Düsseldorf. Im Jahr 2019 erleidet Henrik Blankenberg gleich mehrere Schlaganfälle. Dank der schnellen Reaktion seiner Frau und der Stroke Unit der Uniklinik Düsseldorf überlebt er
Mehr als 300.000 Menschen erleiden in Deutschland jedes Jahr einen Schlaganfall – etwa alle zwei bis drei Minuten tritt er auf. Er ist hierzulande die dritthäufigste Todesursache und der Hauptverursacher von bleibenden Schäden des Gehirns. Je früher bei einem Schlaganfall der Rettungswagen gerufen und Betroffene richtig behandelt werden, desto höher sind die Überlebenschancen und desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit von Folgeeinschränkungen. Bei einem Schlaganfall muss es daher schnell gehen. Um die Folgen so gering wie möglich zu halten, braucht es eine richtige Reaktion von Beteiligten, eine gute Vernetzung von Rettungsdienst und Krankenhäusern sowie auf Schlaganfälle spezialisierte Abteilungen und Teams in den Kliniken– wie die Stroke Unit am Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD).
Plötzlich kann er nicht mehr sprechen: Henrik Blankenburg erleidet in der Nacht einen Schlaganfall
Es war eine Nacht im Winter 2019. Henrik Blankenburg wird von unbeschreiblichen Kopfschmerzen wach. Seine rechte Körperhälfte ist plötzlich gelähmt. Er versucht zu sprechen, aber Wörter bekommt er nicht mehr zusammen. Im Krankenhaus wird später noch festgestellt, dass seine Pupillen unterschiedlich groß sind und sich seine Augen unwillkürlich und ohne Beeinflussung bewegen. Seine Frau vermutet schnell einen Schlaganfall und ruft den Notarzt. Der Rettungswagen bringt den damals 58jährigen in die Uniklinik Düsseldorf. „Das war mein Glück“, sagt er heute.
Das Team der Neurologie am UKD reagiert sofort und macht eine CT-Aufnahme des Gehirns. Während sich der Zustand von Henrik Blankenburg immer mehr verschlechtert – er ist nicht mehr ansprechbar und muss künstlich beatmet werden – stellen die Expertinnen und Experten eine sogenannte Basilaristhrombose fest. Dabei wird die hintere Hirnarterie durch ein Blutgerinnsel verstopft.
Wenn das Gehirn nicht mehr richtig durchblutet wird: Schuld am Hirninfarkt sind meist Blutgerinnsel oder Hirnblutungen
„Grundsätzlich ist es so, dass das was man gemeinhin als ‚Schlaganfall‘ bezeichnet, medizinisch gesehen ein Oberbegriff ist. Grundsätzlich handelt es sich beim Schlaganfall – im Volksmund auch Hirnschlag genannt – um eine plötzliche Durchblutungsstörung im Gehirn. Auslöser können sowohl Blutgerinnsel – sogenannte Thromben – als auch Hirnblutungen sein. Beim Blutgerinnsel wird ein Hirngefäß verstopft, bei der Hirnblutung platzt häufig ein Hirngefäß. Bei beiden Situationen werden die Hirnareale nicht mehr ausreichend mit Blut und dadurch nicht mehr mit nötigem Sauerstoff und anderen Nährstoffen versorgt“, erklärt PD Dr. Michael Gliem, Oberarzt an der UKD-Neurologie.
Das Team der UKD-Neurologie beginnt sofort damit, das Blutgerinnsel medikamentös aufzulösen, damit das Blut wieder ungehindert fließen und das Gehirn wieder vollständig versorgt werden kann. Henrik Blankenburg wird zur weiteren Kontrolle und weiteren Behandlung intubiert auf die Intensivstation verlegt. Als sich dann ein erneuter Hirnschlag ankündigt, entscheiden die UKD-Neurologen und UKD-Neuroradiologen, einen sogenannten Stent zu legen, um das Gefäß weiterhin offen zu halten.
Kleine Drahtnetze halten die Gefäße offen: Stents helfen dabei, das Gehirn wieder richtig zu durchbluten
„Die meisten Menschen kennen Stents vor allem zur Vorbeugung von Herzinfarkten. Sie können aber überall dort eingesetzt werden, wo Gefäße verschlossen oder stark verengt sind. Meist handelt es sich bei einem Stent um ein Röhrchen aus einem Gittergerüst. Es sorgt dafür, dass an den betroffenen Stellen die Gefäße geöffnet bleiben und das Blut ungehindert durchfließen kann“, erklärt PD Dr. John-Ih Lee, Neurologe und Oberarzt an der Uni-klinik Düsseldorf. „Auch bei Herrn Blankenburg konnte nach dem Entfernen des Thrombus und des Einsetzens des Stents das Gehirn wieder ausreichend mit Blut versorgt werden.“
Rund zweieinhalb Jahre nach seinen Schlaganfällen ist Henrik Blankenburg wieder fit. Seinen Beruf kann er nicht mehr ausüben, aber es geht ihm gut. An seinem rechten Arm hat er Folgen zurückbehalten. Hier spürt er Druck auf der Haut und gewisse Berührungen nicht mehr so gut, wie vor den Infarkten. Dem Team an der Uniklinik Düsseldorf ist er sehr dankbar: „Wenn meine Frau nicht so schnell reagiert hätte und das Team in der Uniklinik nicht so gut wäre, dann wäre ich jetzt nicht mehr hier. Erst hat man mir in der Klinik das Leben gerettet und dann hat man mir auch dabei geholfen, die richtige Reha-Klinik zu finden. Jetzt kann ich sagen: Dank der schnellen Reaktion ist in meinem Leben heute alles dufte!“
Hintergrund Schlaganfall:
Bei einem Schlaganfall wird das Gehirn nicht mehr genug mit Blut und somit mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. In der Folge drohen die Zellen abzusterben. Je stärker die Durchblutung beeinträchtigt ist, desto weniger kann das betroffene Hirnareal seine Aufgabe erfüllen. Auslöser des Schlaganfalls kann eine Hirnblutung, zum Beispiel durch ein geplatztes Aneurysma, oder ein Gefäßverschluss durch ein Blutgerinnsel sein – wie man es zum Beispiel auch vom Herzinfarkt und der Lungenembolie kennt.
In der Folge der mangelnden Blutversorgung kommt es zu einer Beeinträchtigung des Gehirns. Die Symptome dafür können plötzlich auftretende Probleme beim Sprechen, ein hängender Mundwinkel, Sehstörungen oder Lähmungen sein. Sollten diese Symptome auftreten, sollte sofort ein Krankenwagen über die 112 gerufen werden – eine Durchblutungsstörung des Gehirns und ein Schlaganfall sind absolute Notfälle, die im schlimmsten Fall zum Tod führen können. Bei der Versorgung von Schlaganfall-Betroffenen gilt die einfache Regel: „Zeit ist Hirn“.
Hierbei ist es wichtig, dass die Schlaganfall-Betroffenen so schnell wie möglich in spezialisierten Schlaganfalleinheiten (sogenannte Stroke-Units) behandelt werden, um die Ursache des Schlaganfalls zu beseitigen – zum Beispiel durch medikamentöse Auflösung des auslösenden Blutgerinnsels oder dem Herausziehen des Blutgerinnsels über einen Katheter. Je schneller reagiert wird und je schneller den Betroffenen geholfen wird, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit von bleibenden Schäden.
Um ihre Patientinnen und Patienten noch besser versorgen zu können, haben sich im Großraum Düsseldorf unter der Koordination des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD) daher im vergangenen Jahr acht Akutkliniken, fünf Geriatrien, vier Rehabilitationskliniken und zwei neurologische Arztpraxen – von Solingen über Düsseldorf bis nach Mönchengladbach – zum Neurovaskulären Netzwerk Nordrhein plus (NEVANO+) zusammengeschlossen. Patientinnen und Patienten in dieser Region mit einem akuten Schlaganfall werden nun in enger Zusammenarbeit zwischen den lokalen Schlaganfallversorgern, überregionalen Schlaganfallzentren und weiterversorgenden Einrichtungen im Rahmen dieses Neurovaskulären Netzwerkes betreut und erhalten so an allen Standorten die bestmögliche Versorgung.