(Foto: privat)
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Moers. Nun hat der neue Moerser Schlossplatz sein erstes Denkmal: Direkt gegenüber dem Weißen Haus nahm Bürgermeister Christoph Fleischhauer ein Bronze-Relief als Geschenk des Grafschafter Museums- und Geschichtsverein (GMGV) entgegen. Und dieses Mal gab es, anders als bei der Frage „Baum oder Nicht-Baum“ keine zwei Meinungen: „Eine tolle Sache für die Stadt“, sagte Fleischhauer. „Da bleibt mir nur ,Danke’ zu sagen.“

Vereinsvorsitzender Peter Boschheidgen nahm den Faden auf und gab den Dank an eine Reihe von Mitstreitern weiter, ohne deren Zutun dieses Werk so nicht zustande gekommen wäre. Allen voran natürlich an den Künstler Michael Franke, aber auch den Technischen Beigeordneten Thorsten Kamp und sein Team. „Ohne ihn“, so Boschheidgen, „wäre gar nicht aufgefallen, dass in der Vorlage, nach der die Bronze gearbeitet wurde, die Synagoge fehlte. In dem Relief ist sie dank seiner Aufmerksamkeit nun enthalten.“

Tatsächlich sei die Schaffung dieses für Moers einmaligen Objekts, wie der Vorsitzende betonte, echtes Teamwork gewesen. So hätten sich als Sponsoren der Rotary-Club und die Rotary-Stiftung Moers, die Grafschaft Moers Geschichtsstiftung und die Volksbank Niederrhein sofort zur Verfügung gestellt. Namentlich hob Boschheidgen auch die Vorstandsmitglieder Dr. Wilfried Scholten und Jürgen Stock hervor, die den gesamten Entstehungsprozess begleitet hätten.

Die Idee zur Schaffung eines Bronzereliefs wurde vor einigen Jahren in den Reihen des GMGV geboren, als Aktive des Vereins darüber diskutierten, wie im Jubiläumsjahr 2020 an das 400-jährige Bestehen der oranischen Festungsanlage in angemessener Weise erinnert werden könnte. „Wir hatten schon früh Frau Professor Dr. Margret Wensky mit der Zusammenstellung des Buches „400 Jahre oranische Befestigung“ beauftragt, aber wir wollten diesen Teil der Moerser Geschichte auf anschauliche Weise auch einem weiteren Publikum nahebringen“, sagt der GMGV-Vorsitzende Peter Boschheidgen vor dem Festakt. So beschloss der Verein schließlich, eine dreidimensionale Stadtansicht in Bronze zur Aufstellung im Schlossumfeld in Auftrag zu geben, die das Moerser Stadtbild im 17. Jahrhundert möglichst naturgetreu abbilden sollte.

Warum aber griff der Verein auf den Plan des französischen Festungskommandanten de Sariac zurück, der erst 50 Jahre nach der Übergabe der Stadt von oranischen an preußische Truppen und mehr als 140 Jahre nach Fertigstellung der Befestigungsanlage entstand? Hätte es nicht näher gelegen, die niederländischen Pläne zu benutzen, die kurz vor oder kurz nach der Beendigung der Bauarbeiten entstanden? „In der Tat hat sich der Vorstand, zum Teil auch im Austausch mit Frau Professor Wensky, mit dieser Frage intensiv auseinandergesetzt“, antwortet Boschheidgen. „Wir sind aber zu dem Schluss gekommen, dass frühere Pläne entweder nicht detailgetreu genug sind, um als Vorlage dienen zu können oder lediglich Bauskizzen darstellen, die nur teilweise zur Ausführung gelangten. Auf dem Sariac-Plan dagegen ist die oranische Festung Moers genau so festgehalten, wie sie vor ihrer Schleifung in den Jahren 1763 und 1764 tatsächlich war.“

So werden aufmerksame Betrachter des Reliefs feststellen, dass das „Meer“ (holländisch für See oder Teich), das Alt- und Neustadt trennt, im Bereich des heutigen Neumarktbereichs bereits zugeschüttet ist. Wälle und Gräben rings um Schloss und Stadt zeigen dagegen die ursprüngliche, von den Niederländern angelegte Form.

Noch ein weiteres Argument sprach für die Nutzung der Sariac-Variante: Im Moerser Schloss befindet sich bereits ein dreidimensionales Modell, das die damalige Museumsleiterin Christine Knupp-Uhlenhaut seinerzeit auf Grundlage des Planes von 1762 herstellen ließ. Dieses Modell ermöglichte die Anfertigung eines 3-D-Scans, mit dessen Hilfe der Ausdruck eines 3-D-Rohlings möglich war, der dann die Grundlage für die weiteren Bearbeitungsschritte lieferte. Wie komplex das ganze Verfahren war, zeigt die Tatsache, dass ein erster Versuch, Daten für die Druckvorlage herzustellen, nicht von Erfolg gekrönt war.

„Umso höher ist die Leistung des von uns beauftragten Michael Franke zu werten, der sowohl die technischen Abläufe der unterschiedlichen Gewerke organisierte als auch die künstlerische und handwerkliche Gestaltung kreativ umsetzte“, betont Boschheidgen, dessen Großvater das bis heute maßgebliche Werk zur Festungsgeschichte verfasst hat.

Dass die Übergabe des Kunstwerks an die Stadt Moers erst im Jahr 2021 möglich war, hängt damit zusammen, dass für die Aufstellung des auf einem Basaltsockel fest verankerten Werks erst die Fertigstellung des Schlossplatzes abgewartet werden musste. Das auch mit der Braille-Schrift versehene und mit einer Unterfahrmöglichkeit für Rollstühle versehene Relief wurde bewusst so aufgestellt, dass der Besucher sich von seinem Standort aus eine Vorstellung von der Lage der historischen Gebäude machen kann. „Wir hoffen”, so Boschheidgen, „dass noch viele Generationen Freude an diesem Kleinod vor dem Schloss haben mögen.“

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