Eine willkommene Abwechslung für Bewohnerin Margarete Pilichievicz: „Bufdi“ Klaus Hettlage liest ihr im Café des Caritaszentrums Rheydt aus der Zeitung vor (Foto: Caritas)
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Mönchengladbach. Er dürfte einer der ältesten „Bufdis“ in ganz Deutschland sein: Seit kurzem leistet Klaus Hettlage im Caritaszentrum Rheydt seinen Bundesfreiwilligendienst. Im Mai ist er 85 geworden.

An die erstaunten Blicke hat sich Klaus Hettlage längst gewöhnt. „Ach so, der neue Bufdi…“, heißt es schon mal halb ungläubig, halb bewundernd, wenn der Mönchengladbacher im Einsatz ist. Mit Mitte 80 entspricht Hettlage nicht unbedingt dem üblichen Bild eines „Bufdi“. Zwar steht der vor zehn Jahren eingeführte Bundesfreiwilligendienst (BFD) anders als etwa das Freiwillige Soziale Jahr grundsätzlich auch Erwachsenen über 27 offen. „Aber normalerweise haben wir es mit 18- bis 20-Jährigen zu tun, von daher ist die Zusammenarbeit mit Herrn Hettlage auch für uns eine ganz neue und sehr schöne Erfahrung“, sagt Judith Schiffer, die den Sozialen Dienst im Caritaszentrum Rheydt leitet. „Er unterstützt uns hier sehr“, fügt sie hinzu.

Von montags bis freitags ist Klaus Hettlage für jeweils vier Stunden im Haus. Er begleitet den Mittagstreff, ein besonderes Angebot für Menschen mit Demenz, er fährt mit Bewohnern zum Arzt, und wenn er im Büro oder in der Besucherregistrierung am Eingang gebraucht wird, übernimmt er auch diese Aufgaben. „Ich mache alles, was anfällt“, sagt Hettlage. Nur eines hat er sich am Anfang ausbedungen: „Bitte lassen Sie mich mit Computern in Ruhe. Ich kann einen Brief schreiben, aber nicht viel mehr.“ Judith Schiffer schätzt die Stärken des Seniors: „Er hat ein gutes Gespür, vor allem für demenziell veränderte Menschen. Wir sehen deshalb zu, dass er so viel Zeit wie möglich bei und mit Bewohnern verbringen kann.“

Als gelernter Textilkaufmann und studierter Betriebswirt hat Klaus Hettlage in vielen Unternehmen gearbeitet, unter anderem als Vertriebsleiter für einen Baustoffhersteller und Handelsvertreter. Mit 70 trat er in den Ruhestand, „den ich genossen habe“. Aber dann erlitt er zwei Schicksalsschläge: Der vierfache Vater verlor eine Tochter, und vor vier Jahren starb seine Frau. „Ich war am Boden zerstört, ich wollte nicht mehr“, erinnert sich Hettlage, der in Hardt wohnt und seinen Haushalt komplett alleine führt. Ein Nachbar, ebenfalls Witwer, machte ihn auf das Nikolauskloster in Jüchen aufmerksam. „Dort hat mich ein Pater seelisch und moralisch aufgebaut und mir sehr geholfen“, erzählt Klaus Hettlage, der sich früher in der Kirchengemeinde um „ehrenamtliche Kleinigkeiten“ gekümmert hat, wie er sagt.

Ein Freund seines Sohnes wies ihn dann auf den Bundesfreiwilligendienst hin. „Da ich in der Albertusstraße aufgewachsen bin, kannte ich als früherer Nachbar die Caritas recht gut. So habe ich mich erst in der Geschäftsstelle gemeldet, die mich an das Caritaszentrum Rheydt verwies“, berichtet Hettlage, dessen Großvater und Vater das früher sehr bekannte gleichnamige Bekleidungsgeschäft in Mönchengladbach führten. Seine Kinder finden es gut, dass er eine neue Aufgabe hat. „Meine Tochter hat mich sofort geneckt und gesagt: ,Mach das nur – da lernste noch was dazu‘“, schmunzelt er. Etwas ernster fügt er hinzu: „Da gehört natürlich auch Disziplin dazu. Ich habe nun eine gewisse Struktur. Manchmal war’s vorher schon langweilig.“

Von Langeweile kann längst keine Rede mehr sein. Und es warten weitere Aufgaben: „Wir wollen mit Herrn Hettlage ein eigenes Angebot für die Bewohner  aufbauen. Da kann ein schönes Erzählcafé entstehen“, sagt Judith Schiffer. Klaus Hettlage freut sich darauf: „Solange ich das kann, leiste ich den Dienst gerne. Ich werde sehr fair behandelt und fühle mich wohl hier.“ Und was sagt er dazu, dass er sich als Bundesfreiwilliger um Menschen kümmert, die in seinem Alter oder sogar jünger sind? Klaus Hettlage lächelt: „Der Herrgott meint es gut mit mir“, sagt er.

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