In großen Pfannen bewegen sich die Menschen in Pakistan zu ihren überschwemmten Dörfern (Foto: © action medeor / Emmanuel Guddu)
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Tönisvorst/Rhein-Ruhr. Zum internationalen Tag der Katastrophenvorsorge am 13. Oktober richtet das Medikamentenhilfswerk action medeor den Blick auf die Lage der Menschen in Pakistan. Von den Überschwemmungen dort sind bis heute mehr als 33 Millionen Menschen betroffen, mehr als 1.600 kamen ums Leben. Die Wassermassen sind vielerorts noch nicht abgeflossen, den Überlebenden drohen nun Hunger und Krankheiten. „Katastrophen haben immer dann besonders schlimme Folgen, wenn ihre Gefahren auf besonders verwundbare Menschen treffen“, erläutert Sid Peruvemba, Vorstandssprecher von action medeor. „Die Verwundbarkeit der Menschen in Pakistan heißt schlicht: Armut. Wer also die Folgen von Katastrophen mildern möchte, muss ernsthaft Armut bekämpfen.“

Weil das noch nicht ausreichend geschehen sei, stünde man in Pakistan weiterhin vor großen Herausforderungen, meint Peruvemba. „Die aktuelle Ernte ist bereits verloren, und weil im stehenden Wasser nicht ausgesät werden kann, wird die nächste auch ausfallen.“ Experten würden bereits jetzt vor einer Hungersnot warnen.

Die anhaltende Armut trifft in Pakistan zudem auf gravierende Folgen des Klimawandels. „Die Überschwemmungen in Pakistan waren absehbar, ihre Dimensionen allerdings sind völlig neu“, erklärt Peruvemba. Auch deshalb stünde die Katastrophenvorsorge in Pakistan weiterhin vor großen Herausforderungen. „Wir sehen einerseits Fortschritte, mit den Folgen solcher Katastrophen umzugehen. Aber wir müssen auch selbstkritisch feststellen, dass viele Hilfsmaßnahmen den neuen Dimensionen gar nicht standhalten.“ Bereits seit 2010 hatte action medeor in Pakistan zusammen mit lokalen Partnern Maßnahmen getroffen, um die Menschen vor den Folgen starker Überschwemmungen zu schützen. Krisenkomitees wurden gegründet, Rettungssanitäter ausgebildet, Notfallpläne erarbeitet. Häuser, Toiletten, Wasserpumpen und Straßen wurden erhöht, damit sie beim nächsten Hochwasser nicht zerstört werden und die Menschen sich in Sicherheit bringen können. „Mit diesen Maßnahmen wurden Menschenleben gerettet“, sagt Peruvemba, „und die Betroffenen stehen nach der Rückkehr in ihre Dörfer nicht vor dem Nichts.“ Allerdings bleibe in der aktuellen Katastrophe ein Problem: „Die Menschen können bis jetzt noch gar nicht zurück in ihre Dörfer. Solange dort das Wasser steht, können sie noch gar nicht anfangen, sich das Leben neu aufzubauen.“

Was für den Moment bleibt, ist die Notversorgung der Menschen in Pakistan. Zusammen mit lokalen Partnern versorgt action medeor die Menschen mit Lebensmitteln, Hygiene-Kits, Frischwasser und Moskitonetzen. Letztere sind notwendig, weil sich im stehenden Brackwasser Mücken schlagartig vermehren, die Malaria und Dengue-Fieber übertragen. Angesichts der Größe des Überschwemmungsgebiets und der Anzahl der Betroffenen eine Mammut-Aufgabe für das gesamte Land.

Peruvemba zufolge wird man sich daher auch in der Katastrophenvorsorge auf neue Dimensionen einstellen müssen: „Wir müssen in Betracht ziehen, dass von künftigen Klimakatastrophen Millionen Menschen betroffen sind. Diese Dimensionen deckt die Katastrophenvorsorge momentan gar nicht ab“, bilanziert Peruvemba. Und er schlussfolgert: „Es braucht Anstrengungen neuen Ausmaßes, vor allem eine ernsthafte Bekämpfung von Armut und mehr vorausschauende humanitäre Hilfe, wenn wir neue Dimensionen von Leid verhindern wollen.“

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