Vergleich altes und „neues“ Fahrzeug (Foto: Stephan Anemüller/ © Kölner Verkehrs-Betriebe AG)
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Köln. Sanierung von 28 Fahrzeugen ersparte 40,6 Millionen Euro im Vergleich zu einer Neubeschaffung

Die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) schließen ihr Projekt „Umbau 2100er“ erfolgreich ab. Als letztes von 28 Fahrzeugen absolviert die Stadtbahn Nr. 2414 in diesen Tagen ihren 2.000-Kilometer-Test und steht dann uneingeschränkt dem Fahrgastbetrieb zur Verfügung. Mit der nun vollständigen Serie 2400 hat die KVB ihren Stadtbahnbetrieb gestärkt und die Qualifikation ihrer Hauptwerkstatt weiter verbessert. Dabei hat die KVB durch die Sanierung alter Fahrzeuge 40,6 Millionen Euro weniger ausgegeben, als der Erwerb von 28 neuen Stadtbahnwagen gekostet hätte.

Der 2.000-Kilometer-Test, bei dem neue Stadtbahnfahrzeuge vor ihrem Einsatz im Liniendienst noch einmal genau beobachtet werden, ist der letzte Baustein der Fahrzeugzulassung. Zuvor durchlaufen die Fahrzeuge diverse andere Prüfungen und Tests, ohne die sie nicht in den Fahrgastdienst gelangen.

Stefanie Haaks, Vorstandsvorsitzende der KVB: „Durch die Sanierung von 28 Stadtbahnwagen haben wir mit kräftiger Unterstützung durch Fördermittel des Landes Nordrhein-Westfalen in die Qualität des Kölner ÖPNV investiert. Dabei haben wir über 40 Millionen Euro gegenüber einer Neubeschaffung von 28 Fahrzeugen sparen können. Und unsere Kollegen und Kolleginnen der Hauptwerkstatt haben wichtige Erfahrungen in der Bearbeitung von Stadtbahnen gewonnen. Diese Fertigungstiefe und unser wirtschaftliches Agieren zeigen, wie nachhaltig wir als KVB für die Stadt Köln unterwegs sind.“

Das Sanierungsprogramm „Umbau 2100er“ zur Überführung der alten Stadtbahn-Serie 2100 in die neue Serie 2400 begann im Jahr 2011 mit den praktischen Arbeiten am Prototyp. Zuvor wurden ab 2008 grund-legende Untersuchungen und Machbarkeitsstudien durchgeführt.

Möglich wurde das Projekt der Zweitverwertung durch die hohe Qualität des Stahls, der in den 1980er Jahren durch die damalige Firma DÜWAG verbaut wurde. Mit ihm lohnte es sich, die alten Fahrzeuge zu sanieren und damit auf den Neukauf von Hochflurbahnen zu verzichten. Die Stadtbahnen der Serie 2100 wurden in den 1984 bis 1985 gebaut.

Die KVB war, neben der SWB Bonn, das erste kommunale Verkehrsunternehmen, das Stadtbahnen umfangreich sanierte, anstatt diese neu zu beschaffen. Die Fahrzeuge der KVB-Serie 2400 können weitere zwei bis drei Jahrzehnte im Liniendienst eingesetzt werden.

Juan Carlos Castro Varela, KVB-Projektleiter: „Im Team der Hauptwerkstatt haben dabei alle Mitarbeitenden
– sowohl in technischen, kaufmännischen als auch in administrativen Bereichen – komplexe Herausforderungen erfolgreich gemeistert, auch wenn diese bisher nicht zu ihren Aufgabenstellungen gehörten.“

Neues Fahrzeug im Liniendienst (Foto: Stephan Anemüller/ © Kölner Verkehrs-Betriebe AG)

 

Solider Einsatz von Investitionsmitteln

Die wirtschaftliche Betrachtung zeigt einen soliden Einsatz knapper finanzieller Mittel. Zum Beginn des Projektes wurde die Sanierung eines Stadtbahnwagens mit 1,7 Millionen Euro kalkuliert. Dieser Wert konnte zwar nicht ganz gehalten werden. Die erste Abrechnung zum Ende des Projektes ergibt einen finanziellen Aufwand von 1,75 Millionen Euro je Fahrzeug. Insgesamt wurden damit ca. 49 Millionen Euro in die gesamte Serie mit 28 Fahrzeugen investiert. Hierbei wurde die KVB durch das Land unterstützt, das 76 Prozent der Kosten nach den Regelungen des ÖPNV-Gesetzes NRW übernahm.

Doch der enorme Kostenvorteil ist weitgehend geblieben. Der Erwerb eines neuen Stadtbahnwagens wird mit rund 3,2 Millionen Euro veranschlagt. Hätte die KVB also die 28 Fahrzeuge der Serie 2400 neu gekauft, dann hätten 89,6 Millionen Euro aufgebracht werden müssen. Mit der Sanierung wurden 1,45 Millionen Euro je Fahrzeug und somit insgesamt 40,6 Millionen Euro weniger ausgegeben.

Seit der Fertigstellung des Prototypen im Jahr 2014 wurden durchschnittlich 3,5 Fahrzeuge pro Jahr als 2400er wieder in Betrieb genommen. Dieser Projektdurchlauf kann als gut bewertet werden. Hierbei ist zu bedenken, dass die KVB Betreiber des ÖPNV, jedoch nicht Fahrzeughersteller, ist. Die KVB-Hauptwerkstatt hat mit Hauptuntersuchungen, Wartung, Instandhaltung, kleineren und größeren Reparaturen etc. eigentlich andere Aufgaben als die umfassende Sanierung ganzer Fahrzeuge. Das unterscheidet die Werkstatt eines Betreibers von einem herstellenden Industrieunternehmen.

Höhere Qualifikation der Hauptwerkstatt

Beim Umbau der Fahrzeuge in Eigenregie konnte der Fachverstand der KVB-Hauptwerkstatt genutzt und vergrößert werden. Eine wesentliche Erkenntnis aus dem Projekt „Umbau 2100er“ ist, dass in allen Fachbereichen ein Wissenstransfer ermöglicht wurde – auch in der Zusammenarbeit mit Zulieferfirmen. Dieser Wissenstransfer ist für das Tagesgeschäft und für zukünftige Projekte sehr wertvoll. Er konnte auch bereits für die Ausschreibung und Beschaffung von Neufahrzeugen im Hochflur- und Niederflurbereich genutzt werden.

Alle beteiligten Mitarbeitenden – Facharbeiter, Techniker, Meister und Ingenieure – haben mit dem Projekt gezeigt, dass die KVB weitaus mehr umsetzen kann, als im Alltag erforderlich ist. Hierzu hat die außerordentliche Motivationsbereitschaft der KVB-Mitarbeitenden und der am Projekt beteiligten Unter-nehmen spürbar beigetragen. Allen war an einer lösungsorientierten Zusammenarbeit in der Zeitspanne von über einem Jahrzehnt gelegen.

Zudem konnten durch das Projekt sehr gute Kenntnisse über die Stadtbahnen der neuen Serie 2400 gewonnen werden. Im Prinzip kennen die Fachleute jede einzelne Schraube und Schweißnaht. Der Umgang mit „eingekauften“ Fahrzeugen hätte nicht zu diesen Kenntnissen geführt.

Betrieblich zuverlässige Fahrzeuge

Die Fahrzeuge der Serie 2100 haben eine Gesamtlaufleistung von über 30 Jahren erreicht. Durch die Fahrzeugsanierung sollen die neuwertigen Fahrzeuge der Serie 2400 weitere 25 Jahre eingesetzt werden können. Die ersten Hauptuntersuchungen von Stadtbahnen der Serie 2400 verliefen unauffällig. Es konnten bisher keine Auffälligkeiten festgestellt werden, die Grund zum Zweifel an der beabsichtigten Laufleistung geben würden.

Dabei zeigen die Stadtbahnen der Serie 2400 auch im Vergleich zu den Fahrzeugen anderer Serien keine größeren Auffälligkeiten. Das spricht für eine hohe Qualität der durchgeführten Sanierung.

Entkernung eines Fahrzeugs (Foto: Coeln Colloeur/ © Kölner Verkehrs-Betriebe AG)

 

An den Fahrzeugen wurden umfassende Arbeiten vorgenommen

Jedes der 28 Fahrzeuge hat ein umfangreiches Programm durchlaufen. Von der Demontage, Ausbesserung des Wagenkastens, Teileaufbereitung und -überholung über die Komponenten-Neubeschaffung, Lackierung, Einrichtung des Fahrgastraumes und Fahrerstandes bis hin zu den Testläufen und ersten Metern auf dem Gleis fand ein umfassender Erneuerungsprozess statt:

  • Klimaanlage:

Der Projektpartner Vossloh-Kiepe hat eine sehr flache Klimaanlage entwickelt. Die 25 Zentimeter hohen Module passen problemlos auf das Dach der Fahrzeuge und diese dann unter allen Brücken hindurch. Bisher gab es keine Klimaanlage in den 2100ern.

  • Fahrgestell:

Die Drehgestelle von Siemens/Düwag sind so stabil, dass eine Grundüberholung ausreichte. Die Anbauteile und Leitungen wurden erneuert, die Bremsen durch KVB-Mitarbeitende überholt. Die Gestelle wurden gründ-lich auf Risse untersucht, die Getriebe überholt und die Achsen ausgetauscht.

  • Türen:

Das Türsystem wurde beibehalten, aber komplett überarbeitet. Alle Schwachpunkte wurden analysiert und verbessert.

  • Ölfreier Kompressor:

Auch die Konstruktion der Druckluft-Kompressoren wurde anhand der Erfahrungen mit neuen Stadtbahn-serien ausgerichtet. In den 2400er-Fahrzeugen kommt der Kompressor ohne Öl aus und wird somit den Zielen des Umweltschutzes wesentlich gerechter.

  • Fahrgastraum:

Der Fahrgastraum wurde in seiner Aufteilung verändert. Es entstanden großzügigere, breitere Durchgänge und mehr Stehplätze bzw. Stellplätze für Kinderwagen, Fahrräder etc. Eine der beiden Fahrerkabinen ist entfallen. Die Bahnen werden stets in Doppeltraktion gefahren,  deshalb wird nur eine Fahrerkabine je Fahrzeug benötigt.

  • Trittstufen:

Die Trittstufen wurden – nach Absprache mit Behindertenverbänden – mit einer Neigung versehen, so dass zukünftig Rollstuhlfahrer leichter in das Fahrzeug gelangen.

  • Wagenkasten:

Der Wagenkasten blieb grundsätzlich so erhalten, wie er bei den alten Fahrzeugen war. Nach Entkernung und Sandstrahlung haben die Wagenkästen jedoch auch Verstärkungen erhalten, um den zunehmenden Gewichts-belastungen Rechnung zu tragen. An nur wenigen Stellen bedurfte es der Beseitigung von Schadstellen.

  • Fahrerkabine:

Die Antriebssteuerung blieb im Wesentlichen so erhalten, wie sie auch in den 2100ern konstruiert war. Erneuert wurden die Kabel. Der Fahrerarbeitsplatz ist genauso angelegt, wie in den Bahnen anderer Baureihen auch. Damit haben die Fahrer eine gleiche Arbeitsumgebung, auch wenn sie zwischen verschiedenen Serientypen wechseln.

Innenaufbau „neues“ Fahrzeug (Foto: Stephan Anemüller/ © Kölner Verkehrs-Betriebe AG)

 

Anpassungen der Hauptwerkstatt waren notwendig

Für das Projekt „Umbau 2100er“ waren auch Anpassungen in der Hauptwerkstatt notwendig, um die zu bewältigenden Aufgaben zielorientiert leisten zu können:

  • Im Niehler Hafen wurde ein gesondertes Lager in Form einer Leichtbauhalle errichtet, um die zahlreichen einzelnen Bauteile nach ihrem Ausbau und für ihre Aufarbeitung zu lagern.
  • In der Hauptwerkstatt wurden Arbeitsgleise für die Durchführung der Schweißarbeiten abgetrennt.
  • Eine Absaugungsanlage musste integriert werden, um die kompletten Wagenkästen und Fahrwerks-rahmen sandstrahlen zu können. Hierdurch wurden die Mitarbeitenden vor gesundheitsbeein-trächtigenden Partikeln geschützt.
  • Die Teileanfertigung wurde von der Einzel-/Kleinserienfertigung auf die Serienfertigung umgestellt.
  • Mobile Absaugvorrichtungen wurden zusätzlich angeschafft, um Schweißgase zu entfernen.
  • Ein Wasserstrahlschneider wurde angeschafft, um Blechteile effizienter herzustellen.
  • Mit einer neuen Wiegevorrichtung konnten Bauteilgruppen und Teilsysteme erfasst werden, um die tatsächlichen Achslasten und das Gesamtgewicht der Fahrzeuge zu dokumentieren.

Die KVB hat inzwischen bewertet, ob sich auch die Fahrzeuge weiterer, in die Jahre gekommener Stadtbahn-Serien für eine Sanierung eignen. Innerbetriebliche und externe Gutachten ergaben jedoch, dass die Material- und Verarbeitungsqualität von Stadtbahnen z. B. der Serie 2200 nicht so hoch ist wie bei den Fahrzeugen der alten Serie 2100. Eine Sanierung dieser Fahrzeuge würde deshalb viel aufwändiger werden als bei den Fahrzeugen der Serie 2100. Eine Sanierung wäre nicht wirtschaftlich.

Zudem müsste die Personalstärke der Hauptwerkstatt nennenswert vergrößert werden, um dauerhaft Sanierungs-Programme durchführen zu können. Inzwischen wurde die Stadtbahnflotte der KVB mit der Erweiterung der ÖPNV-Angebote vergrößert, so dass die Hauptwerkstatt mit ihrer jetzigen Personalstärke ausgelastet ist.

Folglich hat sich die KVB für die Beschaffung von Neufahrzeugen, sowohl für den Hochflur- als auch für den Niederflurbereich, entschieden. Die ersten beiden Stadtbahnen der neuen Hochflur-Serie HF6 befinden sich derzeit im Testeinsatz im KVB-Liniennetz.

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