v.l.: Geschäftsführung RUHR REAL: Daniel Hartmann und Christian Hansmann (Foto: © RUHR REAL)
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Essen/Duisburg/Oberhausen/Rhein-Ruhr. Wie eine Bewerbung um die Austragung schon jetzt die Weichen für Morgen stellen kann

Olympia 2032 hat das Potential, das Ruhrgebiet fit für die Zukunft zu machen – und das, weit über die Dauer der Spiele hinaus: Als Katalysator für Nachhaltigkeit, Infrastruktur, Digitalisierung und Zusammenhalt offenbart und bedingt die Bewerbung um das sportliche Großereignis die wohl wichtigsten Entwicklungspotentiale der Region.

Nachhaltige Großveranstaltung: Nutzen, was besteht. Nutzen was bleibt.

NRW-weit stehen 38.000 Stätten zur sportlichen Betätigung zur Verfügung, darunter 24 Großsporthallen und elf moderne Arenen, die sich mit ihrem großen Fassungsvermögen ideal für umfangreiche Sport-Events eignen. Mit dem einzigartigen Förderprogramm „Moderne Sportstätte 2022“ plant das Land NRW in den kommenden zwei Jahren zudem massive Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten, die ein Gesamtvolumen von 300 Millionen Euro umfassen. „Die Sportanlagen-Infrastruktur des Landes bietet beste Voraussetzungen für Olympische Spiele, die auf kritische Großbauarbeiten und die Gefahr einer ausbleibenden Nachnutzung guten Gewissens verzichten können“, bewertet Christian Hansmann, Geschäftsführer der RUHR REAL, den Sportstättenbestand. „Das stellt nicht nur eine ökonomische, sondern vor allem eine große ökologische Entlastung dar.“ Auch Neubauprojekte zur Athletenunterbringung bewertet der Immobilienexperte als Chance: „Das Olympische Dorf könnte nach den Spielen eine Antwort auf den kontinuierlich wachsenden Bedarf an innerstädtischem Wohnraum darstellen“, so Hansmann. „Mit diesem Grundsatz kann auch eine Großveranstaltung wie die Olympischen Spiele nutzenorientiert in die Stadtentwicklung im Ruhrgebiet integriert werden.“

Infrastruktur – Mobil für Morgen

Im Bereich der Sportanlagen-Infrastruktur ist das Ruhrgebiet gut aufgestellt. Ein anderes Bild bietet sich, richtet man den Blick auf die Bus- und Bahnanbindungen des öffentlichen Nahverkehrs: Zahlreiche Regionen des Ruhrgebiets sind nicht gut erschlossen und schon gar nicht zukunftsfähig. „Um hier in den kommenden Jahren, im wahrsten Sinne des Wortes, nicht den Anschluss zu verlieren, sind hohe Investitionen von Nöten“, merkt Christian Hansmann an. „In diesem Zusammenhang kommt der Austragung von sportlichen Großevents als Investitionsanreiz auch hier eine wichtige Rolle zu.“ An Positivbeispiel aus der Vergangenheit mangelt es nicht: 2012 führten die Olympischen Spiele in London großzügige Modernisierungen und einen Ausbau des U-Bahn-Netzwerks mit sich – wovon die Stadt nun nachhaltig profitiert. Und auch in Südafrika stieß die Austragung der Fußballweltmeisterschaft 2010 Infrastrukturbaumaßnahmen in Höhe von 2,6 Milliarden Euro an – wodurch sich unter anderem die erste Hochgeschwindigkeitszugstrecke Afrikas realisieren ließ. Es sind Beispiele einer wiederkehrenden Investitionsdynamik, das auch im Ruhrgebiet zur Zukunftsorientierung des Mobilitätssektors beitragen könnte.

Ruhrgebiet 4.0

Mit Platz 18, 19 und 22 des „Smart City Index 2020“ liegen Bochum, Duisburg und Gelsenkirchen im oberen Viertel der 81 untersuchten deutschen Großstädte. „Initiativen wie der ruhrHUB, der sich der digitalen Wirtschaftsentwicklung verschrieben hat, zeigen, dass sich die Region den Potentialen der Digitalisierung nicht nur bewusst ist, sondern diese außerdem aktiv vorantreibt“, betont Hansmann den Digitalisierungswillen der Region. „Die Auslobung der Olympischen Spiele 2032, die immer auch mit Investitionen in die Digital-Strukturen des Austragungsortes einher geht, wird der Region zusätzlich Antrieb verleihen. Das könnte sich vor allem in den digital hinterherhinkenden ländlichen Gebieten bezahlt machen.“ Als Treiber für Innovation, Transformation und Fortschritt weist Hansmann einer flächendeckenden Digitalisierung die führende Rolle im angestrebten Zukunftsszenario zu.

„Wir sind das Ruhrgebiet“ Strahleffekt, Identifikation und Gemeinschaftsgedanke

Nicht zuletzt steht für Rhein-Ruhr-Fachmann Christian Hansmann der Mensch im Mittelpunkt: „Zukunft geht nur gemeinsam. Damit Veränderungen greifen, müssen alle am selben Strang ziehen. Eine Bewerbung für die Olympischen Spiele 2032 könnte als Gemeinschaftsleistung die gesamte Region näher zusammenrücken lassen.“ Das Ruhrgebiet wird so als eine Stadt bzw. Metropole gesehen.  Hansmann zufolge wohnt den Olympischen Spielen das Potential inne, Identifikation, Heimatverbundenheit und Stolz zu schaffen: „Hierfür ist es jedoch wichtig, dass das Ruhrgebiet als ein geschlossenes Ganzes auftritt und nicht einzelne Städte ins Rampenlicht stellt. Gelingt es, im Zuge der Spiele die Attraktivität der gesamten Metropolregion Ruhr zu beleuchten, kann diese langfristig von den entstehenden Strahleffekten profitieren. Das würde sich in fast allen öffentlichen Bereichen – ob in Tourismus, Wirtschaft, Kultur oder Gesellschaft – positiv niederschlagen. Ein Image, mit Zukunft!“

 

Rainer Bischoff, MdL: Olympia 2032 in Duisburg und Rhein-Ruhr verdient eine Chance!

Der Duisburger SPD-Landtagsabgeordnete und Sportpolitscher Sprecher der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag Bischoff ist zutiefst enttäuscht über die Entscheidung der Vergabe der Olympischen Spiele 2032. Eine Evaluierungskommission des Olympischen Komitees hat die Australische Stadt Brisbane als Favoriten für Olympia 2032 erklärt. Weiterhin hat die Olympia Rhein-Ruhr 2032 Bewerbung geringe Chancen, die endgültige Entscheidung zur Vergabe wird im Verlauf dieses Jahres bekanntgegeben. Dazu erklärt Rainer Bischoff:

„Die Entscheidung der Evaluierungskommission ist leider sehr enttäuschend. Duisburg und die Rhein-Ruhr Region sind sportbegeistert und haben das Zeug zur Olympia-Ausrichtung. Wir haben einen großen Fokus auf Nachhaltigkeit und haben bewiesen, wie ein Strukturwandel erfolgreich vollzogen wird. Im Landtag hat die SPD wiederholt eine Machbarkeitsstudie gefordert, von der Landesregierung gab es keine Bewegung. Längst müsste die Bewerbung finanziell und auf breiter Ebene unterstützt werden. Stattdessen hat Herr Ministerpräsident Laschet bis jetzt nur sein Wohlbekunden getan, mehr nicht. Jetzt ist es fast zu spät. Olympia in Duisburg und Rhein-Ruhr verdient eine Chance!“

 

Bundestagsabgeordnete Niema Movassat und Lorenz Gösta Beutin: Keine Olympiade an Rhein und Ruhr … und Kiel

Die private Initiative „Rhein-Ruhr-City“ bereitet eine Bewerbung ihrer Region für die olympischen Spiele 2032 vor. Vorangetrieben wird diese von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der diesen Freitag mit den Bürgermeister*innen möglicher Standorte sprechen möchte, um die Grundlagen für die Bewerbung, etwa auch die Form der Bürger*innenbeteiligung, zu klären. Niema Movassat, Bundestagsabgeordneter aus NRW und sein Fraktionskollege Lorenz Gösta Beutin aus Schleswig-Holstein sprechen sich deutlich gegen diese Pläne aus.

Denn: Nicht nur Städte in NRW sind im Zuge der Bewerbung im Gespräch. Kiels SPD-Bürgermeister Ulf Kämpfer verkündete, dass er die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt als den logischen Austragungsort für die olympischen Segelwettbewerbe betrachtet. Kiel hatte sich bereits gemeinsam mit Hamburg für die Spiele 2024 beworben, was letztlich an massivem gesellschaftlichen Widerstand und einem Bürger*innenentscheid der Hansestadt scheiterte.

„Die Kosten für Austragung und Bewerbung sind enorm. Hamburg ging seinerzeit von Gesamtkosten von über 11 Milliarden aus. Diese würden 2032 gesichert noch höher ausfallen“, sagt Niema Movassat, Bundestagsabgeordneter der LINKEN aus NRW. „Das finanzielle Risiko für die betroffenen Städte ist damit untragbar hoch. Unklar ist, wie hoch die tatsächlichen Belastungen inklusive aller Folgekosten real ausfallen und wie viel davon von den Kommunen selbst getragen werden muss. Dieses Geld fehlt dann, gerade vor dem Hintergrund der allgemeinen Finanzsituation der Kommunen, für sinnvollere Projekte. Betroffen wären etwa Sanierungen von Schulen und Kitas oder die aktive Bekämpfung der Wohnungsnot. Befürwortenden halten dem gerne entgehen, dass die Spiele den Städten Nutzen im Rahmen der Infrastruktur brächten. Die Wahrheit ist jedoch, dass sie die eh schon bestehenden Belastungen der Wohnungsmärkte massiv verschärfen. In London etwa führten die Spiele zu einer Steigerung der Mieten um bis zu 30%. Für den Bau der Anlagen wurden zudem Flächen, die der öffentlichen Hand gehören, an Konzerne vergeben, die den Bau durchführen und anschließend Kontrolle darüber behalten. All das ist nicht im Sinne der Bürger*innen vor Ort.“

„DIE LINKE in Kiel hat sich schon gegen die gemeinsame Bewerbung mit Hamburg für 2024 stark gemacht und ich sehe keinen Grund, warum sich an dieser Positionierung für eine mögliche Bewerbung 2032 irgendetwas ändern sollte. Die Argumente, die zur Ablehnung durch den Hamburger Bürger*innenentscheid führten, gelten damals wie heute”, ergänzt Lorenz Gösta Beutin, Bundestagsabgeordneter der LINKEN aus Kiel.

„Schon die Kosten für die Bewerbung dieses Prestigeprojekts ohne jegliche soziale oder ökologische Nachhaltigkeit gehen in die Millionen. Allein Kiel hat für die Mitbewerbung 2015 deutlich über eine Million Euro ausgegeben. Und selbst nach einer erfolgreichen Bewerbung, deren Chance durch die aussichtsreiche Bewerbung Australiens verschwindend gering ist, stehen wir einem IOC gegenüber, das gezielt mit Knebelverträgen agiert. Diese sollen sicherstellen, dass Verluste von den Bürger*innen und nicht vom IOC und den von ihm beauftragten Konzernen getragen werden. Angesichts großer Herausforderungen Kiels in der Wohnungs- und Klimapolitik wollen wir weder finanzielle Mittel noch öffentlichen Lebensraum hergeben für die Profitinteressen des olympischen Komitees”, so Beutin.

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