Freuten sich über eine reiche Ernte an Projektergebnissen (v.l.n.r.): Thomas Muchow, Geschäftsführer Stiftung Rheinische Kulturlandschaft, Holger Glück, stv. Vorstandsvorsitzender Förderverein Rheinisches Freilichtmuseum, Karsten Möhring, Vorstandsvorsitzender Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW, Bernhard Conzen, Vorstandsvorsitzender Stiftung Rheinische Kulturlandschaft, Prof. Dr. Wolfgang Schumacher, ehem. Vorstandsmitglied Stiftung Rheinische Kulturlandschaft, Dr. Carsten Vorwig, Leiter LVR-Freilichtmuseum Kommern (Foto: Stiftung Rheinische Kulturlandschaft)
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Mechernich/Bonn. Das Umweltbildungsprojekt erhält seltene Wildpflanzen der Eifel gemeinsam mit Ehrenamtlichen, vermittelt Wildkräuterwissen und weckt Begeisterung für Kornrade und Co. im LVR-Freilichtmuseum Kommern.

Noch sind es einige Tage bis zum Erntedankfest, doch schon jetzt gibt es in Kommern Anlass für eine Erntebilanz der besonderen Art: Das dreijährige Wildkräuter-Projekt „WILDE VIELFALT im Museum“ nähert sich seiner Zielgeraden und so ist es nun an der Zeit, die Erträge der Projektarbeit in Augenschein zu nehmen. Und diese Ergebnisse geben durchaus Grund zum Feiern – nicht nur, weil das Projekt gerade von der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen als „Hervorragendes Beispiel der UN-Dekade“ ausgewählt wurde:

„Das Projekt der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft in Kooperation mit dem LVR-Freilichtmuseum Kommern konnte – dank der Förderung der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW, der Deutschen Postcode Lotterie und des Fördervereins des Freilichtmuseum – insgesamt 71 seltene Wildkräuterarten der Äcker und Dörfer im Museum erhalten, davon 57 Arten in sogenannten Erhaltungsbeeten und 47 Arten im Gelände verteilt“, fasste Bernhard Conzen, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft, die Projekterfolge zusammen.

Heutzutage lassen sich diese Arten andernorts kaum noch in unseren Landschaften finden. Denn während 26 typische Arten der Äcker und Dörfer sich in ihrer Gefährdungssituation in ganz NRW innerhalb der letzten 10 Jahre verbessert haben, haben sich gleichzeitig 40 dieser Arten verschlechtert. „Eine Erhaltung unserer regionalen Vielfalt an Wildkräutern ist daher nur dauerhaft möglich, wenn viele sich gemeinsam mit ihren jeweiligen Möglichkeiten dafür einsetzen“, stellt Dr. Carsten Vorwig, Leiter des LVR-Freilichtmuseums Kommern, fest. „Dies hat sich in den letzten beiden Projektjahren eindrucksvoll gezeigt, was uns mit Stolz erfüllt. Auch Dank der tatkräftigen Unterstützung der ehrenamtlichen Wildkrautpatinnen und -paten zusammen mit Museum und Förderverein wurde das Projekt ein Erfolg. Dass wir als Freilichtmuseum zur Förderung seltener Wildpflanzenarten einen Beitrag leisten können, motiviert uns, weiterzumachen. Zukünftig werden wir auch schützenswerte Tiergruppen in den Fokus nehmen und somit den ganzheitlichen Ansatz bei der Arbeit im Gelände des LVR-Freilichtmuseum Kommern noch stärker ausweiten.“

Dank dieses vereinten Einsatzes zahlreicher Aktiver im Projekt „WILDE VIELFALT im Museum“ sind nun viele seltene Arten im Freilichtmuseum Kommern wieder zu entdecken. Darunter sind Heilpflanzen wie die Echte Katzenminze, die früher oft an Wegrändern in Dörfern anzutreffen war, oder die purpurn blühende Kornrade, eine wunderschöne, wenn auch sehr giftige Ackerwildkrautart. Ein bemerkenswerter Erfolg konnte gerade bei dieser Art verzeichnet werden, wie Thomas Muchow, Geschäftsführer der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft, berichtet: „Zu Beginn des Projektes galt die Kornrade in NRW als „ausgestorben“. In der neuen Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten wird sie dagegen nur noch als „stark gefährdet“ geführt – eine deutliche und mehr als erfreuliche Verbesserung! Möglich wurde dieser Erfolg durch die Vermehrung von Kornrade-Saatgut des Aachener Botanikers, Erich Savelsbergh. Dieser hatte unserer Stiftung das Saatgut 2011 zur Erhaltung übergeben, was wir glücklicherweise im Projekt „WILDE VIELFALT im Museum“ und in unseren vorangegangenen Projekten zum Schutz von Ackerwildkräutern umsetzen konnten.“

Die wichtige Rolle der Landwirtinnen und Landwirte im und außerhalb des Museums für die Förderung seltener Wildkräuter betonte Bernhard Conzen: „Als aktiver Landwirt kann ich aus eigener Erfahrung sagen: Zunächst war mir der Gedanke, „Unkräuter“ auf Äckern zu fördern, nicht ganz geheuer. Aber Unkraut ist nicht gleich Unkraut und Acker ist nicht gleich Acker: In Schutzprojekten werden keine Problemunkräuter erhalten, sondern konkurrenzschwache Arten wie Sand-Mohn und Rittersporn. Und niemand muss seine besten Böden hierfür hergeben – denn je schlechter die Fläche für die Landwirtschaft, umso besser ist sie oft für den Naturschutz geeignet. Wird eine landwirtschaftlich ertragsschwache Fläche in produktionsintegrierten Projekten eingesetzt, lässt sich dauerhaft ein sicheres Einkommen erwirtschaften – eine Win-win-Situation! Landwirtschaftliche Betriebe, die die Kräuter-Begeisterung vollends gepackt hat, können sogar über die Vermehrung von Wildpflanzen für die Gewinnung von Regiosaatgut nachdenken.“

Kornrade “Agrostemma githago” (Foto: Stiftung Rheinische Kulturlandschaft)

Welche Möglichkeiten zum Schutz – und auch zum Genuss – seltener Wildkräuter sich jedem Interessierten bieten, beleuchtete Karsten Möring, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW: „Allein die Angebote hier im Museum sind so zahlreich, dass man dieses sicher mehr als einmal besuchen sollte, um alle zu entdecken: Von Führungen für Familien und Fachbesucher über einen Wildkräuterrundweg, Mitmachstände und eine Ausstellung bis hin zu der Rallye „Entdeckungsreise WILDE VIELFALT“ und „Grünen Klassenzimmern“ ist für jede und jeden etwas dabei. Bis zum 12. September läuft zudem noch die Instagram-Aktion „WILDE VIELFALT im Bild“ für alle Fotobegeisterten.“

Holger Glück, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Fördervereins Rheinisches Freilichtmuseum Kommern e.V., schloss sich dieser Einladung zum Entdecken des Projektes an und ergänzte: „Wir freuen uns, dass unser Förderverein nicht nur als Förderer des Projektes aktiv werden, sondern auch bei der praktischen Umsetzung unterstützen kann. Neben dem Engagement unserer Mitglieder als Wildkräuterpatinnen ist auch unser Tante-Emma-Laden zum Dreh- und Angelpunkt der Entdeckungsreise für Grundschulkinder geworden: Hier wartet auf die Entdeckerinnen und Entdecker die ersehnte Belohnung, wenn alle Rätsel gelöst sind.“

Katja Diemer, Head of Charities der Postcode Lotterie DT gGmbH, ergänzte: „Als Soziallotterie, die sich für Mensch und Natur stark macht, spüren wir eine besondere Verantwortung für den Erhalt des Artenreichtums. Wir freuen uns sehr, dass wir dank unserer zahlreichen Teilnehmer:innen in Nordrhein-Westfalen das Projekt „WILDE VIELFALT im Museum“ der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft und des LVR-Freilichtmuseums Kommern unterstützen können. Die Kombination aus Erhalt von seltenen Wildpflanzenarten im Freilichtmuseum, digitalen Informationsangeboten und begleitenden Umweltbildungsaktivitäten ist wunderbar. Zusammen machen wir die Welt zu einem besseren Ort für Mensch und Natur.“

Das Projekt läuft noch bis April 2023 – es gibt also noch zahlreiche Gelegenheiten, die „WILDE VIELFALT im Museum“ selbst bei einem Ausflug zu entdecken.

 

 

Aktuelle Informationen und Termine unter: www.rheinische-kulturlandschaft.de/wilde-vielfalt/

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