Haus Dreven (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation)
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Krefeld. Bei der Burg Linn in Krefeld handelt es sich um die einzige mittelalterliche Festung am Niederrhein, die Besucher in Gänze erkunden können (Wiedereröffnung am 6. April). In dieser Hinsicht bildet sie schon eine Besonderheit. Sie ist jedoch nicht die einzige Burganlage in der Stadt. Mindestens 16 Burgen sind bekannt. Zumeist existieren nur noch Flurnamen wie „An der Alten Burg” in Hüls oder „An der Puppenburg” in Stratum, wo der Mottenhügel kaum zu erkennen ist. Über die Geschichte und ihre Besitzer der „Puppenburg” ist nichts Sicheres bekannt, obwohl die archäologisch nachgewiesenen Nutzungsspuren bis in das 17. Jahrhundert reichen. Burgen in Oppum und Fischeln sind lediglich aus schriftlichen Quellen, Landkarten oder mündlichen Überlieferungen bekannt. Andere blieben als Bodendenkmal erhalten. Ein gutes und auch sichtbares Beispiel stellt die Wallburg auf dem Hülser Berg dar. Die erhaltenen beziehungsweise umgebauten Festungsanlagen können auf einer individuellen Tagestour mit dem Fahrrad erkundet werden. Vor Ort kann man sich auf www.ebidat.de die wichtigsten Informationen über die Burgen anlesen.

Einen vorgegebenen oder besonders empfehlenswerten Burgen-Rundweg gibt es nicht, so dass man sich seine Ziele selbst nach den eigenen Interessen zusammenstellt. Deswegen sind hier exemplarisch einige Anfahrtspunkte genannt: Die Cracauer Straße erinnert nicht an die gleichnamige Stadt in Polen, sondern an die Burg Cracau. Zwischen Von-Beckerath-Straße, Bogenstraße und Am Hohen Haus stand einst die mächtige Anlage. Der Bau beginnt Anfang des 15. Jahrhundert, also im Spätmittelalter. Krefeld wurde Ende des 14. Jahrhunderts zur Stadt erhoben. Die Burg sollte die Herrlichkeit Krefeld schützen, ein kleines Territorium, welches zur Grafschaft Moers gehörte. Ringsum erstreckte sich das Kurfürstentum Köln, Kurköln genannt. Die Grenze zwischen beiden Staaten bildete übrigens in einem Abschnitt die Grenzstraße, die zum Teil noch einen Graben besitzt. Im Gegensatz zu anderen Burgen sollte Burg Cracau nicht lange überdauern. Bereits 1677 wird die Anlage unter der Herrschaft der niederländischen Oranier geschleift. Von der Burganlage erhalten ist unter dem im 18. und 19. Jahrhundert erbauten sogenannten „Hohen Haus” ein Rest des spätmittelalterlichen Burggebäudes. Im Inneren, heute eine Weinhandlung, ist ein spätmittelalterlicher Keller mit Tonnengewölbe erhalten.

Die Burg in der Rheinstadt Uerdingen wurde als Stadtsitz und Landesburg des Kölner Erzbischofs errichtet, dem geistlichen Herrscher von Kurköln. Nachdem das erste, auf einer Rheininsel gelegene Uerdingen durch mehrere Hochwasser um 1270/80 zerstört worden ist, wurde das neue Uerdingen an heutiger Stelle geplant und aufgebaut. Die Burganlage grenzt im Süden unmittelbar an die Stadtmauer. Zentral befand sich ein Wohnturm samt Wehrgang, der nach umfassenden Umbauten heute ein privates Wohnhaus im klassizistischen Stil ist. Eine zweite Burg in Uerdingen musste 1957 der Expansion des damaligen Bayer-Werkes weichen: das 1271 erstmals urkundlich erwähnte Haus Dreven. In dessen unmittelbarer Nähe soll es zudem ein römisches „burgus”, ein Kleinkastell, gegeben haben.

Älteste Burg auf dem südlichen Hülser Berg

Im Mittelalter wurden Burgen am Niederrhein gerne an Flüssen, Bächen oder in sumpfigen Arealen gebaut. Das kann man noch sehr gut an der kurkölnischen Hülser Burg erkennen, die etwas abseits und unterhalb des Ortskerns errichtet wurde. Die in den vergangenen Jahren restaurierte Ruine mit Turm kann leider nicht jederzeit besichtigt werden, aber auch von außerhalb ist der Einblick gut möglich. Die Herren von Hüls sind seit Anfang des 12. Jahrhundert belegt. Die heutigen Straßennamen „An der Alten Burg” und „Hinter der Papenburg” weisen auf noch eine ältere weitere Festung hin. Die wohl älteste Burg befindet sich auf dem südlichen Hülser Berg, eine eisenzeitliche Wallburg. Sie stammt aus dem vierten oder dritten Jahrhundert vor Christus. Wer sie baute und welchen Zweck sie erfüllte, die Fragen konnten bislang nur zum Teil beantwortet werden. Archäologen haben dort zum ersten Mal wissenschaftliche Grabungen zwischen 1908 bis 1912 unternommen. Dabei entdeckten sie mehrere Abfallgruben mit Resten von Webgewichten und Gefäßscherben. Diese Funde sprechen immerhin für eine zweitweise Bewohnung. Die Krefelder Wallburg ist die einzige Anlage dieser Art am Niederrhein. Die Burganlage im Wald zu entdecken, ist recht einfach. Ein Weg zwischen Aussichtsturm und Eremitenquelle durchschneidet die Wälle.

Das schmucke Haus Sollbrüggen an der Uerdinger Straße besitzt ebenso mittelalterliche Wurzeln. Bevor auf dem Areal der Musikschule ein Neubau errichtet worden ist, haben die Linner Archäologen vor gut zehn Jahren dort nach historischen Spuren gesucht und solche auch gefunden. Mauerwerkbruchstücke und älteste Scherben weisen auf eine Zeit weit vor 1188 hin und legen die Vermutung einer kleinen Burg auf einer kleinen Motte nahe, einer künstlichen Aufschüttung. Wahrscheinlich war es nicht mehr als ein Turm auf einem Hügelchen, ringförmig umgeben von einem Wassergraben. Ein Nachfolgebau an selber Stelle verfiel schon im Mittelalter. Nur wenige hundert Meter östlich steht das Haus Neuenhof am Bockumer Platz, heute im Privatbesitz. Die Namensgebung geht auf einen Ritter Arnold von Neuenhoven im 13. Jahrhundert zurück. Während die Vorburg heute einschließlich der Gräben im Park des 19. Jahrhunderts verschwunden ist, hat sich das zentrale Gebäude der Hauptburg im Untergeschoss aus dem 15. Jahrhundert Bauwerks erhalten, zudem die Grabeneinfassung um den östlich anschließenden Baumgarten.

Die Wasserburg Haus Rath an der Alten Rather Straße in Elfrath, deren Anfänge bis in das 12. Jahrhundert reichen, ging aus einer hochmittelalterlichen Motte hervor. Der heute trockene Graben weist eine Breite von gut 25 Metern auf. Der zentrale Steinturm stammt aus dem späteren 12. Jahrhundert. Bei diesem Bauwerk handelte es sich offenbar um die erste mittelalterliche Befestigung am Hohen Weg, der Wegetrasse westlich des Rheins. Auf Krefelder Stadtgebiet jedenfalls ist es das älteste profane Bauwerk, das bis heute erhalten ist. Das Gelände ist heute Privatbesitz und kann nur von außen betrachtet werden.

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