Christian Schäfer (Foto: privat)
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Essen/Mülheim an der Ruhr. Die Bürgerinitiative „Wir bleiben Flughafen“ begrüßt das Umdenken der Politik in den Städten Essen und Mülheim an der Ruhr, sieht jedoch Korrekturbedarf in den vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten.

Der Sprecher der Bürgerinitiative, Christian Schäfer, dazu: „Wir freuen uns, dass die Politik sich auf unsere Initiative hin vom Gedanken eines neuen Stadtteils für bis zu 6.000 Bewohnerinnen und Bewohner verabschiedet hat und einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb des Flughafens, als eine mögliche Planungsoption, für die Zeit nach 2034 prüfen möchte.“ Somit könne die dringend notwendige Planungssicherheit hergestellt werden.

Schäfer betont, es handle sich um einen Irrglauben, dass der bislang gültige Ratsbeschluss vom 13.02.2020 einen Weiterbetrieb des Flughafens nach dem Jahr 2034 ausschließe: „Einen Ausstiegsbeschluss, wie immer wieder behauptet wird, gibt es nicht!“

Es erstaunt indes, dass sich die Verwaltung der Stadt Mülheim an der Ruhr nach dem Ratsbeschluss vom 13.02.2020 über ein Jahr Zeit ließ, ehe sie den Wettbewerb zur Nachnutzung des Flughafengeländes ausschreiben wollte. Kaum geschehen, drängte es die Verantwortlichen plötzlich aus scheinbar unvorhersehbarer Zeitnot zum Beratungsgang in „Hau-Ruck-Manier“. Dabei handelte es sich um ein durchschaubares Manöver der Mülheimer Planungsverwaltung, um den gesellschaftlichen Diskurs im Keim zu ersticken, stellt die Initiative nüchtern fest. Dieser Schildbürgerstreich kann dank des politischen Gegenwindes und der Courage von ca. 6.000 empörten Bürgerinnen und Bürgern nun getrost als gescheitert verbucht werden.

Auch sollten die Nutzer des Flughafens stärker als zuvor in die wirtschaftlichen Abläufe des Flughafens eingebunden werden, um dessen Wirtschaftlichkeit zu optimieren. Leider ist letzteres bisher nicht geschehen.

Gleichwohl steht jetzt mit dem neuen Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen in den beiden Städten Essen und Mülheim an der Ruhr nach wie vor mit einer der beiden aufgeführten Varianten die Schließung des Flughafens im Raum. Dabei soll, nachdem der Flugbetrieb eingestellt ist, allerdings nur ein Drittel des derzeitigen Geländes genutzt werden.

Dazu Schäfer: “Unabhängig davon, dass man für nur ein Drittel der Flächennachnutzung keinen Flughafen schließen darf, sollte auch nicht übersehen werden, dass der Flughafen bereits jetzt gewerblich genutzt wird. Viele Betriebe aus der Luftfahrtbranche und anderweitige Unternehmen sind seit vielen Jahren am Flughafen Essen/Mülheim erfolgreich tätig. Die Betriebe sind kerngesund und gut aufgestellt. Trotz der Pandemie sind derzeit ca. 200 Verkehrspiloten in Ausbildung. Damit ist Essen/Mülheim der zweitgrößte Standort für die Pilotenausbildung.” Eine Flugzeugwerft, ein Avionik-Betrieb und nicht zuletzt auch die WDL bilden seit Jahrzehnten wirtschaftliche Synergien. Es ergibt keinen Sinn, den bereits ansässigen Unternehmen ab 2034 ihre wirtschaftliche Grundlage zu entziehen, so die Initiative.

Die zweite Planungsvariante beschreibt die Fortführung des Flugbetriebs über das Jahr 2034 hinaus, möglichst ohne kommunale Subventionen. Perspektiven und Impulse dazu, hatte die Bürgerinitiative “Wir bleiben Flughafen” bereits in einem Ideenpapier den politischen Vertretern aus Essen und Mülheim an der Ruhr zukommen lassen.

Das Ideenpapier kann hier abgerufen werden: https://www.wirbleibenflughafen.de/ideenpapier

Laut der Initiative öffne eine Nachnutzung des Flughafens in den Bereichen Ausbildung, Wirtschaft und Nachhaltigkeit attraktive Zukunftsperspektiven. Diese hängen mit der Entwicklung neuer Luftfahrttechnologien zusammen, die am Flughafen Essen/Mülheim in die Luftfahrtpraxis transferiert und damit auch weiterentwickelt werden. Technologische Fortschritte finden ihren Einzug in die Luftfahrtmobilität typischerweise nicht in den großen Linienflugzeugen, sondern in der allgemeinen Luftfahrt. Diese Technologien sollen am Flughafen Essen/Mülheim zukünftig gefördert werden.

“Der Flughafen stellt somit eine Chance da! Diese kann jedoch nicht die einzige Säule des zukünftigen Flugbetriebes sein. Zu einem wirtschaftlichen Betrieb gehört auch der allgemeine Luftverkehr im heutigen Umfang.”, so Schäfer. Durch die technische Weiterentwicklung und Innovationen in der Luftfahrt reduziere sich auch zukünftig weiter der Fluglärm.

Ein moderner Flugbetrieb sei wünschenswert. Ebenso wie Kooperationen mit Hochschulen, wie sie die Flugschule FFL bereits praktiziert. Gleichzeitig fördern diese Projekte eine Gründerkultur am Flughafen Essen/Mülheim, die Ansiedlung innovativer Start-Up-Unternehmen sowie von flugaffinem Gewerbe. “Dennoch: Wie schnell sich Technologien entwickeln, liegt nicht allein am Flughafen Essen/Mülheim. Eine Festlegung wie im Antrag geschehen fördert keine Innovation. So funktioniert keine Technologieentwicklung! Wenn man gleichzeitig auch nur noch den Segelflug- und Ausbildungsbetrieb sowie das Luftschiff “Theo” zulässt, ist das ein Modell, welches zum Scheitern verurteilt ist und es so in der allgemeinen Luftfahrt noch nie gegeben hat”, so Christian Schäfer.

Es sei grundsätzlich erforderlich, den ansässigen Unternehmen heute die notwendige Planungs- und Investitionssicherheit durch einen Beschluss zum Weiterbetrieb des Flughafens zu verschaffen. Schäfer: „Welchen Sinn macht es, bereits heute ansässige und erfolgreiche Unternehmen zu vertreiben und im Anschluss neue Investoren zu suchen?”

Beim Weiterbetrieb und wirtschaftlichen Ausbau des Flughafens könnten die heutigen, begrenzten Rahmenbedingungen hinsichtlich des Flugbetriebs aus Sicht der Initiative bestehen bleiben. Unter planerischen Gesichtspunkten geht die Bürgerinitiative davon aus, dass der gültige Bebauungsplan H17 hinsichtlich der Gewerbeoffenheit für flugaffines und anderes Gewerbe angepasst werden kann.

Durch den regen Austausch mit den politischen Vertretern der beiden Städte ist es „Wir bleiben Flughafen“ bereits gelungen aufzuzeigen, dass der Flughafen wirtschaftliche Chancen und Perspektiven bietet und es sinnvoll ist, ihn zu bewahren, um gleichzeitig auch Flora und Fauna zu schützen. Die Kritik vereinzelter politischer Gruppierungen, man solle den Flughafenbetrieb zum „Wohl des Tierschutzes“ beenden, ist bereits in sich widersprüchlich. „War es nicht die Feldlerche, die sich auf dem Gelände heimisch fühlt, die dazu beitrug, den Auftritt von Ed Sheeran auf dem Flughafen zu verhindern?“, fragt sich die Initiative in diesem Zusammenhang. Die Stellungnahmen von anerkannten Experten in der jüngsten Vergangenheit haben den klaren Zusammenhang gezeigt: Der Flughafen ist das beste was dem Gelände unter ökologischen Gesichtspunkten passieren kann.

Die Gespräche haben laut der Bürgerinitiative aber auch gezeigt, dass es zwischen den politischen Fraktionen aus Essen und Mülheim an der Ruhr noch internen Abstimmungs- und Klärungsbedarf gibt. Das ist vor dem Hintergrund der Komplexität und der Meinungsvielfalt auch gut nachvollziehbar.

Die Bürgerinitiative freut sich auf den weiteren konstruktiven Austausch mit den Entscheidungsträgern in den Städten Essen und Mülheim an der Ruhr und ist zuversichtlich, dass es für den Flughafen eine Zukunft mit Fliegerei in Einklang mit Umwelt, Bürgern und Natur gibt.

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