HZI-Chef Bubik führt Projektleiterin Andrea Neugebauer vom Mülheimer Alpenverein über die erste Klettersteigpassage (Foto: A. Neugebauer)
Anzeige

Mülheim an der Ruhr. Seit dem 13. September 2021 wird an der Vorlandbrücke auf dem MüGa-Gelände fleißig gebohrt, werden Verankerungen gesetzt und geklebt, Drahtseile verlegt und gespannt und Elemente angebracht. Endlich ist es also soweit: Die vom Mülheimer Alpenverein in Zusammenarbeit mit dem Mülheimer Sportservice (MSS) seit vielen Jahren geplante Klettersteiganlage ist im Bau und wird nun Wirklichkeit. Mülheim erhält damit einen weiteren Klettertreffpunkt – für eine Spielart des Bergsports, die sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Auch immer mehr Sektionsmitglieder tummeln sich gerne auf den „Eisenwegen“, die sich nicht nur in den Bergen der Alpen, sondern mittlerweile auch in vielen Mittelgebirgsregionen finden lassen.

Doch bevor man eine „Via Ferrata“ im Hoch- oder Mittelgebirge ansteuert, sollte man wissen, was man tut und fit sein. Hierfür braucht es Übung und Training. Und wenn man die möglichst wohnortnah erlangen kann, ist das ideal. Somit wird die Mülheimer Klettersteiganlage einen wichtigen Beitrag leisten, sicher in den Bergen und der Natur unterwegs zu sein. Aber schon die Anlage an sich wird Einiges zu bieten haben. Denn auf etwa 60 Metern Länge bietet sie verschiedene Varianten in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. „Die Vorlandbrücke ist ein tolles und attraktives Areal für einen Klettersteig“, begeistert sich Kurt Bubik, der seilgesichert in einer lichten Höhe von sechs Metern die schwere Bohrmaschine bedient. Bubik leitet das vierköpfige österreichische Bauteam der Firma HZI aus dem Pitztal leitet. Die Tiroler haben schon viele solcher Projekte realisiert. Doch die Brücke hat es ihnen spürbar angetan.

Dabei war der Start am Montag noch recht holprig. Erst hatte sich die vorhandene Hebebühne im zu weichen Boden festgefahren, musste herausgezogen und kurzfristig durch eine nutzbare Alternative ersetzt werden. Dann musste der Transport des zwischengelagerten Baumaterials zum MüGa-Gelände neu disponiert werden, den dankenswerterweise schließlich die Firma HARBECKE übernahm. All das zu organisieren, gelang dem Sektionsteam um Andrea Neugebauer bis elf Uhr vormittags. Mit Unterstützung der Mülheimer Stadtmarketing- & Tourismus (MST) war bis dahin auch die Stromversorgung gesichert, um die elektrischen Werkzeuge und den Kompressor betreiben zu können. „Das Spannende an solchen Projekten ist die Improvisation“, so das trockene Statement von Neugebauer, die aber auch sichtlich erleichtert war, als es endlich losgehen konnte. Bis zum Abend hatten Bubik und sein Team dann schon einen Großteil der Führungsseile verlegt und gespannt, sodass sogar schon die ersten Testbegehungen auf der installierten Teilstrecke durchgeführt werden konnten. So ließ es sich Bubik nicht nehmen, mit der Projektleiterin des Mülheimer Alpenvereins einen kleinen Kletterspaziergang zu unternehmen.

„Alles andere als ein Spaziergang“ kommentierte später ihr Mann Norbert Neugebauer seinen ersten Kontakt mit dem Klettersteig im Bau. Denn was noch fehlt, sind die verschiedenen Elemente, etwa spezielle Griff- und Trittmöglichkeiten, um die Motorik, den Körpereinsatz und das Gleichgewicht trainieren zu können. „Am Steig ständig auf Reibung klettern zu müssen, ist ein reiner Kraftakt“, weiß Michael Cremer, Sektionsvorsitzender, aus eigener Erfahrung. Letztlich soll die Klettersteiganlage aber nicht dem Kraft-, sondern mehr dem Techniktraining dienen. So wird sie vornehmlich das Ausbildungs- und Trainingsangebot der Sektion bereichern. Aber auch Kurse in Zusammenarbeit mit Kooperationspartner*innen wie dem MSS und der MST sind geplant, wenn die Anlage fertiggestellt ist. Bis zum Ende der Saison im Oktober soll sie nun aber erst einmal von Fachübungsleitenden, Trainer*innen und Jugendleiter*innen genutzt werden, um ihre Eigenheiten und Möglichkeiten richtig kennenlernen zu können wie z.B. die Seilbrücke am mittleren Brückenbogen.

Bis zum Frühjahr ruht dann der Betrieb, um u.a. die verschiedenen Fledermausarten in ihren Winterquartieren im Brückeninneren nicht zu stören. Auch während der Nutzungsperiode steht der Natur- und Artenschutz ganz weit oben. Geklettert wird nur bei Tageslicht, um den Fledermäusen in ihrem Revier nicht ins Gehege zu kommen. „Schon mit Beginn der ersten Planungen haben wir eng mit der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt zusammengearbeitet“, berichtet Cremer. Auch der Denkmalschutz, ergänzt er noch, habe in den Vorbereitungen eine wichtige Rolle gespielt. Insgesamt meinen Neugebauer und er aber, dass solche Projekte nur schwer ehrenamtlich zu stemmen seien. Umso größer ist nun ihre Freude, dass die Anlage laut Bubik wohl schon in einigen Tagen voll einsatzbereit sein wird – dank einer echten Teamleistung nicht nur von den vier Österreichern und Neugebauer, sondern auch von den vielen fleißigen Helfer*innen im Hintergrund und den anderen Projektpartner*innen wie der Leonhard Stinnes Stiftung, der Sparkassenstiftung Mülheim an der Ruhr oder der Firma HARBECKE. „Mülheim bekommt dank ihnen eine neue Attraktion nicht nur für Klettersportbegeisterte“, so Cremers Fazit, der auch nochmal die Spendenbereitschaft der Sektionsmitglieder für diese Anlage audrücklich lobt. Zu Beginn der kommenden Klettersaison sind sie wie alle Neugierigen dann herzlich zur offiziellen Eröffnung eingeladen.

Weitere Informationen: klettern@alpenverein-muelheim.de

Beitrag drucken
Anzeigen