Dr. Karlheinz Wiegmann, Kurator und Direktor des Museums Schloss Rheydt in der Ausstellung „operativ bedeutsame Kontakte“- die Stasi und Mönchengladbach (Foto: © Stadt Mönchengladbach)
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Mönchengladbach. Wenn selbst eine Bratwurst Erwähnung findet

Wer tut was, wann und wo? Solchen Fragestellungen ist das Ministerium für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik, kurz als Stasi bekannt, akribisch nachgegangen. Ziel war es dabei nicht erst staatsfeindliche Dinge zu verhindern, sondern über eine totale Kontrolle diese erst gar nicht möglich zu machen. Diese Kontrolle versuchte die Stasi dabei auch über Kontakte von Mönchengladbach in die DDR und umgekehrt zu erlangen. Dabei beschreibt der Leiter des Museums Schloss Rheydt, Dr. Karlheinz Wiegmann, zwei thematische Hauptbereiche: Wirtschaftliche Kontakte und Reisetätigkeit.

„Wenn eine Mönchengladbacher Firma etwas für die DDR produzierte, dann wurde da von Seiten der Stasi alles akribisch beobachtet. Natürlich standen Mitarbeiter der Firmen, die in die DDR reisten, dort unter ständiger Beobachtung. Es gab in Berlin sogar ein bestimmtes Hotel, in dem extra zu diesem Zweck übernachtet werden musste, wenn man aus dienstlichen Gründen dorthin musste. Aber auch in Mönchengladbach gab es eine solche Beobachtung.“ Dies bedeutete für die Stasi einen immensen personellen Aufwand. So gab es 1989 alleine rund 190.000 inoffizielle Mitarbeiter, so genannte IM. Allein 3.000 davon waren Bundesbürger.

„Bei den Unternehmen in Mönchengladbach war diese Beschattung auch bekannt. Doch da es für die Firmen nur darum ging, ihr Geschäft zu machen und es keinerlei politischen Bestrebungen gab, nahm man das relativ gelassen in Kauf.“

Genauso wenig wie im Bereich der Wirtschaft war ein wirklicher „Staatsfeind“ bei Reisenden von Mönchengladbach in die DDR und umgekehrt auszumachen. Eine betuchte Dame aus Mönchengladbach ließ sich für einen Verwandtschaftsbesuch in Leipzig extra von dort von einem Fahrer abholen und nach ihrem Aufenthalt auch wieder zurückbringen. Nicht nur der Fahrer musste dazu einen ausführlichen Bericht abgeben, sondern auch über ihn gab es dann wiederum ausführliche Berichte. Auch kleinste Details, wie welche Bratwurst wo gegessen wurde und Beschreibungen der Hotels sind in den Berichten zu finden. Ein wirklicher Grund oder Anlass für eine solche Beschattung allerdings nicht.

„Was mich bei meinen Recherchen schon verwundert hat, ist, dass es über das JHQ relativ wenig gibt.“ Über die Gründe lasse sich dabei nur spekulieren, so Wiegmann, der seine Ergebnisse im Rahmen einer aktuellen Ausstellung „operativ bedeutsame Kontakte – Die Stasi und Mönchengladbach“ im Museum Schloss Rheydt präsentiert. Hier gibt es die Möglichkeit vieles über solche aus „Nicht-Stasi“-Blickwinkel skurrilen Beschattungsgeschichten und den Umgang mit dem so genannten „Staatsfeind“ aus und in Mönchengladbach zu erfahren. So geht es unter anderem auch um einen Spielbesuch der Borussia in der DDR im Jahr 1981 und den immensen Aufwand der zur Staatssicherheit darum betrieben wurde.

Die Ausstellung ist bis Anfang August im Museum Schloss Rheydt zu sehen.

„Operativ bedeutsame Kontakte“ ist ein Kooperationsprojekt mit dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.

 

Online-Eröffnungsvortrag zur Ausstellung „´operativ bedeutsame Kontakte´. Die Stasi und Mönchengladbach“

Mittwoch, 17. März 2021, 19-20 Uhr

Anmeldung unter info@schlossrheydt.de

Referent: Dr. Karlheinz Wiegmann (Kurator und Direktor des Museums Schloss Rheydt)

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