Blick von oben auf den Surfpark (Animation: Kauth & von Buch - Architekturbüro)
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Krefeld. Behörde sieht nach Mängelrüge „keinen Handlungsbedarf” – Drei Organisationen wollen gemeinsam gegen den von der Stadt geplanten Freizeitpark, der nach ihrer Ansicht mit hohen Umwelt- und Klimabelastungen einhergeht, vorgehen

Die Bezirksregierung Düsseldorf hat eine erneute Umweltprüfung für die geplanten Sport- und Freizeitangebote am Elfrather See abgelehnt. Die Krefelder Gruppe „Fridays for Future” hatte im September 2022 durch ihre kommunalpolitische Sprecherin und parteilose Ratsfrau Björna Althoff gemeinsam mit weiteren Organisationen eine Mängelrüge gegen die Behörde formuliert und eine erneute Prüfung auf Regionalplanungsebene gefordert. Dazu erklärt die Bezirksregierung nun, dass Mängel des Abwägungsvorgangs und Verletzungen der Vorschriften im Rahmen des Verfahrens „nicht festgestellt” werden konnten. In einer entsprechenden Stellungnahme für den Regionalrat heißt es wörtlich: „Die Regionalplanungsbehörde sieht (…) im Ergebnis keinen Handlungsbedarf.”

Die Bezirksregierung verweist auf die koordinierte, abstrakte Funktion der Regionalplanung

Im Dezember 2021 hatte der Regionalrat der Bezirksregierung eine Änderung des Regionalplans für das Areal östlich des Elfrather Sees beschlossen. Das war eine wichtige Weichenstellung für den Bau eines Surfparks und die Umsetzung der Projekte aus dem „Masterplan Elfrather See”. Die Antragsteller der Mängelrüge hatten argumentiert, dass bei der Abwägung wesentliche Umweltaspekte nicht berücksichtigt worden seien. Dieser Sichtweise erteilt die Bezirksregierung nun eine klare Absage und verweist auf die koordinierende, abstrakte Funktion der Regionalplanung: „Der Stadt verbleibt somit auf jeden Fall die Möglichkeit, innerhalb der neuen Festlegungen des Regionalplans verschiedene Sport- und Erholungsnutzungen neu zu ordnen beziehungsweise auszubauen”, heißt es in der Stellungnahme. Dazu gehöre als eine Option auch der Surfpark.

So soll der Surfpark aussehen

Der Surfpark mit Wavegarden-Technologie und ein danebenliegender Campingplatz sollen 8,5 Hektar Fläche umfassen. Die Gesamtfläche des Areals am Elfrather See beträgt 138 Hektar. Im Dezember 2019 hatten die Stadt Krefeld und der Projektentwickler Elakari eine Absichtserklärung (Letter of Intent) für das Projekt unterzeichnet. Anfang Februar 2020 hat der Stadtrat den einleitenden Beschluss für die erforderlichen Bauleitplanverfahren gefasst. Mit breiter Mehrheit hat der Stadtrat am 20. Januar 2022 die Offenlage aller Planungen und Gutachten zum Surfpark beschlossen. Eine Projektgruppe mit Vertretern aus Politik und Verwaltung soll das weitere Verfahren bis zur Erteilung einer Baugenehmigung begleiten.

Maserplan Elfrather See

Elakari möchte für die Surfanlage mit Gastronomie-, Sport- und Freizeitangeboten rund 30 Millionen Euro investieren. Neben der Surflagune sind dort Flächen für Beach-Soccer, Volleyball, Pumptrack und Klettern vorgesehen sowie ein Campingplatz mit Mobilheim-Stellplätzen. Die Sport- und Freizeitfunktion des gesamten Areals am Elfrather See soll in den kommenden Jahren gestärkt und ausgebaut werden. Dafür hat die Stadt unter Beteiligung von Vereinen und Bürgerschaft den „Masterplan Elfrather See” entwickelt, der unter anderem die Reaktivierung des Badesees, frei verfügbare Sport- und Freizeitangebote und naturnahe Erholungsnutzungen vorsieht.

Rechtsgutachten zur ersten Klimaklage gegen eine Stadt

Drei Organisationen -die BUND Kreisgruppe Krefeld, die Fridays for Future Ortsgruppe Krefeld und die Bürgerinitiative Erhaltung Naherholungsgebiet Elfrather See- haben sich in Krefeld zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen einen von der Stadt geplanten Freizeitpark vorzugehen, der mit hohen Umwelt- und Klimabelastungen einhergeht. Für sie hat der BUND Landesverband NRW die Kanzlei Günther mit der Erstellung eines Rechtsgutachtens über die Rechtmäßigkeit der Planung beauftragt.

Das Rechtsgutachten soll dazu dienen, alle Beteiligten vor Ort über das Ausmaß der Eingriffe in die Natur und das Klima sowie gravierende Planungsfehler zu informieren und davon zu überzeugen, den anstehenden Satzungsbeschluss zum Freizeitpark nicht zu beschließen. Bisher steht die Kommunalpolitik vor Ort trotz eines deutlichen Bürger*innen-Stimmungsbilds gegen das Vorhaben mehrheitlich hinter der Planung. Sollte es dennoch zu einem Satzungsbeschluss kommen, dient das Gutachten als inhaltliche Vorbereitung für eine dann mögliche Klage im Normenkontrollverfahren. Diese Klage wäre die erste weltweit bekannte Klimaklage gegen eine Stadt, die diese in die Verantwortung nimmt, sich an übergeordnete Klimaschutzziele zu halten.

Die Planung der Stadt beinhaltet den Bau eines so genannten Surfparks, der einhergeht mit einer Fällung von 580 Bäumen, einem jährlichen Wasserverbrauch von bis zu 50Millionen Litern Wassern, einem sehr hohen Energieverbrauch (allein 2,3 GWh/a Bezug externen Stroms), einer großen Flächenversiegelung und Gefährdung mehrerer geschützter Tierarten vor Ort. Gleichzeitig soll die künstliche Welle nur denjenigen zur Verfügung stehen, die mehr als 60€ Stundengebühr bezahlen. „Über 8.100 Bürger*innen haben unsere Petition gegen das Vorhaben unterzeichnet, während sich nur 3.500 dafür äußern. Das Gutachten zeigt auf, dass es an Bedarf und Begründung für das Vorhaben in der Planung mangelt – es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen all die negativen Umweltwirkungen weniger Relevanz haben sollen als das teure Surfen auf einer künstlichen Welle.“, erklärt Andrea Weidig von der Bürgerinitiative Erhaltung Naherholungsgebiet Elfrather See.

Das Rechtsgutachten von Dr. Verheyen und John Peters analysiert demgegenüber das öffentliche Interesse und die juristische Verpflichtung zu den unterschiedlichen Ressourcen/Umweltbelangen und deren Schutz. Es kommt im Bereich Klima zu dem Schluss, dass die Planer das Schutzgut nicht nur unzureichend ermittelt und der Öffentlichkeit gegenüber kommuniziert haben, sondern ihm auch nicht das Gewicht beigemessen haben, das die Rechtsprechung ihm zumisst. Auch stellt es dar, dass die Planung rechtswidrig eigene städtische Planungen und übergeordnete Energiestrategien missachtet, hier insbesondere das eigene städtische Klimaschutzkonzept, das sich erschwerend derzeit in äußerst mangelhafter Umsetzung befindet. Das Gutachten stellt mit Verweis auf ein aktuelles Bundesverfassungsgerichtsurteil zum so genannten Fundamentaleinwand fest, dass das Argument der Stadt, das Projekt trage zur globalen Klimabelastung relativ betrachtet nur wenig bei, juristisch unzulässig ist.

Gravierende Fehler der Planung werden weiterhin beim Schutzgut Wasser, Artenschutz und Lärm festgestellt und darüber hinaus eine Reihe formeller Fehler, die bislang auch schon von der FDP und CDU Krefeld vor Ort kritisiert wurden.

Insgesamt zeigt das Rechtsgutachten die Verbindlichkeit einer Kommune gegenüber ihr übergeordneten Zielen z.B. im Baurecht auf, obwohl Kommunen prinzipiell ein relativ weites Planungsermessen haben. Gelangt dieser Fall als Präzedenzfall vor Gericht, kann er aufzeigen, dass Kommunen nicht an übergeordneten Zielvorgaben vorbei handeln dürfen. Da die Städte zu über 70% zu den globalen Emissionen beitragen, hätte diese Entscheidung eine richtungsweisende Bedeutung dafür, wie global notwendiger Klimaschutz vor Ort verpflichtet und umzusetzen ist.

„Bei dieser Entscheidung geht es nicht darum, Spaß für Bürger*innen einzudämmen – der Surfpark und die Nutzergruppe existieren ja noch nicht einmal. Es geht vielmehr um die Frage, ob wir uns solch einen intensiven Ressourcenverbraucher zusätzlich zum heute schon hohen Ressourcenverbrauch leisten können. Und damit geht es dann darum, dass nicht nur eine kleine privilegierte Nutzergruppe heute Spaß hat, sondern darum, dass mit den Ressourcen so schonend und gesellschaftlich fair umgegangen wird, dass heutige Kinder langfristig auch noch ohne radikale Enthaltsamkeit ihren Spaß auf einer lebenswerten Erde haben können“, sagt Björna Althoff, parteilose Ratsfrau und Sprecherin von Fridays for Future Krefeld.

„Das Rechtsgutachten hat diese eigentlich sehr moralische, ethische Frage juristisch, unter anderem mit den Abwägungsfragestellungen, geklärt und zeigt nun eindeutig, dass ein solch rücksichtsloser Ressourcenverbrauch heute schon nicht mehr mit geltendem Recht vereinbar ist“, ergänzt Angelika Horster für die BUND Kreisgruppe Krefeld.

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