Mitarbeiter der Behindertenhilfe freuen sich auf die geplanten Aktionen (Foto: © St. Augustinus Gruppe)
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Krefeld. Tag der seelischen Gesundheit will Akzeptanz für psychische Erkrankungen fördern

Wenn sie mit dem Bus fährt, muss Claudia H. singen, sonst hält sie es dort nicht aus. Sie leidet an einer Depression mit Angststörung und nimmt Medikamente ein, die ihr helfen. Aber wenn sie draußen unterwegs ist, hat sie trotzdem Angst. Dann muss sie sich beruhigen, alle Nebengeräusche ausschalten, und das schafft sie, indem sie laut singt. Claudia H. ist Klientin der Behindertenhilfe der St. Augustinus Gruppe in Krefeld. Der Gesang stört die anderen Fahrgäste meistens, das macht es für Claudia H. nicht einfacher. „Es geht nicht darum, von dem Singen nicht irritiert zu sein, das wäre ich als Fahrgast auch. Es geht darum, dieses psychische Leiden trotz Irritation zu akzeptieren“, sagt Martin Hanke, Bereichsleitung der Behindertenhilfe.

Zum Tag der seelischen Gesundheit am 10. Oktober wirbt die St. Augustinus Gruppe für mehr Akzeptanz für psychische Erkrankungen. Psychische Leiden sind keine Randerscheinung, sie haben im vergangenen Jahr die Liste der Ursachen für Arbeitsunfähigkeit angeführt und damit Rückenschmerzen als Ursache verdrängt – das geht aus einer Analyse der DAK zum Krankenstand in Deutschland hervor. In der Bundesrepublik sind jährlich knapp 28 Prozent der erwachsenen Bevölkerung von psychischen Erkrankungen betroffen. Das macht 18 Millionen Menschen und entspricht in etwa der Einwohnerzahl von NRW. „Damit unsere Gesellschaft tragfähig bleibt, müssen wir psychische Erkrankungen ernst nehmen und Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen viel besser unterstützen“, so Karl-Heinrich Bertelmann-Ginster, Einrichtungsleitung Tagesstruktur und Netzwerke bei der Behindertenhilfe. „Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen wollen teilnehmen können, beruflich und gesellschaftlich.

Im Vorfeld des Tages der seelischen Gesundheit sind in Krefeld darum einige Aktionen geplant, die Aufmerksamkeit auf das Thema lenken sollen: Am 7. Oktober gibt es von 10 bis 15 Uhr einen Infostand auf dem Joseph-Beuys-Platz, am 8. Oktober, ebenfalls von 10 bis 15 Uhr, einen Info-Tag im Café Königshof und am 10. Oktober von 10 bis 13 Uhr eine Malaktion im Netzwerk Luisenstraße. Außerdem verteilen einige Einrichtungen der St. Augustinus Gruppe grüne Schleifen als Zeichen gegen die Ausgrenzung psychisch kranker Menschen. „Ziel ist es, dass Menschen mit psychischer Erkrankung selbstbewusst und selbstbestimmt und ohne Scham am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Die Beeinträchtigung darf nicht zu einem Stigma führen“, sagt Karl-Heinrich Bertelmann-Ginster.


Der Aktionstag Seelische Gesundheit findet jährlich am 10. Oktober statt. An diesem Tag wird von über 125 Mitgliedsorganisationen und teilnehmenden Akteuren zu mehr Akzeptanz für psychische Erkrankungen aufgerufen. Als Symbol der Solidarität zu Menschen, die mit psychischen Erkrankungen leben, wird die grüne Schleife – ähnlich der roten Aids-Schleife – gut sichtbar angesteckt und getragen. In diesem Jahr steht der Aktionstag unter dem Motto: „Gemeinsam über den Berg – Seelische Gesundheit in der Familie“.

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