v.l. Schulleiter Eric Mühle freut sich über das bepflanzte Beet des Gymnasiums Fabritianum - ein Gemeinschaftswerk der Schüler Lenny Szabo und Justus Langemeyer, der Lehrerinnen Tamara Ehrhardt und Cathrin Stöcker sowie der Elternvertreterin Nadine Langemeyer (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, A. Bischof)
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Krefeld. Beetpaten erzählen, warum sie sich auf dem Werftgelände engagieren

„Der Rhein blüht auf“ steht auf einer der Plaketten, und genauso sieht es aus an diesem Sommertag am Flussufer. Rund 45 hölzerne Blumenkästen hat das Stadtmarketing auf dem unteren Werftgelände aufgestellt – bis zum Wochenende sollen alle bepflanzt sein. Die Vielfalt ist schon jetzt beeindruckend: Manche der ehrenamtlichen Beetpaten haben ein wahres Farbenmeer entfesselt, andere setzen auf duftende Küchenkräuter, hölzerne Fundstücke, gestrickte Insekten oder bunte Zwerge, die faul im Beet herumlümmeln. Der ADFC lässt einen Fahrradreifen aus dem Erdreich herausragen, die „Herbstzeitlosen“ (Genesen, geimpft und voller Hoffnung) haben einen Metallhahn als Pflanzenwache abgestellt, und die Kakteen-Freunde Krefeld werben – was sonst? – für ihre stachligen Lieblinge.

Das Gymnasium Fabritianum (Fabritz) ist gleich in halber Mannschaftsstärke angerückt, mitsamt Schülern, Elternvertretung, Lehrern und Schulleitung. Mit Maske und Abstand wird unter der fachkundigen Anleitung der Biologielehrerinnen Tamara Ehrhardt und Cathrin Stöcker gemeinsam geharkt und gepflanzt. „Die Pandemie hat uns ja alle ziemlich vereinzelt. Deshalb ist es jetzt besonders schön, etwas Praktisches gemeinsam zu machen“, sagt Thomas Tillmann, der am Fabritz für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Die Schüler der Green Line AG haben sich als zusätzlichen Anreiz ein Quiz über Pflanzen und Tiere ausgedacht, das mit einem Handy über QR-Codes abrufbar ist. Mitten im Beet steht ein Insektenhotel, das auf die ersten Buchungen potenzieller Sommergäste wartet.

Schulleiter Eric Mühle steht daneben und wirkt geradezu erleichtert, dass die leichte Brise am Rhein den monatelangen Kampf um Corona-Regeln, Schnelltests und Distanzunterricht aus den Kleidern weht. „Uerdingen hat wirklich mehr zu bieten als Bayer und die Rheinbrücke“, sagt er mit Blick auf das Werftgelände, das in diesen Tagen eine völlig neue Atmosphäre entwickelt. Doch es war nicht nur Lokalpatriotismus, der ihn zum Mitmachen bewogen hat: „Nachhaltigkeitsbildung wird an unserer Schule großgeschrieben, die Naturwissenschaften insgesamt sind am Fabritianum ein Leuchtturm. Wir hatten gerade erst zwei Regionalsieger Biologie bei ‚Jugend forscht‘“, betont der Schulleiter. Um die nächsten Höchstleistungen zu befördern und auch den Spaß an Flora und Fauna zu vermitteln, sollen die Klassen regelmäßig Unterricht am Blumenbeet erhalten.

Auf der anderen Seite des Rheintors haben Martina Czernia und Heike Kluge-Podleschny vom Zonta-Club Krefeld am Rhein in ihrem Beet eine Mischung aus optischen und olfaktorischen Genüssen geschaffen. Weihrauch und Lavendel stehen dort neben Geranien und Fette Henne. Mustern aus Muscheln auf dem Erdreich lassen kurz daran denken, dass der Rhein ein paar hundert Kilometer weiter ins Meer mündet. Auch die Nordseestrände waren während der Pandemie ja ungewohnt fern – jetzt ist der Urlaub in Zeeland wieder in greifbarer Nähe.

Allerdings eignet sich auch das Uerdinger Rheinufer neuerdings für Kurztrips mit Strandgefühl. Der Rhine-Side-Biergarten ist für die „3G“ – Geimpfte, Genesene und Getestete – wieder geöffnet. „Das ist eine unglaubliche Bereicherung für Krefeld und die ganze Umgebung“, sagt Heike Kluge-Podleschny. „Ein unansehnliches Ufer wird hier Stück für Stück zum tollen Freizeitareal.“

Tatsächlich sind die Blumenbeete, die mit Unterstützung von Feldsaaten Freudenberger bepflanzt werden, und die Strandbar, die vom Uerdinger Kaufmannsbund betrieben wird, ja erst der Anfang. Noch in dieser Woche sollen Boule- und Schachfelder sowie ein mobiler Kinderspielplatz hinzukommen, im weiteren Verlauf des Sommers ist von Märkten und Workshops bis hin zu Beach-Volleyball und Open-Air-Kino vieles möglich. Unter dem Namen „Werft 765 – Die Krefelder Rhine Side“ will das Stadtmarketing das Gelände ganz neu zum Leben erwecken.

Das freut auch Michael Heß. Der Geschäftsführer von Haus und Grund wohnt gleich am Rheintor und hat sich kurzentschlossen auch eins der Beete gesichert. Er hat sowohl fürs Auge (Margeriten) als auch für den Geschmacksinn (Salat und Petersilie) gepflanzt. Seine Beteiligung dient aber nicht der kulinarischen Selbstversorgung, sondern beruht auf tiefer Überzeugung. „Wenn dieses Gelände so weiterentwickelt wird, wie es geplant ist, dann wird das traumhaft. Dass Krefeld am Rhein liegt, haben ja viele noch gar nicht richtig begriffen“, sagt Michael Heß. Rezepte wie „Werft 765“ helfen nach seiner Ansicht auch gegen eine Verödung der Innenstädte und gegen Verschmutzung und Vandalismus, weil sie Belebung bringen: „Was wir hier in Uerdingen haben, direkt am Rheinufer, das wäre in Düsseldorf oder Köln absolut unbezahlbar.“

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