Die Peer-Berater:innen (Foto: privat)
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Mülheim an der Ruhr. KoKoBe setzt neue Maßstäbe in der Klient:innenberatung

Donnerstagabend, Mülheim City. Die positive Energie im Büro der KoKoBe an der Kaiserstraße, ist bereits von draußen zu spüren. „Herzlich willkommen, hier sind Sie richtig“, begrüßt die Runde zur Schulung der Peer-Beratung. Peer was? Peer bedeutet gleichrangig und mit der aus dem Englischen übersetzten „Gleichrangigen Beratung“ ist die Grundidee schon gut erklärt. „Bei der Peer-Beratung beraten Menschen mit Behinderungen andere Menschen mit Behinderungen“, erklärt Sabrina Sunderbrink, die das Angebot in der KoKoBe anleitet. Finanziert wird das Projekt über den LVR.

Die Koordinierungs-, Kontakt- und Beratungsstelle – kurz KoKoBe – für Menschen mit Behinderungen in Mülheim wird gemeinsam von der Lebenshilfe und der Theodor Fliedner Stiftung betrieben – mit großem Erfolg. Ein schneller Blick in die Örtlichkeit und schon wird der Unterschied zu anderen KoKoBe deutlich: Besprechungsräume, Sofas, Gemeinschaftsmöglichkeiten. „Unsere offene Tür ist stadtweit bekannt“, so Martina Hackert-Kleinken, Leiterin der KoKoBe. Zu den vielen Möglichkeiten gesellt sich seit letztem Jahr nun die Peer-Beratung mit großem Erfolg. „Schon 15 Gespräche konnten mit dieser Gesprächsform durchgeführt werden“, so Sabrina Sunderbrink. Die Gespräche werden zunächst im Tandem begonnen, eine Fachkraft ist immer dabei. „Sich auf Augenhöhe zu begegnen, ist für uns immer oberste Maxime“, so Sunderbrink, „doch wenn man als Mensch mit Behinderung zum Thema Wohnungssuche mit jemanden spricht, der das gleiche schon einmal durchgemacht hat, ist das eine andere, eine bessere Qualität“. Michael Urry berichtet von seinem einprägsamsten Erlebnis: Ein junger Mann nutzte die Beratung und traute sich gar nicht wirklich zu sprechen. Erst als die Fachkraft den Raum verlassen hat, wurde es besser. „Der ist nur aufgetaut, weil wir beide eine Behinderung haben“, so Michael Urry. Zusammen mit Heidi Issel besucht er die Schulungen des LVR in Köln. Monatlich geht es dann für einen Samstag in die Domstadt. „Das sind echt harte Tage“, berichtet Heidi Issel. Mit Rollstuhl und öffentlichen Verkehrsmitteln nach Köln, acht Stunden Schulung und wieder zurück, „das schlaucht“. Doch beide sind mit viel Einsatz, Leidenschaft und Spaß mit dabei. Donnerstags wird das Wissen an die anderen Peer-Berater:innen weitergegeben. „Wir schulen uns gegenseitig.“

Man kann mit fast allen Anliegen in die Beratung kommen. Oft geht es bei jungen Menschen um die Dauerthemen Wohnen, Arbeiten und Assistenzmöglichkeiten in und um Mülheim. „Selbstständigkeit muss man sich erarbeiten und wir freuen uns, einen Teil dazu beitragen zu können.“ Mit Felix Bergmann wird das Themenspektrum ums Studieren erweitert. „Ich habe selbst eine starke körperliche Beeinträchtigung und bin auf Assistenz angewiesen.“ Doch mit Hilfe war es möglich, selbst den Bachelor Studiengang abzuschließen, der Master folgt dieses Jahr. Felix Bergmann weiß daher aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, „nicht nur eine, sondern die richtige Hilfe zu bekommen“ und gibt dieses Wissen nun weiter. Die Anerkennung ihres Einsatzes erfährt das Team nicht nur durch die vielen Erfolgserlebnisse. Beratungsgespräche werden vergütet, für die Ratsuchenden bleiben die Gespräche natürlich kostenfrei. An einer Beratung Interessierte melden sich in der KoKoBe unter: 0208 30 18 96 13.

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