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Düsseldorf. Die Landeshauptstadt erinnert mit verschiedenen Gedenkveranstaltungen im Stadtgebiet

In der Nacht von Dienstag, 9. November, auf Mittwoch, 10. November, jähren sich die Ereignisse des Novemberpogroms 1938 zum 83. Mal. Allein in Düsseldorf gab es mehr als 450 Überfälle auf Wohnungen und Geschäftsräume, mindestens 70 Menschen wurden teilweise schwer verletzt, 13 Menschen starben während oder an den Folgen des Pogroms. Mit einer Kranzniederlegung, einer Gedenkstunde und einem ökumenischen Gottesdienst gedenkt die Landeshauptstadt Düsseldorf der Opfer des Novemberpogroms.

Oberbürgermeister Dr. Keller: “Die Erinnerungen an die schrecklichen Ereignisse jener Nacht dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ist auch in unserer heutigen Gesellschaft von zentraler Bedeutung – es ist unsere Aufgabe, sich jeden Tag entschieden gegen Antisemitismus, Ausgrenzung und Hass zu stellen.”

Kranzniederlegung an der Kasernenstraße

Am Dienstagvormittag, 9. November, fand am Standort der 1938 niedergebrannten Synagoge an der Kasernenstraße auf Einladung der Jüdischen Gemeinde eine stille Kranzniederlegung statt. Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller, Landtagspräsident André Kuper, Landtagsvizepräsidentin Carina Gödecke, Dr. Stephan Holthoff-Pförtner, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales des Landes Nordrhein-Westfalen, der Doyen des Konsularischen Korps NRW, der polnische Generalkonsul Jakub Wawrzyniak, und der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Dr. Oded Horowitz, legten dort einen Kranz nieder. Der Kantor der Jüdischen Gemeinde Aaron Malinsky sang das Trauergebet “El male rachamin”. Das Gedenken vor Ort konnte aufgrund der Corona-Bestimmungen nur im kleinsten Kreis stattfinden. Den Tag über kamen jedoch weitere Verbände und Institutionen, die Kränze oder Blumen niederlegten, darunter die Düsseldorfer Jonges, der Deutsche Gewerkschaftsbund, und beide christlichen Kirchen. Die 1904 errichtete Synagoge mit dazugehörigem Rabbinerhaus, Volksschule und Gemeindebüros war in der Nacht zum 10. November 1938 geschändet und angesteckt worden. Sie brannte vollständig aus und wurde im Winter 1938/39 vollständig abgerissen.

Gedenkstunde im Mendelssohn-Saal der Tonhalle

Für den Spätnachmittag hatte Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller zu einer Gedenkstunde im Mendelssohn-Saal der Tonhalle geladen: Im Mittelpunkt stand der Auftritt eines Quartetts der Düsseldorfer Symphoniker, die einen Ausschnitt aus der Komposition “Flügel, schweben” von Bojan Vuletić aufführten. Dieses Stück ist eine Verarbeitung der Ereignisse im November 1938 in Düsseldorf. Es thematisiert das Verstummen von Musik und die Zerstörung von Musikinstrumenten, Noten und Schallplatten in Düsseldorfer Haushalten. Das Quartett besteht aus Christoph Schneider an der Klarinette, Egor Grechishnikov mit seiner Violine, Nikolaus Trieb am Violoncello und Alina Bercu am Klavier.

Neben Oberbürgermeister Dr. Keller sprachen auch die Landtagsvizepräsidentin Carina Gödecke sowie Jürgen Mathies, Staatssekretär im Ministerium des Innern Nordrhein-​Westfalen, und Dr. Oded Horowitz, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Worte des Gedenkens. Die Gedenkstunde wurde durch die Darbietung des “El male rachamim” durch Aaron Malinsky, Kantor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, abgeschlossen.

Unter den Gästen war auch Francis W. Hoeber, der eigens aus den USA angereist ist und dessen Vater 1938 einen beeindruckenden Bericht über seine Wahrnehmung der Pogromnacht in Düsseldorf verfasst hat: Johannes Höber, selbst als Sozialdemokrat und als “nichtarischer Christ” verfolgt, erlebte die Überfälle auf befreundete jüdische Familien. Am 12. November 1938 floh er über Zürich in die USA, seine Frau und seine Tochter konnten ein gutes Jahr später folgen.

Open Air-Lesungen und ökumenischer Gottesdienst

Bereits am Montag, 8. November, gedachten der Evangelische Kirchenkreis, die Katholische Kirche in Düsseldorf, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Düsseldorf, die Mahn- und Gedenkstätte und die Feuerwehr Düsseldorf der Opfer der gewaltsamen Überfälle im Herbst 1938 im Rahmen von drei Open Air-Gedenklesungen. Der Bericht von Johannes Höber stand im Mittelpunkt des Gedenkens, der Schauspieler Jonathan Schimmer lieh dem Düsseldorfer Augenzeugen dafür seine Stimme. Die Lesungen wurden am Johannes-Rau-Platz, im Ingenhoven-Tal und am Marktplatz vor dem Rathaus gehalten.

Darüber hinaus fand in der Dominikanerkirche St. Andreas ein ökumenischer Gedenkgottesdienst in Erinnerung an den Novemberpogrom statt. Die Predigt hielt Pfarrer Peter Andersen, Stadtdechant Frank Heidkamp und Superintendent Heinrich Fucks zelebrierten den Wortgottesdienst.

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