Die Schülerinnen des Gymnasiums Marienberg vor dem Alexius/Josef Krankenhaus (Foto: © St. Augustinus Gruppe)
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Neuss. Programm zur Enttabuisierung und Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen

Jeder dritte Deutsche erkrankt mindestens einmal im Leben an einer psychischen Erkrankung wie etwa einer Depression oder einer Angststörung. Junge Menschen sind immer häufiger betroffen. Viele von ihnen trauen sich nicht, über Ihre Erkrankung zu sprechen oder sich Hilfe zu suchen. Zu groß ist die Angst vor Ablehnung und Ausgrenzung. Genau hier setzt das Pilotprojekt „Psychiatrie trifft Schule“ von Annika Krapholz, stellvertretende leitende Sozialarbeiterin im Alexius/Josef Krankenhaus, an. Sie und ihr Projektteam luden jetzt erstmalig 25 Schülerinnen und zwei Lehrkräfte des Marienberg Gymnasiums in die Neusser Psychiatrie ein, um gemeinsam das Schweigen zu brechen. Ziel des Projektes war es, den Schülerinnen Wissen über psychische Erkrankungen zu vermitteln, Behandlungsoptionen aufzuzeigen und Vorurteile abzubauen.

Der Tag startete mit einer Hausführung durch die Fachklinik. Bereits hier merkten die Schülerinnen, dass die Räumlichkeiten keinerlei Ähnlichkeit mit den Bildern aufweisen, die noch häufig in den Medien kursieren. „Ich fand´s richtig cool hier. Ich hatte es mir in einer Psychiatrie echt anders vorgestellt – nicht so einladend. Tatsächlich ist es hier richtig wohnlich, die Räume sind hell und modern“, so eine der Schülerinnen. Ihre Kommilitonin Kristin N. hatte besonders Spaß an dem praktischen Part, der im Anschluss folgte. „Die Fallbeispiele waren super. Ich fand es total spannend, dass man in die Rolle des Therapeuten schlüpfen konnte“, freut sich die Zehnt-Klässlerin. Am Ende des Tages lauschten alle Schülerinnen dem Erfahrungsbericht einer Betroffenen. „Inhaltlich und methodisch war der Tag für uns super spannend. Respekt an die Vortragende, dass Sie den Mut hatte, ihre Geschichte vor uns darzustellen“, findet Lehrerin Lina Wöhl. „Uns war sehr daran gelegen, dass das Projekt zustande kommt“, fügt ihr Kollege Florian Wagner hinzu. „Sowohl unseren Schülerinnen als auch uns hat der Tag viel gebracht.“ Auch das Team des Alexius/Josef Krankenhauses, das den Tag organisiert hat, ist begeistert. „Ich bin extrem positiv überrascht. Es war ein sehr angenehmer Tag und die Schülerinnen waren wirklich klasse“, fasst Oberarzt Dr. Elvis Pirev, einer der Organisatoren, zusammen. Alle Beteiligten sind sich einig, dass das nicht der letzte Besuch gewesen sein soll. Perspektivisch ist sogar geplant, mit weiteren Schulen zu kooperieren und das Angebot in Behörden wie Ordnungs- und Sozialämtern, der Polizei, dem Jobcenter und der Agentur für Arbeit anzubieten. „Zielgruppe des Projektes sind daher nicht nur junge Menschen, sondern die Gesellschaft insgesamt“, betont Annika Krapholz, die Initiatorin des Pilotprojektes. „Damit leisten wir Aufklärungsarbeit und Wissensvermittlung und tragen idealerweise einen kleinen Teil zur Enttabuisierung und Entstigmatisierung von Erkrankungen wie Psychosen und Depressionen bei.“

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