Krefeld. Besetzt von Tabus und Vorbehalten verlangt die professionelle Beschäftigung mit sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen ein besonderes Maß an Feinfühligkeit. Es braucht aber auch die Fähigkeit, Situationen angemessen zu analysieren und entsprechend konsequent zu handeln. Die städtische Fachstelle „Prävention und Intervention bei sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche” hat deshalb eine Handlungsanleitung für pädagogische Fachkräfte in den Krefelder Kitas und Jugendeinrichtungen entwickelt. Das Handbuch „Prävention und Intervention zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt” soll Fachkräfte dabei unterstützen, eine gemeinsame, verbindliche Haltung zum Thema sexuelle Gewalt, deren Prävention sowie der sexualpädagogischen Bildung zu entwickeln.
Stadtdirektor und Jugenddezernent Markus Schön stellt bei der Präsentation des Handbuches fest: „Das Thema Sexuelle Gewalt ist eines der schlimmsten, mit denen Kinder und Jugendliche beim Aufwachsen konfrontiert werden könnten. Die Kriminalstatistiken der Polizei weisen bundesweit stetig steigende Zahlen aus und das ist bekanntermaßen nur die Spitze des Eisbergs. Zum Glück haben sich die Strafverfolgungsbehörden da inzwischen viel breiter aufgestellt und die Aufdeckungsquote wird immer höher. Gut ist aber auch unser Ansatz als Kommune, die Prävention zu stärken und Handlungsanleitungen zu formulieren”.
Gülay Kaya-Smajgert, Leiterin der Fachstelle zur Prävention und Intervention, hat viel Erfahrung gesammelt, weil sie selbst zunächst in der Fallbearbeitung tätig war. Sie kennt die Ängste aus dem Umfeld der Betroffenen, etwas falsch zu machen. So entwickelte sich die Idee, im Rahmen eines Fachbuches Schutzkonzepte für alle möglichen Fallkonstellationen in und außerhalb von Einrichtungen oder Vereinsgeschehen schriftlich festzuhalten und als Handreichung zur Verfügung zu stellen.
Durch Informationen zu einem Thema, das in Studium und Ausbildung der Fachkräfte bisher eher vernachlässigt werde, sollen sich Unsicherheiten und Belastungen reduzieren. Die Handlungssicherheit im Umgang mit sexuellen Übergriffen und sexueller Gewalt, der Kommunikation nach außen und im Kontakt mit Erziehungsberechtigten soll sich erhöhen. Silke Wintersig, Leiterin der Abteilung Jugend, betont: „Es werden den Mitarbeitenden in Einrichtungen oder ehrenamtlichen Helfern klare Wege zum Umgang mit sexuellen Übergriffen oder Verdachtsfällen aufgezeigt. Das Handbuch soll sie dabei unterstützen, sexuelle Gewalt in ihren pädagogischen, psychologischen und rechtlichen Dimensionen richtig zu verorten”. Ziel sei es, Betroffenen von sexueller Gewalt mit Respekt und Achtung zu begegnen und ihnen die Hilfen zu gewähren, die sie benötigen, sowie gemeinsam die Weichen zu stellen für eine Welt mit weniger sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen.
Bereits Anfang der 1990er-Jahre widmete sich die Abteilung Jugend des Fachbereichs Jugendhilfe der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die Betroffene von sexuellen Übergriffen und sexueller Gewalt wurden. In der Folgezeit wurde das Konzept weiterentwickelt und dem Beratungsbedarf in den Handlungsfeldern angepasst. Neben der Beratung und Begleitung der jungen Menschen und ihrer Bezugssysteme gelangte zunehmend die Präventionsarbeit gegen sexuelle Gewalt in den Fokus. Hiermit einhergehend wurden weitere Handlungserfordernisse deutlich.
Stadtdirektor Markus Schön betont: „Mit der Entscheidung, weitere Stellen für die Präventionsarbeit bei den freien Trägern sowie bei der Stadtverwaltung einzurichten, hat die Stadt Krefeld ein deutliches Zeichen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen gesetzt”.