung von den gängigen Corona-Hilfen so gut wie ausgeschlossen“, erläuterte der SPD-Finanzpolitiker. „Gleichzeitig hat sie der Ausfall von Veranstaltungen und des Karnevals besonders hart getroffen.“ Eine finanzielle Unterstützung dieser kleinen und mittleren Brauereien durch die Erstattung der Biersteuer – eine indirekte Verbrauchssteuer, deren Aufkommen dem jeweiligen Bundesland zusteht und die sich anhand der Menge des hergestellten Bieres bemisst – sei mehr als gerechtfertigt, zumal es nach dem Lockdown auch keine Nachholeffekte geben werde.

„Es sind gerade die regionalen Brauereien, die das Heimatgefühl und die lokale Identität besonders stärken – auch als Unterstützer von Vereinen und Aktionen gesellschaftlicher Gruppen. Sie sichern Arbeitsplätze und bedeuten Steuerkraft für die Stadt. Deshalb ist es so wichtig, dass auch Füchschen, Gulasch, Kürzer, Schumacher und Uerige Alt jetzt durch das Land geholfen wird“, betonte Weske abschließend.

René Schneider (MdL) und Johannes Lehmbrock (Geilings Bräu): Biersteuer in Pandemie aussetzen

Um für die Initiative möglichst viele Unterstützerinnen und Unterstützer zu finden, traf sich der Landtagsabgeordnete René Schneider aus dem Kreis Wesel heute Morgen zu einem Gespräch mit Johannes Lehmbrock, Geschäftsführer der Brauerei Geilings-Bräu in Kamp-Lintfort. Über diesen Termin wird morgen ausführlich in LokalKlick berichtet.

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