Besuch der Polizeipräsidentin (Foto: Polizei)
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Kreis Recklinghausen. Nach nunmehr eineinhalb Jahren sind die Renovierungsarbeiten des neuen Anhörungsstudios der Polizei Recklinghausen abgeschlossen. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter dem kindgerechten Anhörungsraum?

Das Anhörungsstudio ist ein, eigens auf kindgerechte Interessen ausgelegtes Zimmer, das von den Fachkräften des Kommissariats für Sexualdelikte genutzt wird. Persönlich betroffene Kinder und Jugendliche können so behutsam, in einem für sie angenehmen Umfeld, befragt und zur Sache angehört werden. Auf diese Weise versuchen die Ermittlerinnen und Ermittler möglichst umfangreiche und zuverlässige Informationen zu erlangen und gleichzeitig auf die Bedürfnisse der Jüngsten unter uns einzugehen.

So haben sich die Kolleginnen und Kollegen des Fachkommissariats über die Ausgestaltung des Raums und dessen Nutzung viele Gedanken gemacht und ihre Erfahrungen in die Renovierung miteinfließen lassen. Besonders die Kollegin, Frau Kriminalhauptkommissarin Sarah Brüggemann, hat sich der Neugestaltung persönlich angenommen und sich für eine radikale Umgestaltung eingesetzt. “Ausschlaggebend für die Idee war eine Anhörungssituation, die mir persönlich in Erinnerung geblieben ist. Daraus ist der Wunsch erwachsen, den Raum umzugestalten. Wir wollen die Gefahr einer Retraumatisierung für die Kinder so gut wie möglich ausschließen. Das ist uns sehr wichtig”, erklärt Frau Brüggemann.

Der Besuch bei der Polizei ist für die Schutzbedürftigen eine außergewöhnliche Erfahrung. Bei den zu erarbeitenden, traumatischen Erlebnissen kann daher auch eine kognitiv negative Verknüpfung mit dem Besuch entstehen. Diesem Prozess galt es entgegen zu wirken. So wurde das Anhörungsstudio mit viel Herzblut renoviert, neu strukturiert und mit zeitgemäßer Technik ausgestattet.

Auch die Polizeipräsidentin, Frau Friederike Zurhausen, war nach der Fertigstellung des Anhörungsraums zugegen, um sich persönlich ein Bild von dem Ergebnis zu machen. “Uns liegt das Wohl der Kinder besonders am Herzen. Daher ist es wichtig, betroffene Kinder in diesen schwierigen Lebenslagen adäquat und kompetent aufzufangen und ihnen eine Stütze während dieser prägenden Zeit zu sein. Hier setzen unsere speziellen Fachkräfte nun mit einem sorgfältig ausgestatteten Anhörungsstudio an”, erläutert die Präsidentin. Auch sie war von dem Ergebnis und den ersten Erfahrungsberichten der Fachkräfte sehr beeindruckt und gleichzeitig berührt: “Für die emotionalen und psychischen Herausforderungen, die meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier tagtäglich leisten, gebührt ihnen Respekt und Anerkennung.”

Mit der jetzigen Ausstattung ist eine gute und gerichtsverwertbare Aufzeichnung für das Strafverfahren gewährleistet. Kameras und Mikrofone verfolgen die Anhörungssequenzen aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln und zeichnen alle Gespräche und Geräusche auf. Die Kinder haben so die Möglichkeit, sich während der audiovisuellen Anhörung frei im Raum zu bewegen. Das kommt ihrem Bewegungs- und Entdeckungsdrang sehr entgegen und lässt sie gelöster in die Situation eintauchen.

Aber auch vorhandenes Spielzeug bringt den Kindern positive Impulse bei der Anhörung. Sie dienen den Kindern nicht nur als reine Unterstützung, sondern können von den Ermittlern auch gut zur Veranschaulichung mit eingebaut werden.

Insgesamt ist so ein ganz neues Konzept entstanden: eine entspannte Anhörungssituation, eine ansprechende Spieltreppe und vor allem eine hervorragende Technik. “Mit der jetzigen Ausstattung können wir die gesamte Anhörung lückenlos dokumentieren. Das Ziel ist eine mehrmalige Vernehmung von Kindern und Jugendlichen zu vermeiden, um die seelische Belastung der Minderjährigen so gering wie möglich zu halten”, erklärt Sarah Brüggemann und gibt weiter an, “die Umgestaltung des Anhörungszimmers diente vorrangig dazu, es Kindern zu vereinfachen über das Erlebte zu sprechen und sich dabei möglichst frei entfalten zu können.”

Die Anhörung von Kindern wird nur durch speziell fortgebildete Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter vorgenommen. Diese achten sehr auf eine altersgerechte, sensible und den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen durchgeführte Anhörung und versuchen von vorn herein einen guten Draht zu den Kindern zu bekommen. “Das ist aber individuell verschieden. Es ist wie bei den Erwachsenen auch: Nicht jeder kann mit jedem. So schauen wir noch vor der Anhörung, dass Kind und Ermittler gut harmonisieren. Je sorgsamer wir arbeiten, desto unwahrscheinlicher ist es, dass das Kind noch einmal vor Gericht befragt werden muss”, beschreibt die Kriminalhauptkommissarin.

Das Anhörungsstudio ist jedoch nicht eigens nur für Kinder ins Leben gerufen worden. Die Vorzüge des Anhörungszimmers werden auch für Jugendliche oder geistig eingeschränkte Personen jeden Alters genutzt.

“Um insbesondere Kinder oder auch geistig eingeschränkte Jugendliche bzw. Erwachsene ordnungsgemäß anhören zu können, ist nicht nur Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl gefragt, sondern auch eine spezielle Fortbildung. Dabei geht es auf der einen Seite um das Verständnis der entwicklungspsychologischen Grundlagen von Kindern, und auf der anderen Seite um die rechtlichen Voraussetzungen”, betont Friederike Zurhausen und hebt hervor, “mit der Neuausgestaltung des kindgerechten Anhörungsstudios sind wir einen großen Schritt weiter in den ermittlungstaktischen Ansätzen. Wir werden auch zukünftig alles in unserer Macht stehende tun, um die Opfer sexueller Gewalt während des Strafverfahrens bestmöglich zu unterstützen und die Ermittlungen professionell und sachkundig zu leiten.”

Hinweis der Polizei

Hinweise woran sexueller Missbrauch zu erkennen ist oder was Sie im Verdachtsfall tun können, finden Sie hier: https://recklinghausen.polizei.nrw/artikel/sexueller-missbrauch-von-kindern-und-jugendlichen-0https://recklinghausen.polizei.nrw/kinderpornografiehttps://www.polizei-beratung.de/opferinformationen/sexueller-missbrauch-von-kindern/ Für weitere Fragen oder eine Beratung steht Ihnen unser Kriminalkommissariat für Opferschutz und Prävention ebenfalls gerne zur Verfügung. Die Beratung ist kostenlos. Rufen Sie einfach an (02361 55 3344. (ots)

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