Yllana & The Primital Bros. (Foto: Fotoagentur Ruhr / Bettina Engel-Albustin)
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Moers. Um zwei Pandemiejahre durchzuhalten und Alternativversionen auf die Bühne(n) zu zaubern und dann eine Rückkehr in die Heimatstätte des Festivals in schwierigen Zeiten für Kulturbetriebe innerhalb von nur neun Monaten zu konzipieren und organisieren, bedarf es vor allem eines: Mut. Genau diesen Mut legte das gesamte Team des Internationalen ComedyArts Festivals Moers, allen voran der neue künstlerische Leiter Carsten Weiss, an den Tag und die Zuschauer:innen konnten vier grandiose Festivaltage genießen und herzhaft lachen.

„Wir können vieles in diesen schwierigen Zeiten verlieren, aber bitte nicht unseren Humor“, erklärte Carsten Weiss unlängst vor dem Festival und wurde von Christoph Fleischhauer, Bürgermeister der Stadt Moers, beim alljährlichen ComedyArts-Empfang darin bestärkt: „Ja, wir dürfen auch in diesen Zeiten lachen und herzhaft feiern, um Energie zu sammeln und dann die weitere Zeit zu stemmen.“ Humor diente auch an diesen vier Festivaltagen als Medizin und als „Mittel der Zuversicht“, wie Weiss betonte.

Die schlechten Nachrichten der letzten zweieinhalb Jahre, nahmen Anny Hartmann, Christian Ehring und HG. Butzko in „Drei Pfund Wahnsinn To Go“ zum Auftakt des Festivals genau unter die Lupe. Die drei bekannten Kabarettisten:innen haben sich für das ComedyArts Festival erstmalig und exklusiv als Trio auf der Bühne zusammengefunden und läuteten es mit einem Kabarett-Abend der Extraklasse ein. In einer Redaktionsszenerie diskutierten die drei über Corona, Klima und Krieg und tauschten sich mittels Zeitungsartikeln über das aktuelle Geschehen aus. So brach dieser Abend dank spontaner Interaktionen mit dem Klischee des verstaubten Polit-Kabaretts.

Auch die zwei Mix-Abende erfreuten sich wieder großer Beliebtheit bei den Besucher:innen. Das Programm, das Carsten Weiss geplant hatte, bestach durch viel Abwechslung und eine große Spartenbreite. Der Brite Don Clarke moderierte den ersten Mix-Abend und freute sich endlich wieder live vor Publikum stehen zu können – anstatt vor Autos und Scheibenwischer-Applaus. Neben Ulan & Bator, die mit ihren Strickmützen und zwei Stühlen für geistreiche wie köstliche Kurzweil sorgten, begeisterten Micha Marx und Piero Masztalerz im Block „Kritzel-Komik küsst Cartoon-Comedy“ mit ihren gezeichneten und animierten Werken auch die jungen Besucher:innen, die aufgrund einer Freikarten-Aktion umsonst am Festival teilnehmen konnten. Zum Abschluss lieferten Yllana & The Primital Bros. mit enormer Stimmgewalt und faszinierenden Kostümen ein fulminantes Finale und erhielten Standing Ovations.

Der NRZ-Förderpreis ging in diesem Jahr an den talentierten Kritzelkünstler Micha Marx, der sichtlich gerührt Urkunde und Blumenstrauß in Empfang nahm. Den Preis der Kulturstiftung der Sparkasse am Niederrhein konnte Anny Hartmann bereits am Donnerstag freudig entgegennehmen.

Zum zweiten Mix-Abend fanden sich die Besucher:innen in einer Freibadszenerie wieder. Mit Bademeister Schaluppke, Marie Diot und Nikita Miller hatte Carsten Weiss eine ganz eigene Festivalproduktion geschaffen, die das Publikum begeisterte. Marie Diot sang mithilfe ihrer kleinen elektronischen Orgel selbstkomponierte Lieder über Delfine, die vielleicht, oder vielleicht auch nicht, in Tunfischpackungen zu finden sind, während Bademeister Schaluppke von seiner arbeitsreichen Saison aufgrund des heißen Sommers sprach und rappte. Nikita Miller amüsierte das Publikum daneben mit Geschichten über seine russischen Wurzeln. Alte Bekannte tauchten im zweiten Akt auf: Neben Duo Diagonal mit dem ehemaligen künstlerischen Leiter Holger Ehrich, stand das Wallstreet Theatre als Ersatz für Die drei Flamingos auf der Bühne. Ergänzt wurde der Block mit dem Titel „Schräg ist gerade genug“ von dem finnischen Duo Lotta und Stina, die mit Akrobatik und Witz brillierten und die Bühne unter Standing Ovations verließen. Zum Finale wurde die „Incredible Box“ vor die Bühne gebracht, aus der heraus das spanische Trio Cia La Tal ein theatralisch-komödiantisches Szenenspiel zeigten. Anka Zink führte gekonnt charmant als Grande Dame der Comedyszene durch das Programm.

Nach zwei Jahren Warten drehte sich am Sonntag endlich mit „SPIN!“ das neue Varieté in Moers. Die 2019er Absolventenklasse zeigte wunderschöne Akrobatik-Darbietungen, die mit Musik untermalt mitten ins Herz trafen und Klein und Groß begeisterten. Da gab es Luzie Lou, die an einem Ring hängend an der Decke der enni.eventhalle das Publikum in Staunen versetzte. Oder das Duo One Line, das sich ihre Diabolos in atemberaubender Geschwindigkeit zuspielten. Begleitet wurden die Darbietungen von einem Cellisten und einem Keyboarder, die die einzigartige Show unter Moderation und mit Wortwitz von Karl-Heinz Helmschrot zu einem unvergesslichen Abend machten.

Auch die von Christoph Fleischhauer mit Humor betitelte „Mondlandschaft“ vor der Festivalhalle hatte das Festival-Team mit ganz viel Liebe zum Detail und in Nachtarbeit in einen wunderschönen Boulevard mit Traversentürmen, Lichterketten und viel weiterer Dekoration verzaubert.

Nach zwei Alternativversionen des ältesten Festivals der Humorkunst freute sich auch Wenke Seidel, Geschäftsführerin des ComedyArts Festivals, wieder live in die enni.eventhalle zurückkehren zu können: „Jetzt, wo wir die Künstler:innen auf der Bühne gesehen haben, wird vielen, auch mir, erst wieder bewusst, wie sehr diese Live-Veranstaltungen gefehlt haben. Es war sehr ergreifend mitzuerleben, wie sich das Publikum gefreut und gelacht hat und völlig ergriffen war. Auch das Feedback der Auftretenden zum Moerser Publikum war durchweg positiv. Sie waren sehr begeistert, wie sehr die Zuschauer:innen mitgegangen sind.“

„Auf das Wetter und die entsprechende Absage von Flash:Moers hatten wir keinen Einfluss, konnten die Straßenkünstler:innen dann aber am Abend immerhin innerhalb unseres Boulevards einbinden. Im Ganzen blicke ich somit sehr zufrieden auf mein erstes ComedyArts-Festival zurück“, erklärte Carsten Weiss. Im Hinblick auf das nächste Festival betonte Weiss, dass das Team weiter mutig sein und Potential für die Entdeckung von neuen Künstler:innen bieten möchte: „Unsere Pläne für die nächsten Jahre sehen unter anderem Experimentierräume und Labore für Künstler:innen vor, die die Entwicklung neuer Formate ermöglichen.“

Möglich wurde das ComedyArts-Festival dank der Unterstützung der Stadt Moers, des Hauptsponsors Sparkasse am Niederrhein sowie der weiteren Unterstützung durch die enni. Und auch die vielen ehrenamtlichen Helfer:innen haben dem ComedyArts auch in diesem Jahr wieder zum Erfolg verholfen. Das 47. Internationale ComedyArts Festival Moers findet nächstes Jahr vom 14. bis 17. September 2023 statt.

 

Informationen und Fotos des diesjährigen Festivals unter www.comedyarts.de.

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