Bürgermeister Thomas Görtz (Foto: privat)
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Xanten/Duisburg. Der Rat der Stadt Xanten will in dieser Woche über die Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuern entscheiden. Dadurch sollen 2,5 Millionen Euro mehr in die Stadtkasse fließen. Der Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger von der Niederrheinischen IHK (Industrie- und Handelskammer) mit Sitz in Duisburg warnte schon in der letzten Woche zum zweiten Male vor diesem Schritt: „In der aktuellen Situation ist das Gift für die Wirtschaft und das absolut falsche Signal.“ Die IHK fürchtet, dass das Beispiel aus Xanten schnell bei anderen Kommunen Schule machen könnte: „Die Haushalte der Kommunen sind durch die Pandemie und die Hilfsprogramme belastet, das ist unbestritten. „Die Kommunen können diese Last aber nicht auf die krisengebeutelten Unternehmen übertragen“, so der IHK-Chef in seinem Appell an die Ratsmitglieder auf Steuererhöhungen zu verzichten.

Es gab auch seitens der IHK einen Brief an Xantens Bürgermeister Thomas Görtz, der am letzten Donnerstag antwortete:

“Anfrage zur Erhöhung der Steuern vom 23.04.2021 – Antwort vom 29.04.2021

Sehr geehrter Herr Dr. Dietzfelbinger,
sehr geehrter Herr Hamann,

vielen Dank für Ihr Schreiben und Ihre Stellungnahme vom 23.04.2021 zu der von uns vorgeschlagenen und beabsichtigten Erhöhung der Realsteuern im Bereich der Grundsteuer A, Grundsteuer B und der Gewerbesteuer.

Ich schätze Ihre fachliche Meinung und Stellungnahme zu diesem Thema durchaus und kann auch die Intention im Interesse Ihrer Mitgliedsunternehmen sehr gut verstehen.

Dennoch erlaube ich mir den Hinweis darauf, dass die Stadt Xanten nunmehr seit über acht Jahren im Bereich der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer und bereits seit über zwanzig Jahren im Bereich der Grundsteuer A ihre Steuersätze auf anerkannt deutlich unterdurchschnittlichem Niveau stabil halten konnte. So konnten wir zu einer erheblichen Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und auch der Unternehmen in unserer Stadt beitragen.

Dass dies nicht auf Ewigkeiten so fortgeführt werden kann, liegt insbesondere vor dem Hintergrund der auch Ihnen bekannten Preis- und Kostensteigerungen auf der Hand. So ist es auch in der Stadtverwaltung ebenso wie in einem Unternehmen im Sinne der Beschäftigten „Gott sei Dank“ so, dass jährliche Tariferhöhungen, alleine schon aufgrund von prozentualen Gehaltssteigerungen, zu steigenden Personalkosten führen. Selbst ohne Mehrung des Personalbestandes.

Ebenso sind Unternehmen wie auch die öffentlichen Verwaltungen von Preissteigerungen im Bereich von Energie, Beschaffungswesen, Fahrzeugunterhaltung und dergleichen mehr betroffen, sodass auch Ihre Unternehmen mit Sicherheit in den letzten Jahren auf diese Kostensteigerungen nicht ausschließlich mit Kosteneinsparungen reagieren konnten, sondern eben auch mit Preissteigerungen der eigenen Dienstleistungen und der eigenen Produkte. Und da der einzige „Preis“ einer Kommune und die einzige Möglichkeit der Einnahmesteigerung in der Erhöhung der Steuern liegt, ist es unausweichlich, dass nach einer so langen Zeit schlichtweg eine Anpassung und eine Verbesserung der Einnahmesituation vorgenommen werden muss. Dies vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass der Stadt Xanten bei einer aktuell abgeschlossenen vergleichenden Prüfung auf Kennzahlenbasis durch die Gemeindeprüfungsanstalt nochmals bescheinigt wurde, dass sie im landesweiten Vergleich ein absolut minimales Niveau bei Ertrags- und Steuerkraft aufweist. Das lässt uns leider als Verwaltung keinen anderen Spielraum, als diese Steuererhöhungen vorzuschlagen.

Dies führt ausdrücklich nicht zu einer Überforderung der Unternehmen, es handelt sich um eine Erhöhung dieser Steuern im moderaten Bereich um lediglich fünfzig Prozentpunkte bei der Gewerbesteuer. Wir haben hier ausdrücklich Rücksicht darauf genommen, dass Unternehmen gleichzeitig auch als Mieter oder Eigentümer der entsprechenden Objekte durch eine Grundsteuererhöhung der Grundsteuer B betroffen sind, sodass wir bewusst bei der vorgeschlagenen Erhöhung der Gewerbesteuer deutlich unter der Steigerungsrate der Grundsteuer B oder auch der Grundsteuer A geblieben sind.

Ich hoffe, Ihnen mit diesem Schreiben die Hintergründe der vorgeschlagenen Steuererhöhung noch einmal erläutern zu können und gehe davon aus, dass es innerhalb Ihrer Mitgliedsunternehmen wohl kaum ein Unternehmen geben dürfte, was in den letzten acht Jahren die Preise stabil gehalten hat, vergleichbar der stabilen Steuern der Stadt Xanten, sodass Sie vielleicht durchaus Verständnis dafür entwickeln können, dass wir nun in Form einer Steuererhöhung handeln müssen.

Mit den besten Wünschen und auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen aus Xanten

Thomas Görtz
Bürgermeister   ”

 

IHK: Xantens Argumentation greift nicht

Die Niederrheinische IHK kann die Argumentation von Xantens Bürgermeister Thomas Görtz, die geplante Gewerbe- und Grundsteuererhöhung mit generell steigenden Preisen zu rechtfertigen, nicht nachvollziehen:

 

„Die Steuereinnahmen sind in Xanten seit 2018 Jahr für Jahr in etwa mit der Inflationsrate gewachsen – bei konstantem Hebesatz. Deswegen greift das Argument einer nun notwendigen ´Preiserhöhung´ nicht. Nun aus Sorge vor Corona-bedingten Ausfällen die Wirtschaft zu belasten, passt nicht in diese Zeit“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger.

„Jeder Euro wird aktuell in den Unternehmen benötigt, um Wirtschaftshilfen zurückzubezahlen, Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückzuholen und Investitionen in den Unternehmensstandort zu tätigen. Statt mitten in der Pandemie den Betrieben zusätzlich Geld zu entziehen, müsse sich die Politik vor Ort vielmehr solidarisch mit der Wirtschaft zeigen. Xanten wäre damit die einzige Kommune am Niederrhein, die in der Pandemie die Steuern so drastisch erhöht“, erklärt Dietzfelbinger.

Im Vergleich zu Unternehmen hätten Kommunen ganz andere Möglichkeiten, um sich zu refinanzieren. „Der zarte Hoffnungsschimmer auf eine wirtschaftliche Erholung, der sich aktuell abzeichnet, wird so im Keim erstickt“, betont Dietzfelbinger.

Die Niederrheinische IHK hatte die Mitglieder des Stadtrates angeschrieben und dafür geworben, auf die Steuererhöhungen, die rückwirkend zum 1. Januar 2021 gelten sollen, zu verzichten.

Anm.d.Red.: Zur Meinungsbildung wurden die Mitteilungen von Thomas Görtz und Dr. Stefan Dietzfelbinger ungekürzt veröffentlicht.

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