Joachim Fenger (Foto: © Anja Becker Fotografie)
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Moers/Duisburg. „Die ganze Geschichte ist fast nicht zu glauben“, regt sich der Moerser CDU-Ratsherr Joachim Fenger auf. Dann sprudelt es auch schon aus ihm raus. Da soll eine neue Abfalldeponie für kontaminierte Stoffe errichtet werden und das in einer Zeit, wo man glaubt, dass jeder verstanden hat, wie überlebenswichtig die Umwelt für uns Menschen ist.

Vorgesehener Tatort: die Lohmannsheide, ein Gebiet auf Baerler Boden, direkt an der Stadtgrenze zu Moers. „Leicht“ kontaminierte Abfälle sollen in den nächsten 20 Jahren täglich mit einer Unzahl von LKWs über Moerser Stadtgebiet dorthin gefahren werden. Der dort vorgesehene Platz ist im weiten Umfeld der ungeeignetste Flecken Erde, den man sich vorstellen kann.

Vor dem Krieg war dort ein Baggerloch. Und nach dem Krieg wurde dort versenkt, was Private und Industrie loswerden wollten. Teilweise wurden dort Materialien wie Hochofenschlacke, Schamottbruch oder Schienenschotter kontrolliert entsorgt, teilweise über viele Jahre völlig unkontrolliert Materialien aller Art. Mit anderen Worten: dort im Boden schlummert eine Giftbombe ungeahnten Ausmaßes. Krebserregende Substanzen wurden beim Grundwasser-Monitoring festgestellt. Die Dichtigkeit des Haldenuntergrundes ist unbekannt.

„Man muss kein Professor sein um zu erraten, was passiert, wenn man auf diesen Giftcocktail eine 80 m hohe Halde mit 125 t Druck pro Quadratmeter errichtet. Das Giftgemisch wird nach unten gedrückt und vermischt sich dort mit dem Grundwasser“, ist Fenger erzürnt und vergleicht dieses Szenario mit dem Ausdrücken eines Schwammes, wenn statischer Druck ausgeübt wird.

Zufahrt zur Deponie (Foto: Christian Voigt/LokalKlick)

Dieses vergiftete Grundwasser wird dann je nach unterirdischer Strömung in den nahe gelegenen Rhein fließen und auch unter Baerl hindurch bis zum Trinkwasserschutzgebiet Binsheimerfeld. Bewegt sich die Giftbrühe in die andere Richtung nach Eick-Ost, dann darf dort keiner mehr mit dem Brunnen seinen Garten bewässern. Bereits heute gibt es Straßenzüge, wo die Wasserentnahme verboten ist. Aber auch die alten und neuen Wohngebiete in Meerbeck könnten betroffen werden.

Denn neben der geplanten Halde gibt es bereits eine kleinere Halde, die Rheinpreußenhalde mit dem berühmten Moerser Geleucht oben darauf. Als diese mit Abraum aus den Bergwerken dort aufgeschüttet wurde, wurde der benachbarte und beliebte Badeort Waldsee vergiftet. Bis heute ist dort das Baden bei Lebensgefahr verboten.

Die drohende Vergiftung des Grund- und Trinkwassers wäre schon genug Grund, um den Bau einer Deponie dort zu verbieten. Doch es gibt noch weitere Gründe: auf dem Gelände liegen bis zu 25 Blindgänger aus dem zweiten Weltkrieg. Weiterhin haben sich dort Biotope entwickelt und seltene Tiere haben dort ihre Heimat gefunden. Der BUND aus Wesel/Moers hat ein 48-seitiges Gutachten geschrieben, was alles gegen die geplante Halde spricht. Die Städte Moers und Duisburg haben ebenfalls ausführliche Stellungnahmen zu dem geplanten Unternehmen verfasst.

Blick von der Deponie Lohmannsheide auf die Neubausiedlung Meerbeck-Ost (Foto: Christian Voigt/LokalKlick)

„Alle sind dagegen: der gesamte Rat der Städte Moers und Duisburg, über alle Parteigrenzen hinweg, der gesamte Kreistag in Wesel und alle Umweltexperten hier vor Ort warnen vor diesem Wahnsinn. Doch die Betreiberfirma gibt nicht auf. Es geht hier um sehr viel Geld, was mit diesen Abfällen verdient werden soll. Und das auf Kosten der Gesundheit der Bürger von Moers und Baerl. Dies gilt es unter allen Umständen zu vermeiden“, erklärt Fenger.

Die zukünftigen Betreiber arbeiten nach Fengers Ansicht mit allen Tricks. So musste das geplante Projekt im letzten Jahr der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die Unterlagen standen kurze Zeit im Netz und waren dann nicht mehr vorzufinden. Die Frist, um schriftlichen Widerspruch einzulegen, wurde auf Weihnachten letzten Jahres gelegt, auf einen Zeitpunkt, wo keiner Zeit hatte und zusätzlich mit Corona beschäftigt war. Trotzdem haben weit über 1.500 Bürger schriftlich ihre Einwände erhoben.

Am Montag, dem 25. Oktober 2021 findet ab 10 Uhr in der ENNI-Eventhalle auf der Filder Straße 142 in Moers der Erörterungstermin statt. Hierzu sind alle 1.500 Bürger, die seinerzeit Einwände schriftlich vorgebracht haben, einzuladen. Wie hat man das gemacht? Die einzelnen Bürgerinnen und Bürger wurden nicht direkt postalisch eingeladen ihr Rederecht wahrzunehmen. Es wurde über die Amtsblätter in Moers und Duisburg eingeladen, die kein normaler Bürger liest. „Diese ganze Art und Weise, wie man mit den Rechten der Bürger umgeht, ist ein Skandal“, empört sich Ratsherr Fenger weiter. Doch er ist nicht alleine. Alle Fraktionen haben sich ausdrücklich gegen das Projekt ausgesprochen und Widerstand angemeldet. Am morgigen Samstag, dem 23.10.2021 finden Infostände statt bei EDEKA in Baerl, auf dem Markt in Meerbeck und auf dem Altmarkt in Moers.

„Man will die Bürger mundtot machen und genau das Gegenteil muss jetzt geschehen“, so Fenger. Weiterhin meint er: „Alle sind aufgerufen gegen dieses Projekt vorzugehen. Schreiben Sie Leserbriefe, beschweren Sie sich im Netz, sprechen Sie ihren lokalen Politiker an, schreiben Sie an ihren Bundestags- oder Landtagsabgeordneten, rufen Sie bei Ihrem lokalen Rundfunk- oder Fernsehsender an, sprechen Sie mit ihren Nachbarn. Noch besser: kommen Sie am kommenden Montag zur ENNI-Eventhalle und geben Sie Ihren Unmut gegen das Projekt kund. Zeigen Sie, dass Sie mit dem Vorgehen und dem Projekt nicht einverstanden sind, damit dieses gefährliche Projekt verhindert wird.“

LeserBriefe: leserbriefe@lokalklick.eu

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