(Foto: Stadt Willich)
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Willich. Die Älteren werden sich erinnern: „Fasse dich kurz“, stand früher häufig an den meist verglasten, ansonsten gelben, später auch magenta-farbigen Zellen, und drinnen konnte man ohne Handy telefonieren – was ganz praktisch war, weil es noch keine Handys gab: Telefonzellen sind in Zeiten der eher mobilen Kommunikation aus der Mode gekommen, verschwanden nach und nach ganz aus dem Straßenbild. In Willich gibt es jetzt wieder eine Zelle, und in der Vermittlung hat das flaschendunkelgrüne Gerät weniger Gespräche als Unterhaltung und Bildung: Willichs Bürgermeister Christian Pakusch hat eine zur „Bücherzelle“ umgebaute Telefonzelle jetzt am Hinzen-Haus im Schatten von St. Katharina am Markt mit einem symbolischen Bandschnitt eröffnet: Flatterband fott, Tür auf für Bücher, Belletristik und Bildung.

Dass bei der Eröffnung der Bücherzelle neben Vertretern von Verwaltung, Stadtbibliothek auch erfahrene ASV-Kämpen am Start waren, ist kein Zufall: Die selbsternannten „Oldtimer“ des Allgemeinen Schützen-Vereins (ehemalige Schützenkönige und Vorstandsmitglieder des Schützenvereins: Günter Baumeister, Willi Stennes, Franz Auling, Paul Lücke, Wolfgang Dohmgans und Udo Schiefer) haben 1000 Euro gespendet. Auch der Verein „Tierschutz für Willich“ sammelte Geld für den neuen, öffentlichen und allen zugänglichen und für alle nutzbaren öffentlichen Bücherschrank.

Die Idee hinter diesen öffentlichen Bücherschränken: Austausch. Konkret darf man dort Bücher, die man nicht mehr benötigt, für andere hineinstellen – und dafür Bücher anderer, die man interessant findet und lesen möchte, mitnehmen. Belletristik, Bildung to go quasi.

Es gab schon mal einen solchen Schrank, er war auf der Petersstraße in Willich gut genutzt worden – bis „irgendwelche Idioten“, so bei der Eröffnung ganz deutlich Willichs Pressesprecher Michael Pluschke, ihn zum großen Ärger der vielen Benutzer abfackelten. Jetzt der zweite Versuch, in einem sozial von der Allgemeinheit etwas überwachteren Bereich, eben am Hinzen-Haus am Marktplatz. Und weil ASV und Tierschützer so fleißig gespendet haben, sollen perspektivisch weitere Telefonzellen angeschafft und umgebaut werden. Konkret geplant ist die nächste am Neersener Minoritenplatz, und Bürgermeister Christian Pakusch machte bei der Eröffnung deutlich, dass er gern mindestens in jedem Ortsteil eine solche Zelle sähe: „Ein tolles Angebot, über das man sich einfach nur freuen kann.“ Sprach‘s und schaute im Bücherangebot der Zelle nach, was angeboten wird. Um sofort zu versichern, dass daheim ein ganzer Karton mit Büchern nach dem kürzlich erfolgten Bürgermeister-Umzug auf den Umzug warte: In die Zelle.

Nach dem Verlust des ersten Bücherschranks hatte sich die Stadt nach Ersatz umgeschaut. Eine neue alte spendete ein selbstloser Bürger, der von dem Vandalismus gelesen hatte, die zweite trieb das städtische Kulturteam selbst auf; das Team der Gemeinschaftsbetriebe Willich (GBW) arbeitete die nicht mehr taufrischen Zellen rundum fachmännisch auf, baute die nötigen Regale ein. „Wunderschön geworden“, befindet dann auch Andrea Krause, Mitarbeiterin der Willicher Stadtbibliothek an der Hochstraße in Schiefbahn. Dort wurde und wird das ganze Projekt „Bücherzellen“ koordiniert, und auch die ersten Bücher, die jetzt in der Zelle stehen, stammen aus ehemaligem Stadtbücherei-Bestand. Apropos: Für den Willicher Bücherschrank fehlt noch ein „Pate“, der sich ein wenig um den neuen Schrank und seinen Bestand „kümmert“, also konkret gelegentlich ein Auge auf Schrank und Inhalt hat. Potentielle Paten können sich gern bei Andrea Krause in der Stadtbibliothek melden (0 21 54 –  949 601), die sich freut, dass für das Neersener Exemplar die dortige Katholische öffentliche Bücherei die Patenschaft übernommen hat.

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