Achim Weyen (Foto: Carlos Albuquerque)
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Mönchengladbach. Nicht nur bundespolitisch, auch auf kommunaler Ebene erfolgt traditionell die erste Bewertung eines neu gewählten, in Verantwortung stehenden Politikers nach 100 Tagen. Diese gut dreimonatige „Schonfrist“ hat nun Achim Wyen, Fraktionschef der FDP Mönchengladbach, hinter sich gebracht.

Wie ist die 100-Tage-Bilanz von Achim Wyen? Ist es ihm gelungen, seine Vorhaben zu verwirklichen, die FDP als verlässlichen Partner im Rat zu positionieren und die FDP-Inhalte aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen?

Herr Wyen, Sie sind nun 100 Tage Fraktionsvorsitzender der FDP. Wie ist Ihre Bilanz?

Achim Wyen: Von einer Bilanz will ich nach so kurzer Zeit noch nicht sprechen. Rückschauend kann ich aber sagen, dass ich mich mittlerweile gut in der neuen Funktion angekommen fühle. Die vertrauensvolle Arbeit mit den Ratskolleg:innen, der erweiterten Fraktion und den Ampel-Vorständen macht mir Freude.

 

Bei Ihrem Amtsantritt planten Sie, die Freien Demokraten weiterhin als verlässlichen Partner zu positionieren und auch die FDP-Positionen aus dem Kooperationsvertrag nach wie vor auf den Weg bringen. Ist Ihnen das bisher gelungen?

Achim Wyen: Das sind sicher Dauer-Aufgaben, die mich und uns in dieser Ratsperiode noch weiter begleiten werden und die nicht nach wenigen Wochen als erledigt zu betrachten sind. Die anstehenden Haushaltsberatungen haben wir bereits genutzt, nochmals die Kernthemen der FDP auch aus dem Kooperationsvertrag herauszuarbeiten, um hier dann in den folgenden Beratungen Impulse zu setzen.

 

Sprechen wir über das rot-grün-gelbe Ampelbündnis. Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen? Wie ist die Zusammenarbeit innerhalb der Ampel?

Achim Wyen: Die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen ist auf Ebene der Fraktionsspitzen sehr kollegial und kooperativ. Mir ist wichtig, hier vertrauensvoll zusammen zu arbeiten, gerade wenn es darum geht, gemeinsame Positionen zu finden und zu formulieren. Das ist in einer Dreier-Konstellation herausfordernd.

 

Wie sehen Sie die finanzielle Situation der Stadt?

Achim Wyen: In den letzten Jahren hat sich die finanzielle Situation deutlich verbessert. Die Haushalte waren ausgeglichen. Ursächlich dafür war das noch von der Ampel 2009 -2014 beschlossene HSP (Anm.: Haushaltssanierungsplan) Trotz der Haushaltsdisziplin zeichnet sich nun aber ab, dass der Spielraum deutlich enger wird bzw. aufgezehrt zu sein scheint. Das schränkt die Möglichkeiten ein; umso wichtiger ist es, konsequent zu priorisieren.

 

Welche Projekte würden Sie gerne schneller vorantreiben?

Achim Wyen: Ich sehe noch deutlichen Spielraum bei der Prozessdigitalisierung für die Bürger, aber vor allem in den internen Prozessen der Verwaltung. Hier vermute ich erhebliches Potenzial. Das kann man am SmartCity-Index gut festmachen. Am Herzen liegt mir auch die Sanierung unserer Schulen. Hier gibt es aus meiner Sicht großen Nachholbedarf – bei leider wenig finanziellem Spielraum.

 

Mit der CDU sitzt seit der Kommunalwahl eine mächtige Opposition im Rat. Seit 2009 ist Herr Dr. Schlegelmilch Fraktionsvorsitzender, der am längsten amtierende und sicherlich somit auch der erfahrenste. Wie ist die Zusammenarbeit?

Achim Wyen: Ich bin offen für einen Austausch mit der CDU und Hans-Peter Schlegelmilch. Bisher gab es aber noch keine Gespräche. Immerhin gab es kürzlich einen von der FDP initiierten Ampelantrag, dem die CDU zugestimmt hat.

 

Welche kommunalen Schwerpunkte setzen Sie mit der FDP im kommenden Jahr?

Achim Wyen: Das werden wir im Rahmen der anstehen Haushaltsberatung unserer Fraktion herausarbeiten. Die Handlungsspielräume werden aber durch die aktuellen Rahmenbedingungen nicht größer. Beschäftigen wird uns sicher die anstehende Beschlussfassung zum Rathaus der Zukunft. Unsere heimische Wirtschaft ist durch die aktuellen Rahmenbedingungen gefordert. Bei der Ausweisung von neuen Gewerbeflächen würde ich gern vorankommen.

 

Wie sehen Sie die rot-grün-gelbe Koalition im Bund? Nach einem zunächst guten Start und zwischenzeitlich vielen, nicht vorhersehbaren Problemen ist es für die FDP schwerer geworden, ihre Interessen durchzusetzen.

Achim Wyen: Ich denke jede Regierung hätte in diesen Zeiten erhebliche Probleme. Von daher will ich zwischen der großen Lage und der Ampel-Konstellation unterscheiden. Fakt ist, das sehen wir auch auf lokaler Ebene, bei drei Partnern ist der Abstimmungsbedarf deutlich größer. Dennoch sind bei vielen Themen gemeinsame Schnittmengen.

 

Letzte Frage: Welches war Ihr bisher positivstes Erlebnis seit Ihrem Amtsantritt?

Achim Wyen: Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass ich viel Zuspruch aus der eigenen Fraktion erhalten habe, und auch bei den Kolleginnen und Kollegen der Ampel-Vorsitzenden gut aufgenommen wurde. Bei den ersten gemeinsam erarbeiteten Anträgen konnte ich wichtige Positionen betonen. Mit den Haushaltsberatungen kommen aber jetzt erst die wirklich dicken Bretter.

 

Das Gespräch führte Gertrud Müller, Pressereferentin des FDP-Kreisverbands


Wie die taz.Die Tageszeitung im November 2005 erläuterte, kommt der 100-Tage-Begriff ursprünglich aus der Zeit zwischen Napoleons Rückkehr aus seinem Exil und der endgültigen Niederlage bei Waterloo (01. März bis 18. Juni 1815).
Mit dem US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt wandelte sich der Zeitraum der Bewährung im Amt in eine „Schonfrist“. Roosevelt war der Ansicht, es dauere drei Monate, bis der Erfolg seiner radikalen Wirtschaftsreformen die damit verbundenen Zumutungen überstrahlen können.
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