Chefarzt Matthias Blase, hier mit OP-Schwester Jasmin Sonntag, stellt den neuen Endoskopieturm vor, der die ICG-Messung möglich macht (Foto: EvK Witten)
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Witten. Neue Fluoreszenztechnik macht Durchblutungsstörungen während des Eingriffs sichtbar

Im Evangelischen Krankenhaus Witten kommt im OP 4 ein leuchtender Helfer zum Einsatz: Ein neuer Endoskopieturm macht es möglich, dass Durchblutungsstörungen beinahe millimetergenau schon während der Operation festgestellt werden können. Eine Innovation, die deutschlandweit bislang nicht in der Breite zum Einsatz kommt – und die für Patienten von großem Nutzen ist.

Indocyaningrün (ICG) lautet das etwas sperrige Stichwort, das dem Chirurgen während des Eingriffs hilft, schlecht durchblutetes Gewebe auf den ersten Blick zu erkennen. ICG ist ein Fluoreszenzmittel, das im EvK vor allem in der onkologischen Chirurgie zum Beispiel bei der Entfernung von Darm-Tumoren zum Einsatz kommt. Es hilft, das Risiko von Nahtbrüchen zu minimieren, die durch schlecht durchblutetes Gewebe entstehen können. Bislang musste der Operateur mit bloßem Auge die Blutversorgung erkennen und bewerten. Der Farbstoff ICG hilft ihm nun dabei, indem er gutes Gewebe buchstäblich leuchten lässt: Fast millimetergenau macht er sichtbar, wo der Darm wie gut durchblutet ist und wo der Operateur am besten seine Schnitte setzt. „Für die Patienten bedeutet dieses neue Verfahren ein großes Plus an Sicherheit“, sagt Matthias Blase, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am EvK Witten.

Wird bei einem Patienten beispielsweise ein Tumor entfernt, bekommt er – kurz bevor die beiden Darmenden wieder miteinander verbunden werden – Indocyaningrün (ICG) injiziert. ICG ist eine ungefährliche Substanz, die mit dem Blut in die Gefäßstrukturen transportiert und über Leber und Gallenwege wieder ausgeschieden wird. Nahinfrarotlicht bringt den Farbstoff in gut durchblutetem Gewebe zum Leuchten, während der Rest auf dem Monitor dunkel bleibt. „Das sind sehr eindrucksvolle Bilder, wenn innerhalb weniger Sekunden der Gefäßbaum sichtbar wird“, schildert der leitende Chirurg seine Erfahrungen mit der innovativen Kameratechnik, die im EvK Witten mit dem hochmodernen Endoskopieturm seit Anfang des Jahres zum Einsatz kommt. Ist die Durchblutung nicht ausreichend, kann der Chirurg sofort reagieren und den Darm bis in die gut gefäßdargestellte Region weiter kürzen und so das Risiko von Heilungsstörungen minimieren. „Die ICG-Messung ist ein wertvolles Instrument in der Präzisionschirurgie und eine große Hilfe, wenn es darum geht, die besten Bedingungen für einen guten Heilungsverlauf zu schaffen“, sagt Matthias Blase.

Der neue Endoskopieturm ist nicht nur ICG-fähig, er liefert zudem hochauflösende Bilder in 4K-Qualität: mit viermal mehr Bildpunkten und einer 64-fach besseren Auflösung als bisher. Da der Operateur Unregelmäßigkeiten nur anhand von Farben und Strukturen erkennen kann, kann er genauer und effizienter operieren, je besser die Bilder sind und je mehr Details die Aufnahmen liefern. „Die Bilder in 4K-Qualität haben wirklich eine unglaubliche Tiefenschärfe“, sagt Matthias Blase.

Der knapp 90.000 Euro teure neue Endoskopieturm ergänzt das bisherige Kamerasystem mit 3D-Technik, das die Kliniken des Ev. Verbundes Ruhr (EVR) in Witten und Herne 2012 als erste Häuser in NRW angeschafft hatten. Auch die Urologen des EvK Witten arbeiten mit der neuen Technik. Denn auch bei urologischen Operationen ist die schonende, minimalinvasive Chirurgie nicht mehr wegzudenken, zum Beispiel bei der Entfernung der Prostata bei Patienten mit einem Prostatakarzinom.

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