Matthias Schmitt, Diözesan-Caritasdirektor für das Bistum Essen (Foto: Caritas)
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Essen/Ruhrgebiet. Armut – ein hochkomplexes Problem im Ruhrgebiet

„Was brauchst du für ein besseres Leben?“ Diese Frage haben die beiden zur Caritas gehörenden Sozialverbände SkF und SKM Menschen gestellt, die in Armut leben müssen. In ihren Antworten geht es um bezahlbaren Wohnraum, um die nach wie vor schlechteren Bildungschancen für Kinder aus armen Familien, um fehlende sichere Arbeitsverhältnisse und nicht zuletzt um eine angemessene Erhöhung der Regelsätze für Menschen, die Hartz IV beziehen. Ab Januar 2022 erhält ein alleinstehender Erwachsener monatlich 449 Euro – drei Euro mehr als bisher.

Wohnraum, Bildung, Arbeit – solche Antworten waren zu erwarten. Denn die Beseitigung der Armut in einem der reichsten Länder der Welt steht seit langem ungelöst auf der Agenda. Und gerade das Ruhrgebiet – mit rund 5,8 Millionen Einwohnern größter Ballungsraum Deutschlands – steht mit seiner Armutsquote von 21,1 Prozent als trauriger Spitzenreiter der ärmsten Regionen bundesweit da. Zum Vergleich: In Bayern und Baden-Württemberg liegt die Armutsquote bei 11,7 bzw. 11,9 Prozent. Die lange Zeit der Pandemie hat die Lage gravierend verschärft. Wer vorher schon an der Schwelle zur Armutsgefährdung lebte, rutschte mit Kurzarbeit oder Jobverlust vollends in eine Notlage.

Besonders dramatisch: Jedes dritte Kind in der Ruhrregion lebt in Armut. In Gelsenkirchen sind etwa 40 Prozent, in Essen 33 Prozent und in Duisburg 29 Prozent aller unter 15-Jährigen von Hartz IV abhängig.

Armut ist ein hochkomplexes Problem, das keine populistischen Antworten verträgt. Die nächste Bundesregierung muss das Thema entschieden angehen. Und in den Kommunen müssen interdisziplinäre Teams, bestehend aus Experten der Verwaltung und der Freien Träger, ihre Stadt kleinräumig unter die Lupe nehmen und eine belastbare Sozialplanung entwerfen. Die Kommunen verantworten den Sozialplan. Die Träger der freien Wohlfahrt, die in den Stadtvierteln Kontakt zu den Menschen halten, kennen sich gut aus vor Ort. Gut, wenn man dann eng zusammenarbeitet.

„Was brauchst du für ein besseres Leben?“ In einem waren sich alle Befragten einig: Sie möchten Wertschätzung. Sie wollen mit ihren Kindern am sozialen Leben teilhaben, Kontakte pflegen und gemeinsam etwas unternehmen können – und sei es nur „einfach mal in die Eisdiele, unbeschwert etwas bestellen und sich unterhalten“.

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